Ein vielfältiger rbb-Rundfunkrat

Anne Helm

55. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 5. März 2020

Zu Medienstandort Berlin‑Brandenburg – ein vielfältiger Rundfunkrat für Berlin/Brandenburg (Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2516

Anne Helm (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle, die sich schon länger mit diesen Themen auseinandersetzen, kennen diese leidige Debatte um die Zusammensetzung des Rundfunkrats. Aber, Herr Goiny, auch wenn Sie sich bisher entschieden haben, sich da lieber nicht die Finger zu verbrennen, wir wollen dieses Thema trotzdem angehen.

Es werden immer wieder Fragen gestellt wie: Ist die Beteiligung der Religionsgemeinschaften noch zeitgemäß, und wenn ja, welche Religionsgemeinschaften sollen dort vertreten sein? Und warum soll nicht z. B. auch die Humanistische Union dort vertreten sein? Oder warum werden Seniorinnen und Senioren nicht repräsentiert? Warum – entgegen anderer Behauptungen hier – keine queeren Menschen? Und warum sind bisher bei uns im Gegensatz zu anderen Rundfunkräten Menschen mit Behinderung nicht vertreten, obwohl sie ja auch ein besonderes Interesse bei der Aufsicht des RBB in Bezug auf seine Verpflichtungen zur Barrierefreiheit haben? – Ich persönlich empfinde Letzteres als einen Missstand. Deswegen hat meine Fraktion ihren Platz Herrn Dominik Peter, dem Vorsitzenden des Berliner Behindertenverbands, zur Verfügung gestellt. Aber das kann ja keine dauerhafte Lösung sein, denn die Behindertenverbände müssen schließlich selbst entscheiden können, wer sie repräsentieren soll, und das wird uns auch vor künftigen Debatten nicht schützen.

Wir wollen diesmal diese Debatte nicht wieder erst zum Ende der Legislaturperiode des Rundfunkrats führen, sondern rechtzeitig und unter Berücksichtigung und Einbindung aller. Dafür müssen wir selbstverständlich auch unser Partnerland Brandenburg berücksichtigen und uns mit ihm abstimmen, denn wir wollen, dass der Rundfunkrat nicht nur die Berliner Gesellschaft abbildet, sondern auch die Brandenburger Gesellschaft. Wir müssen dabei zudem berücksichtigen – Frau Kollegin Halsch hat schon darauf hingewiesen –, dass das Arbeitsgremium am Ende auch arbeitsfähig bleibt. Deswegen braucht es einen abgestimmten Dialog, mit dem wir rechtzeitig anfangen müssen, und darum haben wir uns dazu entschieden, dieses heiße Eisen eben doch anzufassen.

Auch in Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben zur Staatsferne sollten wir den Rundfunkrat ruhig noch mal überprüfen. Aber, Herr Goiny, Sie müssen deswegen keinen Angstschweiß bekommen. Ich sehe das ähnlich. Ich glaube, Berlin muss sich da keine zu großen Sorgen machen. Im Vergleich zu anderen Ländern sind in unserem Rundfunkrat beispielsweise keine Vertreter und Vertreterinnen für die Regierungen oder die Parteien vorgesehen. Ich bin auch der Meinung, dass Sie Recht haben in dem Verständnis Ihrer Rolle als Repräsentant einer diversen Berliner Gesellschaft, und so sollten wir uns hier auch sehen. Dem stimme ich zu. Aber dennoch: Diversität ist eben immer auch eine Frage von Repräsentanz und von Sichtbarkeit, und deswegen bin ich durchaus dafür, dass auch Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter dafür sorgen können, dass diese Diversität dort auch abgebildet wird.

Wer sich bisher nicht an uns gewandt hat und wen wir bisher auch noch nicht in dieser Debatte berücksichtigt haben, das sind organisierte Neonazis wie die Gothia. Aber ich glaube, da werden wir auch keine Probleme haben, in Zukunft eine Einigung zu finden, dass das auch so bleiben wird. Da bin ich relativ zuversichtlich. Wir sollten insgesamt sehr sorgsam mit unserer Medienordnung und den Institutionen, die die Aufsicht über die Medienordnung haben, umgehen. Wenn wir beispielsweise nach Ungarn gucken, wo sich jetzt Journalistinnen und Journalisten genehmigen lassen müssen, ob sie über kritische Themen berichten, dann wissen wir, wie es um die Pressefreiheit in Europa bestellt ist. Darum bitte ich Sie alle um eine Beratung mit Fingerspitzengefühl und mit Sorgsamkeit und eine wie gewohnt konstruktive Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank!