Gesetz zum Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Anne Helm

38. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 7. März 2019

Anne Helm (LINKE):

Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Ich habe mir schon gedacht, dass die Fraktion, die die Rederunde angemeldet hat, wenig über den Inhalt des Rundfunkänderungsstaatsvertrags sprechen wird. Ich will insofern die zwei wichtigsten Punkte aus meiner Sicht zusammenfassen. Zum einen haben wir einen sehr wackligen Kompromiss zwischen den Presseverlagen und den Rundfunkanstalten zum Thema Presseähnlichkeit gefunden. Ich fürchte, der Konflikt wird uns erhalten bleiben. Das hat auch die sehr spannende, hochkarätig besetzte, aber sehr kontroverse Anhörung im Ausschuss gezeigt. Ich finde aber auch, dass wir diese Debatte offensiv weiterführen sollten.

Das Zweite ist, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nur ermöglichen, sondern ihm zum Auftrag machen, dass er auch moderne Telemedienangebote schafft. Das ist etwas, was wir den Gebührenzahlerinnen und -zahlern schuldig sind.

Wir können nicht auf der einen Seite zu Recht kritisieren, dass ARD und ZDF völlig überalterte Strukturen und eine völlig überalterte Zielgruppe haben und sie auf der anderen Seite ans lineare Fernsehen ketten. Das ist völlig absurd.

Ich glaube, dass sich dieser Kompromiss in der Praxis bewähren muss.

Zu der Frage, die hier schon aufgekommen ist – Stichwort  Expansion ins Internet –, höre ich immer wieder, gerade von Kritikerinnen und Kritikern der Öffentlich-Rechtlichen: Ich habe schon lange keinen Fernseher mehr! Ich habe meinen Fernseher abgeschafft! – Ich gucke auch schon lange kein Fernsehen mehr, ich konsumiere aber sehr viele sehr diverse Medien, und ich möchte erwarten können, dass der Rundfunk mir meine Angebote dort offeriert, wo ich sie abrufen möchte. Es ist auch nicht zu vermitteln, warum ein Beitrag, der von den Gebührenzahlerinnen und -zahlern schon bezahlt worden ist, nicht weiterhin im Internet abrufbar ist, sondern nur gestern Abend, wenn ich vielleicht meine Kinder aus dem Kindergarten abgeholt habe oder arbeiten war, warum er nur zu diesem Moment abzurufen war und nicht auch später noch, obwohl ich bereits dafür bezahlt habe. Auch das ist ein Missstand, den wir jetzt zumindest ein Stück weit behoben haben. Das finde ich auch sehr wichtig.

Ich möchte an dieser Stelle eindringlich in Richtung der Vertreterinnen und Vertreter der Presseverlage vor einer scheinbaren Freundschaft, vor einer scheinbar ausgestreckten Hand warnen, die hier von der AfD kommt, schließlich ist es so, dass der Lügenpressevorwurf und die Fantasie von einer Machtergreifung und einer Presse, die man sich zu eigen macht, nicht nur den Rundfunk betreffen, sondern letzten Endes auch die Presse. Deniz Yücel kann ein Lied davon singen, wie von rechts bejubelt worden ist, dass er für seine Arbeit als Journalist eingesperrt worden ist. Das sollte doch allen zu denken geben, ebenso das, was in anderen Ländern bereits passiert ist.

Diejenigen, die einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk tatsächlich zu einem Staatsfunk umbauen wollen, sind diejenigen, die nach einer sogenannten Machtergreifung oder Machtgewinnung genau diejenigen waren, die das schon umgesetzt haben. Die Worte sind hier schon gefallen.

Ungarn beispielsweise. Wir sehen diese Tendenzen aber leider auch schon in Österreich. Deswegen möchte ich hier noch mal einen Appell an Sie alle richten: Lassen Sie uns gemeinsam im Widerstreit mit den gegenläufigen Interessen für den Erhalt einer pluralistischen Medien- und Presselandschaft streiten! – Vielen Dank!