Konkret sozial: Die Linke macht den Unterschied

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Carsten Schatz in der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus: Im Gegensatz zu Brandenburg sitzt in Berlin Die Linke mit am Tisch. Und deshalb hat in Berlin eine durchschnittlich verdienende Familie mit zwei Kindern monatlich rund 400 Euro mehr zur Verfügung als in Brandenburg. Deshalb haben wir ein 29-Euro und ein 9-Euro-Sozialticket.

26. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses am 9.2.2022

Zur Aktuellen Stunde

Carsten Schatz (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben Twittertrolle und Markus Söder gemeinsam? – Beide rufen gern „Länderfinanzausgleich“, wenn wir in Berlin die Menschen besser sozial unterstützen als in Bayern. Wenn wir Wohnungen oder Energienetze zurückkaufen, wenn wir lieber Schulen als Autobahnen bauen wollen, schallt es aus dem Süden: Das könnt ihr euch alles nur leisten, weil wir es bezahlen müssen!

Vergessen wird dabei nicht nur, dass Bayern selbst viele Jahre lang das größte Nehmerland war; vergessen wird auch, dass ein wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen Absturz Berlins in der Vergangenheit die verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik eines CDU-geführten Senats war und ebenso die eines Bundeskanzlers Helmut Kohl und seiner schwarz-gelben Bundesregierung. Diese geballte Wirtschaftskompetenz von Union und FDP hat Berlin in den Neunzigerjahren in den Ruin getrieben.

Innerhalb von zehn Jahren stieg die Verschuldung Berlins von 10 auf über 40 Milliarden Euro. Wichtige Unternehmen wie die Bewag, die GASAG, die Wasserbetriebe wurden in dieser Zeit ganz oder teilweise verscherbelt. Die Arbeitslosenquote lag bei 16,1 Prozent – doppelt so hoch wie heute.

Berlin war die Hauptstadt von Filz und Korruption, in der ein Herr Landowsky gleichzeitig CDU-Fraktionsvor­sitzender und Manager einer landeseigenen Bankgesellschaft sein konnte. Es hat viele Jahre gedauert, bis es wieder aufwärtsgehen konnte. Zwar liegt die Wirtschaftskraft Berlins immer noch unter dem Bundesdurchschnitt, doch wir holen auf. Seit Jahren schon verzeichnet Berlin die höchsten Steigerungsraten beim Bruttosozialprodukt.

Ich darf daran erinnern, dass es ein linker Wirtschaftsse­nator war, der die Grundlagen für diesen Erfolg legte. Statt darauf zu setzen, irgendwelche großen Investoren mit viel Geld nach Berlin zu locken, hieß der Plan, die eigenen Stärken, insbesondere Wissenschaft und Kultur zu stärken.

Mit der Clusterung der Wirtschaftsförderung wurde der Fokus auf die Branchen gelegt, die in der Region stark sind. Es war eben jener Harald Wolf, der für den Erhalt der verbliebenen Industrie in der Stadt kämpfte und ein Bündnis aus Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Politik schmiedete, das bis heute weiter wirkt.

Heute ist Berlin ein Zentrum der Pharmaindustrie und der Gesundheitswirtschaft. Berlin ist die Start-up-Metropole Deutschlands. Heute bestellen wir neue Bahnen bei Stadler in Pankow. Adlershof ist ein Zentrum voller innovativer  Unternehmen. Und wenn jetzt auf dem Gelände des Clean-Tech-Parks in Marzahn eine Wasserstofffabrik gebaut werden soll, dann auch, weil sich linke Bürgermeisterinnen viele Jahre für dieses Gelände stark gemacht haben.

Berlins Kultur ist nicht nur Anziehungspunkt für die Tourismusbranche, sondern unbestritten selbst ein Wirtschaftsfaktor, aber Kultur kann nur gedeihen, wo sie eine Basis hat mit Bibliotheken, Musikschulen, Atelierräumen. Sie braucht Freiräume ebenso wie Verhältnisse, in denen Künstlerinnen und Künstler auch von ihrer Arbeit leben können. Berlin hat einen Kultursenator, der sich wie keiner vor ihm um diese Dinge gekümmert hat und der nicht nur die Leuchttürme, sondern auch die vielen kleinen Einrichtungen gut durch die Coronakrise gebracht hat.

Deshalb sage ich: Berlins Kultur braucht nicht schon wieder einen Musikmanager von Universal, Berlins Kultur braucht Klaus Lederer – und übrigens nicht nur die!

Auf die eigenen Stärken setzen – das war unser Motto in der Vergangenheit, und das muss es auch in Zukunft sein. Das bedeutet auch, sich unabhängig von den Launen und Krisen des Marktes zu machen. Was der Markt nicht regelt, das regeln wir. Und der Markt regelt vor allem eines nicht: den Bereich der sozialen Daseinsvorsorge. Wir haben in der Coronakrise erlebt, wie wichtig ein starkes Gesundheitssystem in öffentlicher Hand ist.

Wir erleben jetzt, was passiert, wenn die Energieversorgung größtenteils in der Hand von renditeorientierten Konzernen ist. Deshalb wollen wir, dass nach dem Stromnetz auch das Fernwärme- und das Gasnetz wieder ein Berliner wird. Deshalb wollen wir auch die GASAG wieder unter öffentliche Kontrolle bringen. CDU und FDP wollen all das nicht. Wir können dadurch aber den notwendigen Umstieg auf regenerative Energien so gestalten, dass Energie für alle Menschen erschwinglich bleibt. Das ist nicht nur gut für die Menschen, es ist auch gut für die Wirtschaft, die auf eine sichere Energieversorgung angewiesen ist. Stellen wir uns nur mal einen Augenblick vor, die Grundversorger bei Gas und Strom wären in öffentlicher Hand und wir hätten darüber einfach und schnell auch als Land mit Entlastungen helfen können. – Ich finde das eine gute Vorstellung, und das ist für mich ein Grund mehr, für öffentliches Eigentum zu kämpfen, auch und gerade bei Wohnungen, wo Vergesellschaftung für sinkende Mieten sorgen wird.

Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und nicht auf den Markt und Private hoffen – das gilt aktuell auch für das Thema Neubau von bezahlbarem Wohnraum. Wir können es uns nicht leisten, dass private Immobilienunternehmen irgendwie, irgendwo, irgendwann diesen Wohnraum vielleicht errichten. Wir müssen unsere landeseigenen Wohnungsbauunternehmen finanziell so ausstatten und strukturell so aufstellen, dass sie selbst diesen Wohnraum bauen können. Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie sie in zehn Jahren 75 000 Wohnungen bauen können, die sich auch Otto Normalverbraucher leisten können.

Wenn wir jetzt nicht handeln, droht die Berliner Baubranche in die Krise zu schlittern, und am Ende gibt es noch weniger Baukapazitäten, die wir dringend für Schulen, Kitas, den Ausbau des ÖPNV und bezahlbare Wohnungen brauchen. Für den Wirtschafts- und Zukunftsstandort Berlin wäre das eine Katastrophe.

Zu den drängendsten Problemen in der Zukunft gehört der Mangel an Fachkräften. Längst ist klar, dass sich diese Probleme nicht ohne Einwanderung lösen lassen. Deshalb ist es richtig, wenn die Bundesregierung versucht, es nicht in Deutschland geborenen Menschen zu erleichtern, hier Arbeit zu finden und Einwanderung und Einbürgerung zu modernisieren. Deshalb ist es richtig, wenn wir auch hier in Berlin die Prozesse beschleunigen wollen. Was sagt CDU-Chef Merz dazu? – Man dürfe die deutsche Staatsbürgerschaft nicht verramschen.

Diese Reaktion der CDU war leider genauso erwartbar wie die Internettrolle. Seit Jahrzehnten setzt diese Partei beim Thema Einwanderung statt auf Erleichterung auf Verkomplizierung. Nennen wir das Problem beim Vornamen: Fritz und Kai lassen sich seit Jahrzehnten keine Gelegenheit entgehen, Deutschland mit ihrem rassistischen Gerede zu einem Abweisungsland zu machen.

Genauso reflexhaft wie die CDU auf das Thema Einwanderung reagiert, ist auch ihre Reaktion beim Thema Ausbildungsplatzabgabe. Dabei zeigt die Erfahrung in der Baubranche, dass solch eine Umlage zu einer signifikanten Steigerung der Ausbildungsquoten führen kann. Doch auch hier gilt: Wer darauf hofft, dass die Wirtschaft das alleine regelt, kann lange warten. – Deshalb übernehmen wir das jetzt, und ich freue mich, dass Katja Kipping das sehr engagiert vorantreibt, so, wie sie das auch schon bei der Erhöhung des Landesmindestlohns und bei der Tarifbindung im Vergabegesetz getan hat.

Denn eines gilt gerade in Berlin: So, wie wir nicht irgendwelche Wohnungen brauchen, sondern bezahlbare, brauchen wir nicht irgendwelche Jobs, sondern gute Arbeit, von der man leben kann, gute Arbeit, die nicht krank macht, gute Arbeit, die auch für eine gute Rente sorgt.

Und weil wir gerade bei guter Arbeit sind: Von dieser Stelle aus meine Solidarität mit allen Kolleginnen und Kollegen, die in der Tarifrunde sind, ob bei der Post oder im TVöD. Ihr verdient mehr.

Und in der Wirtschaft, meine Damen und Herren von der CDU, ist die Frage des Umgangs mit Diversität, Unterschiedlichkeit schon längst ein Thema. Das gilt bei Recruitern als Priorität, wenn sie international Fachkräfte, zumal gut ausgebildete, für ihre Kunden suchen. Dass Sie nun ausgerechnet wenige Tage vor der Wahl damit rumkommen, Deutschlands fortschrittlichstes Antidiskriminierungsgesetz schleifen zu wollen, zeigt weder Ihre Wirtschafts- noch Ihre Hauptstadtkompetenz. Es ist schlichtweg abstoßend und reaktionär.

Ich könnte jetzt lange den Senat für seine engagierte Arbeit im letzten Jahr loben, in der er die Berlinerinnen aus der Coronakrise raus und gut durch die Energiekrise geführt hat.

Besser als die Regierung im Nachbarland Brandenburg, wo mit CDU-Beteiligung die Menschen noch immer auf einen Härtefallfonds warten! Hatten Sie nicht neulich hier noch rumgetönt, es wäre mit Ihnen alles schneller gegangen?

Aber na ja! Das gehört wahrscheinlich auch in Kai Wegners Bestseller: In 80 Phrasen nicht um die Welt, sondern durch Spandau.

Es zeigt auch wieder, wer den Unterschied macht, denn im Gegensatz zu Brandenburg sitzt in Berlin Die Linke mit am Tisch, und deshalb hat eine durchschnittlich verdienende Familie mit zwei Kindern in Berlin 400 Euro mehr im Portemonnaie am Ende des Monats als in Brandenburg. Deshalb haben wir ein 29-Euro-Ticket und ein 9-Euro-Sozialticket.

Ich finde, beides muss bis Ende des Jahres verlängert werden, damit wir für das Land eine kostengünstige Lösung auf Basis des bundesweiten 49-Euro-Tickets erarbeiten können.

Deshalb haben wir ein Kündigungsmoratorium und einen Mietenstopp bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Deshalb werden Berlin-Pass-Inhaberinnen ab nächster Woche zweimal die Woche kostenfrei schwimmen gehen können.

Das, liebe Berlinerinnen und Berliner, sind Fakten, die diese Koalition gemeinsam erarbeitet und umgesetzt hat. Kein leeres „man könnte, man müsste, man sollte“!

Liebe Berlinerinnen und Berliner! Sie gehen am Sonntag zur Wahl. Entscheiden Sie weise, und entscheiden Sie sich für das Wesentliche.

Ich danke Ihnen!