Gleichstellung von Menschen mit Migrationshintergrund in der Verwaltung

71. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 28. Januar 2021 

Zu "Migrantenquote im öffentlichen Dienst" (Priorität der Fraktion der CDU)

Hakan Taş (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich kann jeder politische Vorschlag kritisiert werden, davon lebt unsere Demokratie.

In diesem Antrag geht es aber offenbar weniger um einen demokratischen Diskurs, sondern wohl eher darum – was wir auch gerade hier erlebt haben –, Wählerinnen und Wähler einer demokratiefeindlichen, migrationsfeindlichen, islamfeindlichen Partei Avancen zu machen.

Abgesehen davon, dass ich das für erbärmlich halte, zeigt die Erfahrung, dass durch solche Vorstöße keine Wählerinnen und Wähler dieser Partei abgeworben werden können, diese im Gegenteil dadurch nur gestärkt wird.

Nun zum Thema: Der CDU-Antrag bezieht sich auf die vorgesehene Regelung, lehnt aber das ganze Gesetz insgesamt ab. Das Partizipations- und Integrationsgesetz Berlin war seinerzeit ein Meilenstein in der Partizipation und Gleichstellungspolitik, dem dann 2012 Nordrhein-Westfalen und 2015 Baden-Württemberg gefolgt sind. Nur nebenbei angemerkt: Ihr neuer Parteivorsitzender sieht das entsprechende Gesetz in NRW wohl als nicht so unnötig, denn er hat es nicht abgeschafft, sondern wendet es weiterhin an.

Ich habe Zweifel, ob die Zahlen im Unionsantrag auch zutreffend sind. Laut Ihrem Antrag soll bei der Polizei der Anteil der Beamtinnen und Beamten, die einen Migrationshintergrund haben, bei 38 Prozent liegen. Meinen Informationen zufolge ist dies eventuell der Anteil bei den Auszubildenden, der Anteil bei den Beamtinnen und Beamten dürfte bei ca. 10 Prozent liegen. Was ist mit den anderen Teilen der Verwaltung? Oder besteht für die Union und vielleicht auch für die AfD die öffentliche Verwaltung nur aus der Polizei? Die Union ist sich in ihrem Anliegen, Stimmen dieser erwähnten Partei zu ergattern, auch nicht zu schade, unzutreffende Behauptungen aufzustellen.

Sie unterstellt, durch die Quotenregelung würden Menschen mit Migrationshintergrund auch dann eingestellt werden, wenn sie nicht die notwendige Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweisen. Sie wissen, dass dies unwahr ist. Niemand fordert die Einstellung von Personen, die für eine gewisse Stelle nicht geeignet sind – weder bei Personen mit Migrationshintergrund noch bei Frauen.

Quote bedeutet, dass bei gleicher Eignung Personen mit Migrationshintergrund eingestellt werden, so wie auch bei der von der Union nach langem Widerstand nunmehr befürworteten Frauenquote.

Übrigens Frauenquote: Die Geschichte zeigt, dass eine strukturelle, auf Vorurteilen beruhende Diskriminierung tatsächlich nur mit Quotenregelungen angegangen werden kann. Bei der Einstellung sollte die Sprachkompetenz der in Berlin gängigen Migrationssprachen Pluspunkte bringen. Hierzu eine Erläuterung, damit die CDU nicht wieder einen unsachgemäßen Beitrag einbringt und unsere Zeit vergeudet: Diese Personen müssen nicht unbedingt Muttersprachlerinnen oder Muttersprachler sein, und selbstverständlich muss auch diese Sprachkompetenz überprüft werden. Über die adäquate Definition wird übrigens auch unter den Befürwortern diskutiert, nämlich wie weit zurückgeschaut werden sollen, ob der Begriff People of Color oder Menschen mit Rassismuserfahrung geeigneter ist. Diese Diskussion ist legitim, denn es wird nach einer Definition gesucht, die den Teil der Berliner Bevölkerung, der strukturell und alltäglich diskriminiert wird, konkret beschreibt.

Die Koalition ist sich in der Sache einig. Ich bin auf die Beratungen in den Ausschüssen gespannt. – Herzlichen Dank!

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