Unser Einsatz für Geflüchtete ist keine Agitation, sondern Menschenrechtspolitik!
Rede unserer Sprecherin für Migration, Partizipation und Antidiskrimnierung in der Aktuellen Stunde der Plenarsitzung am 27.02.2025 zur Enquetekommission „Für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung“
Sehr geehrte Präsidentin, geehrte Kolleg*innen, liebe Berliner*innen,
Wir freuen uns, dass heute nach 3-maliger Vertagung durch die Koalition endlich die Wahl der Kommissionsmitglieder stattfindet. Wir freuen uns auch sehr, dass wir die beiden ausgewiesenen Antidiskriminierungsexpertinnen Saraya Gomis und Hajdi Barz als sachverständige Mitglieder für die Arbeit in der Kommission gewinnen konnten. Und das weitere wichtige Akteur*innen wie unter anderem Vertreter*innen von Ofek, KiGA, Adefra, dem DeZIM und dem Antidiskriminierungsverband dabei sind. Ihnen allen, die auch heute von der Tribüne zuschauen, möchte ich im Namen meiner Fraktion danken.
So sind verschiedene Expertisen und Perspektiven in der Kommission vertreten sowie die Bereiche Antisemitismus, Antimuslimischer Rassismus, Anti-Schwarzer Rassismus und Antiziganismus. Den Weg hier her muss ich aber kritisieren, da er leider so gar nicht vom Ziel des „gesellschaftlichen Zusammenhalts“ geprägt war, den die Koalition zum Leitbild für die Arbeit in der Kommission erklärt hat.
Und auch von der angekündigten Überparteilichkeit kann nicht die Rede sein. Während die SPD zumindest versucht hat uns und Grüne einzubeziehen, hat sich die CDU dem komplett verweigert. Ihr Einsetzungsbeschluss wurde weder mit uns noch mit der Zivilgesellschaft abgestimmt.
In ihm fehlen nun auch maßgebliche Berichte wie beispielsweise der zu Anti-Schwarzem-Rassismus und zur UN-Dekade aus dem Konsultationsprozess, wie die Empfehlungen der Expert*innenkommission zu Antimuslimischem Rassismus oder auch der Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus. Im Bereich Antisemitismus wurden einige genannt, aber auch nicht alle. Während manche Gesetze explizit Erwähnung fanden, fehlte ausgerecht das Landesantidiskrimi-nierungsgesetz, dass die CDU ja auch noch bis vor kurzem abschaffen wollte. Auch unsere Forderung den Fokus auf strukturellen und institutionellen Rassismus und Antisemitismus zu legen, blieb unberücksichtigt. Aber auch der Staat und Behörden diskriminieren und sind mancherorts durchzogen von rassistischen Strukturen, wie es auch bei der Berliner Polizei unter anderem durch rechte Chatgruppen zutage getreten ist.
Und obwohl die SPD im Antidiskriminierungsausschuss im November öffentlich Bereitschaft zeigte noch Änderungen am Einsetzungsbeschluss vorzunehmen, geschah nichts dergleichen und unser gemeinsam mit Grünen eingereichte Änderungsantrag wurde abgelehnt. Dabei handelt es sich hierbei nicht um unsere alleinigen Vorschläge, sondern vor allem um Forderungen aus der Berliner Zivilgesellschaft und den Antidiskriminierungsverbänden, die Sie sehr ernst nehmen sollten!
Bis heute wurde uns gegenüber auch nicht kommuniziert, warum die Wahl etliche Male verschoben wurde und sich der ganze Prozess auch schon vorher verzögerte. Damit haben Sie den Zeitraum für die Arbeit in der Kommission immer weiter verkürzt und das ist schlecht. Denn wir brauchen Zeit für die wichtigen Themen und Aushandlungsprozesse! Es gibt viel Redebedarf und es müssen effektive Maßnahmen und Strategien weiterentwickelt werden!
Denn die Zahl der antisemitischen Übergriffe ist massiv gestiegen. RIAS zählt für das erste Halbjahr 2024 allein in Berlin knapp 1.400 antisemitische Vorfälle. Auch die Zahlen im Bereich von Antimuslimischem Rassismus sind sehr besorgniserregend. Laut Claim ereignen sich täglich mehr als 5 Vorfälle in Deutschland. Steigende Übergriffe und Diskriminierung treffen auch Schwarze Menschen sowie Romn*ja und Sinti*zze, was u.a. die letzten Rassismusmonitore des DeZIM zeigen. Sie erleben vor allem im Bildungsbereich, in den Sozialämtern und im Gesundheitswesen Ausgrenzung und haben oft mit Armut und Ausbeutung zu kämpfen.
Statt das der Senat die hier engagierten Organisationen unterstützt, drohen Kürzungen oder sind schon vollzogen wie beispielsweise bei der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. Die CDU streicht ihnen einfach die Gelder und gefährdet damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt und. den Kampf gegen Antisemitismus. Dafür ist Prävention maßgeblich und gerade solche Projekte die verschiedene Akteur*innen und Communities zusammenbringen, und mit Jugendlichen auf Augenhöhe arbeiten, statt sie mit Repression zu überziehen, sind wahnsinnig wertvoll!
Und auch auf Bundesebene greift die CDU die Zivilgesellschaft und wichtige Präventionsarbeit an. Ganz in AfD-Manier stellt die CDU -unterschrieben von Herrn Merz höchstpersönlich- nur einen Tag nach der Wahl in einer Anfrage über 500 Fragen zu Programmen wie „Demokratie leben“ und NGOs wie die Neuen Deutschen Medienmacher*innen, die Amadeu Antonio Stiftung, Omas gegen Rechts, Campact, Attac und viele mehr. Ihre finanzielle Förderung wird in Frage gestellt, mit derselben Argumentation wie es die AfD regelmäßig auch hier im Abgeordnetenhaus macht, nämlich eine vermeintlich mangelnde politische Neutralität. Sie verweist dabei auf einen Artikel der Springerpresse, indem es ernsthaft heisst, dass die „NGOs in Deutschland längst ein Staat im Staate seien und man die manipulative Macht dieser verfassungswidrigen Institutionen brechen müsse“. Das sind irre Verschwörungstheorien und die CDU hat da etwas offensichtlich nicht begriffen:
In der Frage der Demokratie und den Werten unserer Verfassung kann es keine. Neutralität geben! Sie zu verteidigen ist Aufgabe dieser Organisationen und von uns allen hier, die wir in Parlamenten sitzen! Diesen Angriff auf die Zivilgesellschaft und damit auch auf die Demokratie verurteilen wir auf Schärfste und das erwarten wir auch vom Bürgermeister der vielfältigsten Stadt Deutschlands! Ich möchte von hier aus all diesen Organisationen für ihren täglichen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte danken! Und ich erwarte vom Senat das er dem Parlament zügig ein Demokratiefördergesetz vorlegt, um die Finanzierung solcher wichtigen Initiativen langfristig zu sichern!
Etwas das in Fachgesprächen zur Enquete-Kommission und den vielen Runden, die wir -anders als die Koalition- mit der Zivilgesellschaft geführt haben- immer wieder geäußert wurde ist die Sorge, dass die CDU im Rahmen der Kommission eine Überprüfung von Projekten vornehmen könnte, um politisch Unliebsamen die Mittel zu streichen. Wir erwarten, dass Sie Herr Bürgermeister heute dazu Stellung nehmen und zusichern, dass dies nicht passiert! Das ist das Mindeste nachdem ihr CDU-Chef die Brandmauer eingerissen und mit der AfD zusammen versucht hat menschenrechtswidrige Anträge und Gesetze durch den Bundestag zu bringen und damit nicht den von ihnen beschworenen gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern Spaltung befördert hat. Bitter, dass Sie sich in der letzten aktuellen Stunde von diesem Dammbruch in ihrer Rede nicht distanziert haben, sondern erst in der Fragestunde auf Nachfragen von Grünen und uns. Nur um dann tags darauf in einer Pressemitteilung alles wieder zu relativieren und von der Ampel eine noch härtere Gangart in der Migrationspolitik, mehr Grenzkontrollen, Zurückweisungen und Abschiebungen zu fordern.
Und letzten Montag im Innenausschuss wirft mir der innenpolitischer Sprecher und frühere Fraktionsvorsitzende der CDU, weil ich die Rechte von Geflüchteten verteidige, Agitation vor. Und meint ich könne nicht klar denken, ganz wie Merz, der sagte, wir und die Grünen hätten nicht alle Tassen im Schrank.
Dazu kann ich nur sagen: Unser Einsatz für Geflüchtete ist keine Agitation, sondern radikale Menschenrechtspolitik. Und für unsere Politik sind wir als Linke am Sonntag stärkste Kraft in Berlin geworden!
Die CDU legt die Axt an die Demokratie an, in dem sie die Brandmauer einreisst und nun auch noch droht Demokratieprojekten die Finanzierung zu streichen. Das machen wir nicht mit!
Wir erwarten, dass Sie sich auf das von Ihnen ausgegebene Ziel der Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts besinnen und in der Enquete-Kommission und außerhalb doch noch eine Zusammenarbeit mit der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft ermöglichen! Damit alle Berliner*innen ein gutes Leben haben, ohne Hass und Diskriminierung.
Wir als Linke sind bereit dafür. Wir werden Alles für ein Berlin für alle Menschen geben! Danke.