CDU führt postfaktische Phantomdebatte zu gendergerechter Sprache an Hochschulen
81. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 17. Juni 2021
Zu "Kein Genderzwang an Berliner Hochschulen" (Antrag der Fraktion der CDU)
Franziska Brychcy (LINKE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Grasse! Liebe alle! Ehrlich gesagt, dachte ich ob des Themas des Antrags erst, dass dies ein AfD-Antrag sei, einer Fraktion, die den Genderwahnsinn sogar im Wort „Fahrspurende“ zu erkennen glaubte. Aber nein, es ist ein CDU-Antrag, der die vermeintliche Praxis an Hochschulen, dass ein Verzicht auf gendergerechte Sprache für Studierende zu Punktabzügen, zum Nichtbestehen von Prüfungen, Modulen oder wissenschaftlichen Arbeiten führen würde, kritisiert. Das Problem an Ihrem Anliegen ist nur, wie auch Ihre eigene Schriftliche Anfrage an den Senat ergeben hat, dass kein einziger Fall oder gar eine Klage vor Verwaltungsgerichten in Berlin bekannt ist, die eine Schlechterbewertung aufgrund der Nichtverwendung gendersensibler Sprache zur Grundlage hätte.
Mir scheint, wir führen hier eine Phantomdebatte. Es wundert mich, ehrlich gesagt, sehr, dass sich die CDU-Fraktion für so etwas hergibt und offenbar in der Wissenschaftspolitik in Berlin solche Schwerpunkte setzt, obwohl aktuell kein einziger konkreter Fall einer solchen Benachteiligung vorliegt. Postfaktische Politik kennen wir, wie gesagt, von der AfD zur Genüge, haben es gerade wieder hören müssen, aber von Ihnen, der CDU, waren wir das bisher nicht gewohnt.
Wenn es Handreichungen und Leitfäden zur gendersensiblen Sprache an Hochschulen gibt, sind diese natürlich nicht verpflichtend und auch nicht rechtlich bindend oder gar in Studien- und Prüfungsordnungen verankert. Eine Ausnahme gibt es, und auch das hat Ihnen der Senat bereits beantwortet; Frau Kollegin Dr. Czyborra hat noch mal darauf hingewiesen: wenn es dezidiert um Module der Didaktik gendersensibler Sprache geht, wo genau das die zu vermittelnde Kompetenz ist, die in dem Modul erworben wird.
Sollten Studierende an einer Berliner Hochschule tatsächlich einmal schlechter bewertet werden, weil ihnen das generische Maskulinum so am Herzen liegt, dann haben sie das Recht, sich an die Antidiskriminierungsbeauftragte der Hochschule zu wenden, die bzw. der sich mit Sicherheit darum kümmert.
Ich kann Ihnen, liebe CDU-Fraktion, nur empfehlen, sich wieder den wissenschaftspolitisch relevanteren Themen für Berlin zu widmen. Wir diskutieren gerade intensiv um das Berliner Hochschulgesetz, die Laufzeit der Hochschulverträge. Die innerparteilichen Debatten um Genderverbote zwischen Ihren CDU-Landesverbänden Hamburg, Saarland usw. bitte nicht ins Berliner Abgeordnetenhaus tragen!
Solche absurden Diskussionen können wir doch einfach der AfD überlassen. – Danke!