Corona reißt Lücke in der Berliner Lehrkräfteausbildung

Franziska Brychcy,
Die Linke im AbgeordnetenhausBildungWissenschaftFranziska BrychcyTobias Schulze

Aus den Antworten des Senats auf zwei Schriftliche Anfragen der Linksfraktion zur Anzahl der Studierenden und Absolvent:innen in Lehramtsstudiengängen (Drs. 19/10639 und 19/10640) geht hervor, dass die Anzahl der Absolvent:innen während der Pandemie zurück gegangen ist.

Im Lehramt ISS/Gymnasien schlossen 655 (2019), 555 (2020) und 599 (2021) Masterstudierende ihr Lehramtsstudium an einer Berliner Hochschule ab – 2018 waren es noch 705 gewesen. Beim Lehramt für berufliche Schulen sank die Zahl der Abschlüsse im gleichen Zeitraum von 65 auf 44. Entsprechend weniger Personen können in den Vorbereitungsdienst einsteigen und stehen in absehbarer Zeit als voll ausgebildete Lehrkräfte an Berliner Schulen zur Verfügung. Auch bei den Bachelor-Studiengängen wäre angesichts deutlich ausgebauter Studienkapazitäten mit höheren Absolvent:innenzahlen zu rechnen gewesen.

Dazu erklärt Franziska Brychcy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Berlin:

„Wir brauchen jede einzelne Lehrkraft an den Berliner Schulen, denn der Lehrkräftemangel ist nach wie vor eklatant hoch. Hier sind die Berliner Hochschulen in der Pflicht: Sie müssen die Studierenden erfolgreich zum Abschluss begleiten, auch und gerade in der Pandemie. Durch die wachsenden Schüler:innenzahlen und zusätzliche Bedarfe für Inklusion und Schulen in angespannter sozialer Lage sind wir mehr denn je dringend auf jede einzelne ausgebildete Lehrkraft angewiesen. Wir können es uns nicht leisten, sie noch während des Studiums zu verlieren.“

Darüber hinaus machen die Anfragen deutlich, dass insbesondere in den Bachelor-Studiengängen mit Lehramtsoption die Regelstudienzeit vielfach überschritten wird. Auch bei der Ermittlung von Abbruchgründen tappen die Hochschulen weiter im Dunkeln und ergreifen offenbar keine geeigneten Maßnahmen, um die Abbruchquoten zu senken.

Dazu erklärt Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion Berlin:

„Die Hochschulen müssen die Lehrkräftebildung als vordringliche Aufgabe endlich ernst nehmen. Wenn ein Großteil der Studierenden regelmäßig die Regelstudienzeit überschreitet, dann sagt das auch etwas über die Studienbedingungen aus. Zu den Aufgaben der lehrkräftebildenden Universitäten gehört auch, Abbruchgründe zu ermitteln und entsprechend gegenzusteuern. Im Hinblick auf das kommende Sommersemester 2022 muss ein erster Schritt zur Verringerung der Abbrüche die Verlängerung der pandemiebedingten Nachteilsausgleiche für Studierende sein: zum Beispiel durch Prüfungsfreiversuche, die Verlängerung von Fristen sowie der Regelstudienzeit auch im Sommersemester, um den BAföG-Anspruch für Studierende abzusichern. Auch die Bundespolitik muss hier endlich handeln und eine neue Überbrückungshilfe für Studierende schaffen, die den Namen diesmal auch verdient. Dann könnten sich Studierende auch in der Pandemie auf das Studium konzentrieren."