Keine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr

Franziska Brychcy
BildungFranziska Brychcy

29. Sitzung, 28. Juni

Franziska Brychcy (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich ganz klar zu sagen: Unter Rot-Rot-Grün wird es keine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr geben!

Ich erlaube mir vorweg eine generelle Bemerkung zur Werbestrategie der Bundeswehr. Die Werbung der Bundeswehr im öffentlichen Raum, im ÖPNV, an Haltestellen und auch im direkten Umfeld von Schulen, ist verharmlosend, einseitig und manipulativ. Die viel kritisierte Doku-Soap zum Mali-Einsatz auf Youtube stellt eine der gefährlichsten UN-Missionen wie ein Actionspiel dar, um gezielt Jugendliche über die sozialen Netzwerke Snapchat, Instergram und Facebook zu erreichen. Die größtenteils noch minderjährigen jungen Menschen sollen auf emotionaler Ebene, durch Abenteuer, Technik, Korpsgeist und Karriereperspektiven, angesprochen werden, während die realen Gefahren, traumatisiert, verletzt oder sogar getötet zu werden und in solchen Kriegseinsetzen auch selbst töten zu müssen, absichtlich ausgeblendet werden. Das nenne ich perfide und unehrlich seitens der Bundeswehr und eine Strategie, um Nachwuchs zu gewinnen!

 

Vizepräsidentin Cornelia Seibeld:

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christian Buchholz?

Franziska Brychcy (LINKE):

Nein! – Die Behandlung von außen- und sicherheitspolitischen Themen im Unterricht wie z. B. des Syrien- oder Afghanistan-Kriegs, in dem ausschließlich Jugendoffizierinnen und -offiziere der Bundeswehr eingeladen werden, sehen wir als Linke äußerst kritisch, weil die Bundeswehr hier nicht neutral agiert, sondern als Partei. Sie haben als Soldatinnen und Soldaten die Vorgaben des Bundesministeriums für Verteidigung zu beachten und sind eben nicht zufällig oder gar uneigennützig im Einsatz an den Schulen, sondern mit einem ganz klaren Rekrutierungsinteresse – auch, wenn das gerne abgestritten wird. Die Arbeit von gut geschulten Jugendoffizierinnen und
-offizieren und Karriereberaterinnen und -beratern – also, zwischen Öffentlichkeitsarbeit auf der einen und Nachwuchswerbung auf der anderen Seite – geht in der Praxis fließend ineinander über. Das kann man auch gar nicht zu 100 Prozent voneinander trennen. Wir als Linke lehnen daher den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr entschieden ab.

Und um ehrlich zu sein, finden wir es auch seitens unseres Koalitionspartners SPD, welcher die Bildungssenatorin stellt, zu wenig, sich in diesem Fall auf die Eigenverantwortlichkeit der Schulen zurückzuziehen. Denn natürlich vertritt die Bundeswehr hier klare Eigeninteressen, ist nicht neutral und kann daher als alleiniger Diskussionspartner das Kontroversitätsgebot gar nicht erfüllen.

Wir würden es daher sehr begrüßen, wenn die Senatsbildungsverwaltung die Schulleitungen darauf hinweisen würde, dass auch Friedens- und Entwicklungsorganisationen oder das Technische Hilfswerk kompetente außerschulische Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen sind, denn es braucht wahrlich nicht die Bundeswehr, um junge Menschen zur Mündigkeit zu befähigen und um sicherheitspolitische Fragen zu diskutieren, wie im vorliegenden AfD-Antrag behauptet wird.

 

Vizepräsidentin Cornelia Seibeld:

Frau Abgeordnete! Gestatten Sie eine andere Zwischenfrage?

Franziska Brychcy (LINKE):

Nein, danke! Keine Zwischenfragen – von der AfD schon gar nicht! – Im Jugendoffiziersbericht 2017 wurde vermerkt, dass im CDU-geführten Sachsen-Anhalt und in Berlin – Zitat – „regionale Vorbehalte“ gegenüber Jugendoffizierinnen und -offizieren bestehen. – Das finde ich doch ermutigend, dass sich offenbar junge Menschen in Berlin deutlich kritischer mit der Rolle der Bundeswehr auseinandersetzen als in andern Bundesländern. Das bedeutet aus meiner Sicht, dass viele Lehrerinnen und Lehrer in Berlin etwas richtig machen. Wissens- und Wertevermittlung: Ja! Militärpropaganda: Nein! Und das soll genauso bleiben!

Deswegen wird es mit uns in Berlin keine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr geben. Kein Werben fürs Sterben – auch nicht in Berliner Schulen! – Danke schön!

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