Uber und Co. regulieren: Soziale Mobilität statt Verdrängungswettbewerb

VerkehrHarald Gindra

74. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 25. Februar 2021

Zu "Uber und Co. regulieren: Soziale Mobilität statt Verdrängungswettbewerb" (Priorität der Fraktion der SPD)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 18/3403

Harald Gindra (LINKE):

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich vertrete meinen Genossen Ronneburg, der verhindert ist, und trage weitgehend seine Anmerkungen vor.

Seit Jahren kündigt Verkehrsminister Andi Scheuer die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes an, und tatsächlich befinden wir uns jetzt auf der Zielgeraden. Zu der Dramatik hat gerade der Kollege Schopf etwas verdeutlicht. Nach großen Ankündigungen ist viel Zeit ins Land gegangen. Viele Diskussionen fanden statt – zumeist leider hinter verschlossenen Türen in Findungskommissionen. Es gab Diskussionen mit den Verkehrsministern der Länder und nicht zuletzt natürlich die öffentliche Debatte, die aus unserer Sicht zu Recht auch immer wieder durch die Taxibranche eingefordert worden ist.

Es ist viel Leidenschaft drin, es hängen ja auch Existenzen an diesem Thema dran, denn es geht bei dieser Novellierung um die Weichenstellung für die Zukunft des sogenannten Gelegenheitsverkehrs in Deutschland. Da schließen sich große Fragen an: Kann es eine Zukunft für das Taxigewerbe geben, oder gehen wir den Weg wie die Vereinigten Staaten, die durch eine Liberalisierung Uber und anderen Plattformanbietern den Weg bereitet haben, das Taxi innerhalb kurzer Zeit zu verdrängen und Sozialstandards zu unterminieren? Schaffen wir es in dem Geflecht von Taxen, Mietwagenfirmen und Plattformanbietern, klare Abgrenzungen vorzunehmen und einer in den letzten Jahren zu beobachtenden Benachteiligung der Taxen hier einen Riegel vorzuschieben? Hat es also weiterhin einen Wert für uns, wenn wir das Taxi als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs mit einer Tarif- und einer Beförderungspflicht haben? Und vor allem: Wie schaffen wir Regelungen, die es den Kommunen endlich ermöglichen, unkompliziert Bedarfsverkehre zu bündeln und Fahrgästen flexiblere Angebote machen zu können, wo Linienverkehr nicht möglich oder einfach nicht wirtschaftlich ist?, – die Debatte über den BerlKönig der BVG nenne ich hier als ein Beispiel.

Für Die Linke darf ich folgende Prämissen in der Debatte festhalten: Bei neuen zu treffenden Regelungen im Personenbeförderungsgesetz ist die oberste Maßgabe: mehr Autoverkehr muss verhindert werden. Das ist ein Interesse, dass alle großen Städte betonen. Die Novellierung des Gesetzes darf nicht dazu führen, dass noch mehr Pkw auf der Straße landen.

Es darf nicht zur Kannibalisierung öffentlichen Personennahverkehrs kommen. Stattdessen müssen die Alternativen zur Benutzung des eigenen Autos gestärkt werden; das heißt, vor allem sollen die Kommunen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen, um den Menschen den flexiblen Umstieg vom Auto zu ermöglichen.

Das heißt auch, dass das Taxigewerbe als Ergänzung des ÖPNV mit öffentlichem Auftrag und weitreichenden Regulierungen, wie Tarif-, Betriebs- und Beförderungspflicht, vor unlauterer Konkurrenz zu schützen ist. Es muss vor allem sichergestellt werden, dass Dumpingwettbewerb verhindert wird und dafür Sozialstandards eingehalten werden.

Die Debatten im Bundestag laufen, und der Bundesrat wird sich letztendlich zur Novellierung verhalten müssen. Aus diesem Grund bringen wir diesen Antrag ein und machen als rot-rot-grüne Koalition vor allen Dingen noch einmal folgende Punkte stark, die bei der Novellierung berücksichtigt werden müssen: Die Tarifpflicht für Taxen muss im Personenbeförderungsgesetz erhalten bleiben. Sie ist vor allem für die Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig. Sie müssen sich auf Fahrpreise verlassen können.

Öffentliche Interessen müssen geschützt werden. Das bekommen wir nur hin, indem die Daten von allen Unternehmen an die Aufsichtsbehörden geliefert werden, und sich niemand mehr der Kontrolle, der Schlupflöcher entziehen kann. Wir brauchen die Pflicht auch für Mietwagen und Pooling-Unternehmen, das heißt: Einsatz von Fiskaltaxametern, automatisierte Auftragseingangsbücher, Wegstreckenzähler, Aufzeichnung aller verfügbaren Buchungsdaten. Die Rückkehrpflicht für Mietwagen muss im Sinne der Kommunen wirklich umgesetzt werden können, deswegen sollten sie auch die Möglichkeit bekommen, eine Vorbestellfrist für Mietwagen zu den Buchungen und Fahrantritt festzulegen.

Zuletzt brauchen wir Rechtssicherheit, um abseits des klassischen Linienverkehrs im öffentlichen Nahverkehr flexible Bedarfsverkehre einzusetzen, gebündelte Fahrten in digitalen Rufbussen, deren Einsatz die Kommune steuert und da einsetzt, wo es notwendig ist, das heißt, dass keine gleichwertigen Verbindungen angeboten werden können.

Diese Angebote müssen planerisch in das Angebot des klassischen ÖPNV integriert werden können. Sie müssen barrierefrei und inklusiv sein, und bei den Fahrerinnen und Fahrern müssen Sozialstandards sichergestellt sein.

Wenn wir diese und weitere Punkte aus dem Antrag umgesetzt bekommen, dann schaffen wir es aus unserer Sicht tatsächlich, mit dem Personenbeförderungsgesetz einen Weg zu beschreiten, der die sozial-ökologische Verkehrswende vor Ort befördert. Ich freue mich auf die Diskussion in den beiden Ausschüssen. – Vielen Dank!

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