Berlin zur familienfreundlichen Metropole machen

Kinder, Jugend und FamilieKatrin Seidel

"Berlin soll eine familienfreundliche Metropole werden, und mit diesem Antrag erteilen wir dem Senat den Auftrag, ein Familienfördergesetz auf den Weg zu bringen. Damit realisieren wir ein weiteres wichtiges Vorhaben der Koalition und lösen ein Versprechen gegenüber den Familien dieser Stadt ein." sagt Katrin Seidel.

49. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 14. November 2019

Zu Ein Familienfördergesetz für Berlin (Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Priorität der Fraktion der SPD)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 18/2295

Katrin Seidel (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin soll eine familienfreundliche Metropole werden, und mit diesem Antrag erteilen wir dem Senat den Auftrag, ein Familienfördergesetz auf den Weg zu bringen. Damit realisieren wir ein weiteres wichtiges Vorhaben der Koalition und lösen ein Versprechen gegenüber den Familien dieser Stadt ein. Wir bekräftigen damit den politischen Willen dieser Koalition, der Förderung von Familien hohe Priorität einzuräumen und die Rahmenbedingungen für das Leben der Familien in dieser Stadt weiter zu verbessern, und wir legitimieren damit gerade jetzt in den Haushaltsberatungen für 2020/1021 die Veranschlagung von Haushaltsmitteln für die Erarbeitung und Realisierung des Gesetzesvorhabens.

Anders als die AfD haben wir ein Familienbild, dass alle Familien und Familienformen gleichermaßen im Fokus hat. Das ist uns besonders wichtig. Weder der Bundesgesetzgeber noch das Land Berlin unterscheiden hier nach sozialer, kultureller oder ethnischer Herkunft, nach sozialer Lage oder Religionszugehörigkeit, nach Pflege- oder Adoptivfamilien, nach sexueller Identität, nach Trauschein oder nach sonst was. Familie ist für uns da, wo Menschen zusammenleben, füreinander Verantwortung übernehmen, sich umeinander sorgen und im Sinne des § 16 SGB VIII Erziehungsverantwortung für Kinder übernehmen.

Wir nehmen mit großer Befriedigung zur Kenntnis, dass dies in der Berliner Stadtgesellschaft auch Grundkonsens ist, so wie es zum Beispiel der Paritätische Landesverband in seinem Diskussionspapier zur Erarbeitung eines Familienfördergesetzes formuliert hat.

Stellvertretend für viele herzlichen Dank auch dem Berliner Beirat für Familienfragen, der sich insbesondere auch mit der Lebenssituation von sozial benachteiligten Familien auseinandergesetzt hat und sie selbst zu Wort kommen ließ. Immerhin wird ein Drittel der Minderjährigen in dieser Stadt in Familien groß, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, darunter viele Alleinerziehende. Das ist eine besonders große Verantwortung für uns. Dabei ist herausgekommen: Was für arme Familien gut ist, ist für alle Familien gut – so konkrete Dinge wie weniger Stress bei der Kitaplatzsuche oder mit Behördenangelegenheiten, saubere Grünanlagen und Spielplätze, kostengünstige Freizeitangebote für Familien und Jugendliche, niedrigschwellige Beratungsstrukturen und natürlich bezahlbarer Wohnraum auch für Kinderreiche. Das ist alles nachzulesen im Familienbericht für 2015. Der nächste Bericht ist gerade in Arbeit und wird im nächsten Jahr vorliegen.

Mit diesen und weiteren Analysen, Untersuchungen und Expertisen haben wir bereits wichtige Grundlagen für die Erarbeitung des Gesetzes vorliegen. Bereits der kommende Haushalt wird weitere Verbesserungen bringen, zum Beispiel mehr Geld für Familienzentren, darunter auch Mittel für ein weiteres Regenbogenfamilienzentrum. Finanzielle Aufwüchse gibt es auch für Familienberatung und Familienerholung. Ganz wichtig: Wir etablieren ein Landesprogramm Stadteilmütter und unterstützen die Bezirke mit zusätzlichen Mitteln für die Einrichtung von Familienservicebüros, wo Hilfe und Beratung aus einer Hand an nur einer Anlaufstelle möglich wird. Und natürlich sind die weiterhin gewaltigen Ausgaben für den Ausbau der Kitaplätze nicht zu unterschätzen. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wenn das alles schon passiert, kann man sich fragen: Warum braucht es dann dieses Familienfördergesetz? –Weil wir der Förderung von Familien einen verbindlichen Rahmen setzen wollen, nämlich für vergleichbare Angebotsstrukturen in der ganzen Stadt auf der Grundlage transparenter und objektiver Kennziffern. Diese Strukturen sollen dabei in der Ausgestaltung so flexibel sein wie es die Situation vor Ort erfordert. Wir wollen qualitative und quantitative Fachstandards entwickeln, verbindlich machen und durch Finanzierungssicherheit Planungssicherheit und Kontinuität gewährleisten. Wir wollen mit dem Gesetz auch einen Anspruch bekräftigen auf Räume und Gelegenheiten, auf Finanzierung und Beachtung in der Stadtplanung, in der Grünfläche- und Verkehrsplanung, bei der Bereitstellung von Angeboten in der Gesundheitsversorgung, in der Bildung und im Sport, und – das ist für die Familien heute ein besonders wichtiges Thema – eben auch auf bezahlbaren Wohnraum. Eine familienfreundliche Stadt braucht die Zusammenarbeit aller Ressorts und in den Bezirken und auf Landesebene.

Ich möchte an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion all jenen danken, die sich in den letzten Jahren, nicht selten unter schwierigen Bedingungen, in den Jugendämtern, bei den Trägern, Initiativen und Einrichtungen vor Ort engagiert und vielfach ehrenamtlich für Familien und ihr Wohlergehen eingesetzt haben. Dieses Engagement und diese Expertise brauchen wir auch für das Gesetzesvorhaben. Alle sind eingeladen, sich in dem geplanten breiten Beteiligungsprozess, der bereits vorbereitet wird, einzubringen. Bei der Erarbeitung des Jugendförderungsgesetzes hat sich das bewährt. Ja, das kostet Mühe und auch Geld und vor allem Zeit, die wir uns gern nehmen wollen und müssen. Natürlich wollen wir das Gesetz noch in dieser Wahlperiode zum Abschluss bringen. Ich freue mich, zu hören, dass es bereits Unterstützung von den anderen beiden demokratischen Parteien in diesem Hause gibt. – Herzlichen Dank! Ich freue mich auch auf die Beratung und den Austausch im Ausschuss.