Fußverkehr ins Mobilitätsgesetz

Kristian Ronneburg
VerkehrKristian Ronneburg

53. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 30. Januar 2020

Zu "Erstes Gesetz zur Änderung des Berliner Mobilitätsgesetzes" (Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Rot-Rot-Grün hat das erste Mobilitätsgesetz beschlossen und damit bundesweit Geschichte geschrieben. Wir haben damit in Berlin endlich dem Umweltverbund jenen Vorrang eingeräumt und die gesetzmäßige Bedeutung gegeben, die notwendig ist, um den Klimaschutz voranzutreiben und das Umsteigen der Berlinerinnen und Berliner vom motorisierten Individualverkehr auf den Umweltverbund zu fördern.

Dafür brauchen wir attraktive öffentliche Verkehrsmittel. Wir brauchen sichere Radwege, und wir brauchen auch vernünftige Wege für die Fußgängerinnen und Fußgänger. Doch dieser wesentliche Teil des Umweltverbunds, der Fußverkehr, fehlt bislang im Mobilitätsgesetz, und in der Politik und Verwaltungspraxis spielt er eine zu geringe Rolle. Dabei sollte das doch eigentlich das Thema Nr. 1 sein, schon im Interesse von uns allen, denn wir alle – ob mit oder ohne Handicap, ob jung oder alt, Autofahrer, Radfahrer, ÖPNV-Nutzer – nehmen am Fußverkehr teil. Daher ist die Ergänzung des Mobilitätsgesetzes mit diesem Abschnitt ein wichtiger Schritt zur Anerkennung der Bedeutung und der Schaffung gesetzlicher Grundlagen und Verbesserungen der Bedingungen für den Fußverkehr.

Ich bin sehr dankbar, dass es Vereine gibt wie FUSS e. V. oder auch die Seniorenvertretungen – aus Marzahn-Hellersdorf kenne ich das sehr gut –, die bei diesem Thema nicht locker lassen und immer wieder den Finger in die Wunde legen. Das ist gut so, und dafür gebührt ihnen unser aller Dank.

Wir als Linksfraktion haben seinerzeit bei der Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes sehr wohl die Kritik verstanden, dass wir den Radverkehr drin hatten und zum Fußverkehr kein eigener Teil verabschiedet wurde. Wir mussten als Koalition beim Radverkehr liefern, und wir hatten nicht die Zeit, im gleichen Atemzug den Fußverkehr in gleichem Tempo bearbeiten zu können. Umso intensiver, gut vorbereitet, detailliert und kenntnisreich wurde dieser Gesetzesentwurf partizipativ über zwei Jahre etwa bearbeitet, und daher möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion zunächst ganz ausdrücklich bei all den Personen, Vereinen, Verbänden und Initiativen bedanken, die seit Anfang 2018 ihre Erfahrungen und ihre Expertise hier eingebracht haben. – Vielen Dank!

Nun liegt es an uns, diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen und mit einer Anhörung sicherlich auch kritisch zu prüfen, zu schärfen und zu konkretisieren. Ich will hervorheben: Der Referentenentwurf, der veröffentlicht wurde, hat bereits einige positive Veränderungen erfahren – das wurde hier bereits erwähnt. Ein großes Anliegen war es, dass wir beim Fußverkehr genauso wie beim Radverkehr den Bezirken im Gesetz festgeschrieben zwei Personalstellen zur Verfügung stellen und hier verankern. Das ist ein sehr wichtiger Schritt und zeigt auch, dass wir es ernst meinen bei der Förderung des Fußverkehrs.

Wir sollten allerdings auch keinen Zweifel daran lassen, dass wir es bei den Regelungen zum Fußverkehr genauso ernst meinen wie beim Radverkehr.  Wir brauchen einen verbindlichen Ausbaupfad für die Sanierung von Gehwegen, die Herstellung von Barrierefreiheit und den Bau sicherer Querungsmöglichkeiten. Nach Schätzungen sind in meinem Bezirk Marzahn-Hellersdorf etwa 80 Prozent der Wege in der Großsiedlung sanierungsbedürftig. Diese Wege werden wir nicht alle auf einmal sanieren können, wir werden aber auch über dieses Gesetz hinaus weiterhin mit den Bezirken ein ambitioniertes Programm auflegen müssen, wie wir den Sanierungsstau gerade in den Bezirken in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auflösen können. Als Koalition haben wir in den Haushaltsberatungen bereits eine Schippe draufgelegt; hier brauchen wir noch mehr Engagement und vor allem auch eine Stärkung der Bezirksämter.

Ebenso brauchen wir weitere verbindliche Maßnahmen für die Erhöhung der Verkehrssicherheit für die speziellen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Behinderung sowie Seniorinnen und Senioren. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, wenn wir uns den Entwurf angucken, ein Umsetzungsprogramm zur Realisierung getrennter Ampelschaltungen an den für Fußgängern gefährlichsten Stellen und Kreuzungen in dieser Stadt. Auch der Barrierefreiheit muss bei der Gestaltung beispielsweise im Umfeld von Senioreneinrichtungen und Pflegeeinrichtungen aus unserer Sicht eine höhere Priorität beigemessen werden. Das müssen wir uns, denke ich, im Gesetzentwurf noch einmal anschauen.

Genauso, das wäre jetzt mein letztes Wort, zu der Frage des Gesetzentwurfs, und da bin ich bei meinen Kollegen von SPD und Grünen: Wir müssen die Verwaltungsschritte bei der Anordnung von Zebrastreifen, von Querungshilfen endlich spürbar reduzieren.

Da brauchen wir einen ganz großen Wurf in dieser Stadt, damit es ein Ende hat, dass Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern auf sichere Fußgängerüberwege vor Kitas und Schulen warten müssen, wo es schon lange Initiativen und Anordnungen gibt, aber keine Ausführungen stattfinden – ein ewiges Thema, das gerade auch Herr Schopf und Herr Moritz aus dem Petitionsausschuss kennen. Ich hoffe, wir werden hier gemeinsam noch einige wegweisende Dinge beschließen, damit wir wirklich vorankommen. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. – Vielen Dank!

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