S-Bahn-Ausschreibung

Kristian Ronneburg
VerkehrKristian Ronneburg

54. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 20. Februar 2020

Zu "Klarer Zeitplan für die S‑Bahnausschreibung der Teilnetze 2 und 3" (Antrag der Fraktion der CDU)

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU fordert, dass der Senat einen Zeitplan für die S-Bahnausschreibung für die beiden Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd vorlegen und die Ausschreibung transparent darstellen soll.

Zunächst einmal, Herr Friederici, das wissen Sie ja selbst, die Ausschreibung liegt noch nicht vor, warum? – Es gibt einen Senatsbeschluss, den kennen Sie auch, zur S-Bahn­ausschreibung, der aber mit der neuen Landesregierung in Brandenburg, bestehend aus SPD, CDU und Grünen, noch verhandelt werden muss. Das ist öffentlich längst bekannt und auch, dass eine baldige Entscheidung notwendig ist. Ich wäre daher an Ihrer Stelle, Herr Friederici, auch sehr vorsichtig mit Vorwürfen, denn die richten sich genauso an die neue Regierung in Brandenburg und an die politische Leitung des Infrastrukturministeriums in Brandenburg, Ihrem Parteikollegen Herrn Beermann, der dort seit Ende 2019 im Amt ist und sich Bedenkzeit erbeten hat.

Ich bin deswegen über den Antrag irritiert, denn ich kann ja auch den Minister in Brandenburg verstehen, es geht ja schließlich beispielsweise auch um Brandenburger Arbeitsplätze in Werkstätten, die bei der Ausschreibung eine Rolle spielen, und um Kosten, die dem Land Brandenburg entstehen. Keine neue Landesregierung wird sich wohl gerne den Vorwurf gefallen lassen, hier überstürzt zu handeln.

Die Ausschreibung wird nach der derzeitigen rechtlichen Lage kommen müssen, und Brandenburg wird sich dazu bald äußern müssen, denn wir werden als rot-rot-grüne Koalition mit dem Senat die Ergebnisse ja auch aus Brandenburg bewerten und damit umgehen müssen.

Der Antrag der CDU ist daher nicht nachvollziehbar, denn er blendet die derzeitigen politischen Aushandlungsprozesse aus und er lässt auch außer Betracht, dass Ihre Parteikollegen in Brandenburg selbst auch daran beteiligt sind, Herr Friederici.

Mit der Ausschreibung wird es selbstverständlich einen aktuellen Zeitplan geben, sie wird veröffentlicht werden, und auch die Zuständigkeiten werden klar benannt werden. Im Übrigen gibt es dazu auch eine Berichterstattung im Hauptausschuss.

Wir als Berliner Linke haben immer deutlich gemacht, dass wir möglichst wenig Schnittstellen wollen und Instandhaltung und Betrieb im gesamten S-Bahn-Netz aus einer Hand haben wollen. Das Thema hat uns auf den letzten drei Landesparteitagen beschäftigt, und es wird uns auch weiterhin beschäftigen. Wir wollen die S-Bahn auch in kommunaler Hand.

Das ist aber ohne Weiteres nicht möglich. Den Kauf hat die Deutsche Bahn abgelehnt. Um trotzdem ein einheitliches Netz zu erhalten, haben wir nach intensiver Debatte auch beschlossen, dass wir, um künftig auf Ausschreibungen des S-Bahnbetriebs verzichten zu können, in der Koalition für eine Bundesratsinitiative werben wollen. Wir wollen als Linke das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ändern, damit in der Zukunft die direkte Vergabe von Verkehrsleistungen in besonderen Netzen gemäß EU-Verordnung möglich wird.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD]

– Da kann man klatschen. – Denn die Stabilität dieses Verkehrssystems als elementarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge kann doch nicht durch privaten Wettbewerb und unterschiedliche Betreiber auf dem komplizierten S-Bahnnetz aufs Spiel gesetzt werden.

Wir lehnen die Aufspaltung der S-Bahn in Fahrzeugbeschaffungen – keine Zwischenfrage, bitte –, Betrieb und Instandhaltung ab. Eine Trennung würde weitere Schnittstellen schaffen und damit die Störanfälligkeit der S-Bahn weiter erhöhen. Wir sind daher sehr froh darüber – das hat der Kollege Heineman erwähnt –, dass die Loslimitierung bei der Vergabe vom Tisch ist, denn das hätte bedeutet, dass nur ein Los pro Anbieter vergeben werden kann, und damit wäre die Trennung vorprogrammiert gewesen. Das war mit uns nicht zu machen.

Aktuell ist vorgesehen, dass ein Gesamtangebot für beide Teilnetze und für das gesamte Leistungsspektrum – Beschaffung, Instandhaltung, Betrieb – möglich ist.

Welche Kriterien sind für uns noch wichtig? – Ganz oben stehen die Beschäftigungsverhältnisse und die Beschäftigungssicherung. Die muss zu den gegenwärtigen tariflichen Bedingungen festgeschrieben werden. Die Vergabekriterien und die Wertigkeit der Vergabekriterien müssen vor dem Vergabeverfahren feststehen. Dazu zählen soziale Aspekte wie die Erfüllung der Schwerbeschädigtenquote, die Anzahl von Ausbildungsplätzen und ökologische Aspekte. Wir brauchen ein realistisches Betriebs- und Steuerungskonzept, das nachweisbar ausschließt, dass es zu wirklichen Schnittstellenproblematiken kommen kann, denn das brauchen wir auch für die Berlinerinnen und Berliner und auch für die Brandenburgerinnen und Brandenburger: Sicherheit im S-Bahnverkehr. Wir wollen die Fahrzeuganforderungen klar definieren, dass auch die für das Teilnetz Ring konzipierten Fahrzeuge einsetzbar sind. Insofern schließe ich mich auch den Ausführungen von Herrn Heinemann an, und zwar, dass wir auch kritisch sehen, dass der Bau von Betriebswerkstätten auf Landeskosten in dieser Ausschreibung steht. Das sollte mit Brandenburg kritisch geprüft werden. Letztendlich sehen wir der Ausschussberatung entgegen, und ich denke, wir werden hier auch mit Brandenburg zu einem guten Ergebnis kommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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