Umweltgerechtigkeit ernst nehmen

GrünflächenUmweltschutzMarion Platta

70. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 14. Januar 2021 

Zu "Umweltgerechtigkeit ernst nehmen" (Priorität der Fraktion der SPD)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 18/3239

Marion Platta (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Stadt als Lebensraum für Menschen ist eng verbunden mit der Qualität des gestalteten Lebensumfelds und des Wirkens auf die menschliche Gesundheit. Sie haben es schon in den vorhergehenden Reden gehört; trotzdem möchte ich Sie noch einmal darauf hinweisen, dass es längst erwiesen ist, dass sommerliche Hitze, Lärm und Luftverschmutzung die Gesundheit des Menschen unmittelbar beeinträchtigen. Unzureichende Grünflächen, Freiflächen beeinträchtigen aber zusätzlich noch die Ökosysteme und die Artenvielfalt.

Sie haben recht, Herr Freymark, erst 2019 ist der Basisbericht veröffentlicht worden. Ich hatte schon lange vorher dafür gekämpft, dass das durchgesetzt wird. Aber andersherum war das große „Stop!“ nicht unter Rot-Rot, sondern unter Rot-Schwarz, also in der zweiten Legislaturperiode, die ich hier erlebt habe. Denn ich habe dieses ganze Verfahren bereits seit 2011 verfolgen können; das haben Sie an den Anfragen schon selbst sehen können.

Deshalb möchte ich auch hier und heute noch einmal gern Herrn Dr. Klimeczek für seine langjährige Arbeit an dem Thema danken.

Denn er war derjenige, der nicht nur hier in Berlin für dieses Thema gekämpft hat, sondern auch auf Bundesebene. Bis in die Umweltministerkonferenz hinein sind seine Vorlagen gewandert.

Dass wir erst heute diesen Antrag vorliegen haben, ist auch ein bisschen dem Umstand geschuldet, dass es natürlich auch innerhalb der Koalition ein Hin und Her gab, wie man an diesem Thema weiterarbeitet. Aber jetzt ist der Antrag da, und das ist auch gut so.

Schon lange haben sich Berlinerinnen und Berliner damit abgefunden, dass die Stadt, dokumentiert im Berliner Mietspiegel, in gute und einfache Wohnlagen durch Wohnungsmarktexperten eingeteilt ist. Bei Wohnlagen geht es im Wesentlichen um die Art der Bebauung, um die Qualität der Durchgrünung, der Verkehrsanbindung und der Versorgungseinrichtungen sowie um das Image im Sinne des Sozialindexes des Monitorings Soziale Stadtentwicklung. Eine Imagefrage hat aber wenig zu tun mit den Dingen, die wir heute diskutieren, wenn wir um belegte Daten zur Ungerechtigkeit in Berlin bei der Verteilung von natürlichen Ressourcen und guten Umweltbedingungen reden. Wir wollen, dass die wissenschaftlichen Umweltgerechtigkeitsanalysen, die nun einmal im Basisbericht vorgelegt wurden, tatsächlich auch hier angewendet werden und für eine fortschrittliche und gesunde Stadt wirken können.

Mit dem Antrag der Koalition wollen wir, kurz gesagt, vom Wissen zum Handeln übergehen. Dabei sind uns besonders folgende drei Handlungsbereiche wichtig: Erstens muss grundsätzlich ein auf die Verbesserung der äußeren Lebensbedingungen in den Kiezen gerichtetes, ressortübergreifendes Arbeiten in den Berliner Verwaltungen organisiert werden. – Genau das haben Sie auch angesprochen, Herr Freymark; es ist bisher nicht passiert. Aber es ist zwingend notwendig, weil natürlich viele Bereiche hineingreifen: Verkehrsplanung, Flächennutzungsplanung, städtebauliche Maßnahmen – all diese Punkte sind wichtig.

Wir wollen – zweitens – ein Pilotvorhaben beginnen und Bürger beteiligen an dem Prozess der Erstellung von Entwicklungskonzepten in den Bezirken. Diese Arbeiten sollen endlich starten, weil es auch notwendig ist, in den hochbelasteten Gebieten voranzukommen. Mein Wunsch ist, dass diese Arbeit in allen Bezirken beginnt, nicht nur, weil Bürgerbeteiligung ein wichtiges Element ist, sondern auch, weil man sich mit den Themen inhaltlich auseinandersetzen kann. Ich freue mich besonders, dass in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg der Aufschlag im letzten Jahr geglückt ist. Auf Initiative der Linksfraktion wurde ein Antrag eingereicht, der sich mit dem Gebiet Fennpfuhl-Ost beschäftigt; es ist vierfach belastet und kann deshalb beispielgebend für eine gute Konzeptionserarbeitung sein.

Im dritten Schwerpunkt geht es um die Fortschreibung und Aktualisierung des Berichts zur Umweltgerechtigkeit in jeder Wahlperiode. Ich glaube, dass sich jeder Abgeordnete einmal in seinem Leben, egal ob nun in seiner ersten oder in seiner letzten Wahlperiode, mit dem Thema beschäftigen sollte, weil es letztendlich auch eine wissenschaftliche Basis gibt, sich mit dem Thema zu befassen.

Zu den anderen Punkten brauchen wir heute nicht weiter zu kommen, weil wir glücklicherweise in den Ausschüssen dazu Gelegenheit haben werden. – Vielen Dank!

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