Landeseigene Wohnungen privatisieren

Wenigstens in der Überschrift steht, dass man an die Mieter privatisieren soll. In den beiden Absätzen steht aber etwas anderes: Man soll zugunsten der Mieter privatisieren, an wen, war da nicht mehr so ganz klar

11. Sitzung, 18. Mai 2017

Nr. 3.4: Priorität der AfD

Landeseigene Wohnungen an die Mieter privatisieren, historische Chance niedriger Zinsen nutzen, Wohneigentumsanteil in Berlin erhöhen

Antrag der AfD – Drucksache 18/0346

Aus dem Wortprotokoll

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag der AfDFraktion ist hier schon einiges gesagt worden. Ich denke, es war etwas schwierig, das Anliegen zu verstehen. Nach den Ausführungen des Abgeordneten Laatsch erahne ich es jetzt. Wenigstens in der Überschrift steht, dass man an die Mieter privatisieren soll. In den beiden Absätzen steht aber etwas anderes: Man soll zugunsten der Mieter privatisieren, an wen, war da nicht mehr so ganz klar. Jetzt habe ich aber der Rede entnommen, dass man doch der Auffassung ist, dass man die Wohnungen an die Mieter verkaufen soll.

Wenn ich das jetzt ernst nehme, dann gucke ich mir den Bestand der Mieter an. Ich nehme mal an, dass die AfD dann auch noch ein großes Zuschussprogramm auflegt, denn die meisten Mieter in den Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften können ihre Wohnung nicht kaufen, weil sie einfach die finanziellen Mittel, das Eigenkapital, nicht nur nicht haben, sondern auch keine kriegen. Da mögen die Zinsen so niedrig sein, wie sie sein mögen.

Übrigens, Herr Laatsch, niedrige Zinsen sind das Eine, hohe Preise sind das Andere. Ich glaube, diese Idee ist sehr abwegig, und sie wird immer absurder. Nicht nur, dass sich die Leute das nicht leisten können, die wird auch dann noch absurder, wenn Sie sagen, okay, wir wollen das nicht machen, um ihr Geld in die Landeskassen zu spülen, sondern wir wollen das machen – es ist nämlich in den Neunzigerjahren schon mal an Mieter privatisiert worden –, damit die Gesellschaften das Geld dann wieder einsetzen, um neu zu bauen. Wenn Sie sich überlegen, zu welchen Preisen Sie – meinetwegen auch festen Preisen – an Mieter verkaufen könnten, und überlegen, wie viel Geld Sie brauchen, um neu zu bauen, dann würde es bedeuten, dass Sie sehr viele Bestandswohnungen an Mieter privatisieren müssen, um eine einzige Wohnung neu zu bauen. Insofern ist das ein ziemlich gedankenloser Vorschlag.

Ich denke, es ist sehr viel sinnvoller, die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit Eigenkapital auszustatten und in die Lage zu versetzen, dass sie sich sozusagen die Mittel für den Neubau auch am Markt nehmen können. Darum geht es viel eher.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Insofern glaube ich, dass Ihr Vorschlag, zugunsten der Mieter zu privatisieren – so heißt Ihr Text –, ein Vorschlag ist, der nicht wirklich von uns angenommen werden kann. Was Wohnungseigentum mitunter bedeuten kann, weil Sie schreiben, da kann man selbstbestimmt leben, dann gucken Sie sich mal an, wie viele Zehntausende, Hunderttausende Menschen, die der Meinung waren, sie können sich Wohnungseigentum leisten, weltweit und auch in Deutschland in den Ruin getrieben worden sind.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

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