Typenbaugenehmigungen

Mieten- und WohnungspolitikStadtentwicklung

42. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 23. Mai 2019

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP! An diesem Antrag, an Ihrem Antrag, ist nichts Turbo, gar nichts Turbo! Das haben jetzt auch die Reden, auch von Ihnen, Herr Czaja, gezeigt: Sie haben über alles Mögliche geredet, aber nicht über den Antrag.

[Sebastian Czaja (FDP): Doch! –
Holger Krestel (FDP): Herr Nelken!
 Da haben Sie nicht zugehört!]

– Doch, doch! Ich habe sehr gut zugehört! Sie haben darauf hingewiesen, dass die Bundesbauministerkonferenz praktisch beschlossen hat, dass man in die Musterbauordnung den § 72a zur Typengenehmigung einführt. Und da Berlin weitgehend musterbauordnungstreu ist, wird es in Berlin sicher auch gemacht. Da gibt es überhaupt keinen, der wahrscheinlich irgendetwas dagegen zu sagen hat. Nur: Ihr Antrag, den Sie gestellt haben, der ist völlig schlecht.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) –
Paul Fresdorf (FDP): Mannomann!
Da wird einiges klar!]

Sie haben wahrscheinlich in Ihrem Übereifer, nach der Devise: Leute, ich weiß was! Es kommt sowieso! –, einen überflüssigen Antrag gestellt, und zwar ein bisschen nach dem Muster: Die FDP will kundtun, dass es überall um schnelleren und besseren Wohnungsbau geht, egal, worum es in der Sache eigentlich geht. Sie haben hier Ihre normale Rede gehalten, die Sie immer halten, aber worum es in der Änderung der Bauordnung geht, darüber haben Sie nicht geredet.

Sie schreiben in dem Antrag – Sie haben es in der Rede wiederholt –, dass mit der Typenbaugenehmigung schnelleres und kostengünstigeres Bauen erreicht wird. – Wir reden hier über ein Genehmigungsverfahren und nicht über Bau!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Schnelleres und kostengünstigeres Bauen wird natürlich durch serielles Bauen, Modulbauen erreicht. Das wird den Bau sozusagen verbilligen.

[Sebastian Czaja (FDP): Und Genehmigungsprozesse haben keinen Einfluss auf die Kosten?]

 – Herr Czaja! Was das Baugenehmigungsverfahren angeht, da hätten Sie sich mal mit der Bauordnung des Landes Berlin befassen müssen, bevor Sie so einen Antrag stellen!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Der größte Teil des Wohnungsbaus – Ihnen geht es ja sehr um den Wohnungsbau – ist entweder genehmigungsfrei oder, ab einer bestimmten Größe, in einem einfachen Baugenehmigungsverfahren zu erreichen. Das steht übrigens auch in § 72a drin. Ich kann es Ihnen mal vorlesen: Eine Typenbaugenehmigung entbindet nicht von der Verpflichtung, ein bauaufsichtliches Verfahren durchzuführen. – Das steht selbst in der Musterbauordnung drin. Das heißt, an dem Baugenehmigungsverfahren wird sich relativ wenig ändern, außer dass bestimmte Sachen, die in dem ersten Musterverfahren genehmigt worden sind, nicht noch mal geprüft werden.

[Sebastian Czaja (FDP): Ach!
Das beschleunigt nichts?]

Haben Sie sich schon mal ein Baugenehmigungsverfahren angeschaut?

[Sebastian Czaja (FDP): Ich habe mich
 sogar mit Bauträgern unterhalten!]

Dann gehen Sie mal in Ihren Bezirk und lassen Sie sich mal im Bauamt ein Baugenehmigungsverfahren zeigen, wie das aussieht,

[Sebastian Czaja (FDP): Habe sogar
Häuser gebaut!]

dass Sie planungsrechtliche Genehmigungen brauchen, dass Sie noch x andere Genehmigungen brauchen. Und dann sehen Sie, dass es mit diesem Verfahren nicht zu einer wesentlichen Beschleunigung kommen wird. Das spricht aber nicht dagegen. Sie kommen hier aber nur mit den falschen Argumenten an. Diese Typenbaugenehmigung ist völlig sinnvoll. Aber das, was Sie sich davon versprechen, was Sie in Ihrem Antrag behaupten, das wird da gar nicht stattfinden.

[Sebastian Czaja (FDP): Natürlich!]

Ungeachtet dessen, dass es keine Turbobaugenehmigung sein wird, ist sie natürlich sinnvoll – nur Ihr Antrag ist nicht zustimmungsfähig. Ich gebe eine Prognose ab – ich will mich festlegen –, dass wir am Ende diese Typenbaugenehmigung in unserer Bauordnung haben werden, und zwar trotz Ihres Antrags. Schneller und preiswerter wird aber nur gebaut werden, wenn industrielle und standardisierte Bauverfahren angewendet werden. Ich höre dann allerdings schon – Sie haben es schon ein wenig angedeutet oder vorgebaut: Es soll aber nicht wie industrielle Bauweise im Osten sein. Wir wollen kein Wohnungsbaukombinat haben. – Sie haben es alles schon angedeutet, was dann wieder kommen wird.

[Sebastian Czaja (FDP): Ich wollte Sie wecken!]

Dieser Antrag ist wirklich typisch! Dieser Antrag ist nämlich ein typischer Standardantrag aus der seriellen Antragsfabrik der FDP-Fraktion, und zwar ohne jeden Turbo.

[Paul Fresdorf (FDP): Fast hätte
 der Witz gezündet!]

Im Gegenteil! Mit einem solchen Antrag, Herr Czaja, der mit mangelnder fachlicher Sorgfalt eingebracht wurde, entschleunigen Sie die Parlamentsarbeit. Sie blockieren sie, indem Sie sinnlose Anträge einbringen. – Ich danke!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und
den GRÜNEN]

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