Untersuchungsausschuss zur DIESE eG ist billige parteipolitische Scharade

68. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 10. Dezember 2020

Zu "Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung für finanzielle Risiken des Landes Berlin in Zusammenhang mit spekulativen Immobiliengeschäften der „DIESE eG“ und deren öffentlicher Förderung" (Priorität der Fraktion der CDU)

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu einem der vielgenutzten Allgemeinplätze des parlamentarischen Lebens gehört es ja zu sagen: Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert der Opposition. – Wenn man einen kurzen Rückblick in die jüngste Geschichte dieses Hauses wirft, dann hatten wir in der 15. Wahlperiode den Untersuchungsausschuss Bankgesellschaft und den Untersuchungsausschuss Tempodrom, in der 16. Wahlperiode den Untersuchungsausschuss HOWOGE und den Untersuchungsausschuss Spreedreieck, in der 17. Wahlperiode hatten wir dann den Untersuchungsausschuss Komische Oper

[Carsten Schatz (LINKE): Staatsoper!]

und den Untersuchungsausschuss BER. Das sind, finde ich, alles sehr schwergewichtige Untersuchungsausschüsse. – Jetzt in der 18. Wahlperiode haben wir an Untersuchungsausschüssen bisher eingesetzt:

Breitscheidplatz – unstrittig wichtiges Thema –, BER, dritte Staffel – darüber kann man schon streiten. Dann wird es ganz besonders, da haben wir den Untersuchungsausschuss zur Gedenkstätte Hohenschönhausen und den Untersuchungsausschuss jetzt zur DIESE eG. – Sehr geehrte Opposition, ich habe ja den Eindruck, dass Sie etwas abwegige Vorstellungen von einem Schwert haben, denn wenn man diese letzten beiden Untersuchungsausschüsse betrachtet, dann glaube ich, dass Sie so mit Obstmesserchen nicht durchkommen würden. Oder man kann es ja auch anders sagen: An den Untersuchungsausschüssen kann man vielleicht die Qualität der Opposition ablesen.

Jetzt habe ich mich sozusagen bemüht, diese sieben Fragenkomplexe und die 100 Einzelfragen zu lesen, die da in dem Antrag drin sind. Ich konnte nicht so richtig erschließen – auch nicht nach der Rede von Herrn Evers, die Sie heute gehalten haben, das war ja wirklich eine schöne populistische Wahlkampfrede –, was eigentlich wirklich das Ziel ist.

Ich glaube, Verwaltungsversagen aufzuklären, ist ja völlig richtig und völlig gut, wenn man denn meint, dass man für die Fragen, die Sie formuliert haben, tatsächlich einen Untersuchungsausschuss braucht. Das konnte ich nun an Ihren Fragen leider nicht ablesen.

Was ist denn der zu untersuchende Tatbestand? – Es ist ja jetzt schon zweimal hier dargestellt worden. Das Land Berlin, ob gut oder richtig – das wollen Sie ja jetzt geklärt haben –, hat Mietern versucht zu helfen, die sich selbst helfen wollten. Und sie haben im Prinzip ein drohendes Unheil abgewendet, was ihnen aus dem Wechsel der Eigentümerschaft ihres Hauses drohte; dies auf dem Wege des kommunalen Vorkaufsrechts. Also eigentlich haben sie nur das getan, was die Opposition hier immer fordert, was die CDU und auch die FDP nicht müde werden, vom Senat und von der Regierungskoalition zu fordern: Sie haben Wohnungseigentumsförderung betrieben; nämlich zur Sicherung gegen steigende Mieten und Verdrängung.

Sie sagen jetzt, im Prinzip sind Sie immer dafür, nur in dem konkreten Fall sind Sie dagegen, Sie haben jetzt ausgeführt, weil es alles nicht seriös war. Warum es nicht so war, dazu gab es hier ein paar Behauptungen im Raum, die ich leider nicht nachvollziehen kann. Also Wohneigentumbildung in der Rechtsform der Genossenschaft ist geschehen. Das scheint für Sie ein Problem zu sein. Ich hatte den Eindruck, Sie reden hier unablässig, aber über Genossenschaften, dass sie sehr gut sind. Was ist jetzt falsch an dieser Genossenschaft? Sind es die falschen Mieter? – Sie haben jetzt gesagt, es ist der falsche Ablauf, da wurden zu viele Risiken eingegangen. Das wollen Sie jetzt in dem Ausschuss belegen. Für mich ist das, was Sie hier behauptet haben, überhaupt nicht erkennbar. Oder geht es Ihnen eigentlich um etwas anderes? Geht es Ihnen um die Anwendung des kommunalen Vorkaufsrechts?

Ich glaube, Sie sollten für den zu zahlenden Preis lieber den Verkäufer oder den Ursprungskäufer verantwortlich machen als den Bezirk oder die Genossenschaft. Liebe Kollegen! Es ist ja gut, es ging alles relativ hektisch zu, das ist völlig klar. Es überstürzten sich die Ereignisse. Man hat ja auch nur zwei Monate Zeit für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Bundesregierung plant jetzt, diese Frist zu verlängern, leider ein bisschen zu kurz, aber es ist schon mal ein erster Schritt, dass man da mehr Zeit hat, das Vorkaufsrecht auszuüben und solche Sachen auf den Weg zu bringen.

Mein Eindruck ist, Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich das kommunale Vorkaufsrecht. Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich den grünen Baustadtrat Schmidt. Das ist ja hier sehr deutlich geworden. Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich den Finanzsenator und den Senator Scheel. Das ist hier auch deutlich geworden. Also ich glaube, das ist eine billige parteipolitische Scharade, die Sie hier ablassen, um irgendwas in diesem Wahljahr dieser Koalition noch ans Zeug zu flicken.

Ich sage jetzt mal zum Schluss: Sollte ich mich irren  – also dass jetzt meine Vorwürfe gegen Sie völlig falsch sind, was den Zweck des Untersuchungsausschusses betrifft –, und setzen Sie wirklich den Untersuchungsausschuss ein, um Ergebnisse zu finden, wie man besser das kommunale Vorkaufsrecht ausüben kann als vielleicht in dem Fall, wie wir zu effektiven und vielleicht auch sehr guten Ergebnissen kommen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, dann werde ich an diesem Pult, wenn das das Ziel Ihres Untersuchungsausschusses ist, sicher am Ende des Jahres – des nächsten Jahres oder der Legislaturperiode – Abbitte leisten und sagen: Ich habe es falsch eingeschätzt. Aber so lange glaube ich, dass es einfach ein ziemlich mieser populistischer Wahlkampftrick ist. Wenn Sie mich eines Besseren belehren, werde ich mich an diesem Pult hier dafür entschuldigen. Frau Meister, Herr Evers, Sie haben es jetzt in der Hand!

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