Bericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Jahr 2017

30. Sitzung, 13. September 2018

Niklas Schrader (LINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Meine Damen und Herren! Wir schreiben der Zeitrechnung nach das Jahr 1 nach der DSGVO, und wir haben gerade noch einmal erfahren, dass die Datenschutzbeauftragte dieses neue Regelwerk als Erfolg ansieht. Nach vielen Jahren komplizierter Verhandlungen sind doch Erfolge und eine Stärkung des Datenschutzes erreicht worden. Das ist erst mal gut. Wir haben aber auch eine gegenläufige Tendenz, gerade hier in Deutschland. Ich meine damit z. B. eine Vielzahl von Gesetzen besonders im Strafprozessrecht, Polizeigesetze des Bundes und der Länder, die dazu führen, dass der Staat immer mehr Zugriff auf persönliche Daten bekommt und dass immer mehr Daten miteinander verknüpft werden. Staatstrojaner, Onlinedurchsuchungen, Fluggastdatenspeicherungen, immer mehr Videoüberwachungen usw. usf; die Liste ist lang. Da finde ich es wichtig festzustellen, dass die Persönlichkeitsrechte der Menschen nicht nur vor großen Konzernen wie Facebook oder Google zu schützen sind, sondern leider auch immer mehr vor dem Staat. Auch das ist Aufgabe der Datenschutzbeauftragten, der sie in diesem Bericht nachgekommen ist.

Ich habe mit Freude gelesen und jetzt auch noch einmal gehört, dass sie sich auch intensiv mit dem Thema Videoüberwachung befasst hat – ein viel diskutiertes Thema auch in Berlin. Da geht es zum Beispiel auch um das Volksbegehren der Herren Heilmann und Buschkowsky. Wer es noch nicht mitbekommen hat, der kann es im Bericht noch einmal nachlesen: Dieser Gesetzentwurf des Volksbegehrens wäre die Lizenz zur allumfassenden Beobachtung einschließlich Tonüberwachung, einschließlich biometrischer Erfassung. Es ist völlig eindeutig: Dieser Gesetzentwurf ist nicht verfassungsgemäß, und wie wir gehört haben, teilt auch der Innensenator diese Auffassung. Da kann ich Ihnen, liebe CDU-Fraktion, nur noch einmal sagen: Wenn Sie sich selbst und die Bekenntnisse zum Datenschutz ernst nehmen, die Sie hier gerade abgegeben haben, Herr Stettner, dann sollten Sie dieses Volksbegehren nicht unterstützen! Sie machen sich unglaubwürdig.

Die Datenschutzbeauftragte hat sich auch mit dem Ausbau der Kameraüberwachung bei BVG und S-Bahn beschäftigt, und auch hier zeigt sich: Der Glaube an die pauschale Wirkung von Kameras gegen Kriminalität ist vielfach vorhanden, auch dort. Belege für diese These liegen aber nicht vor, und auch BVG und S-Bahn haben sie noch nicht geliefert.

Deswegen sollten alle, die für die verschiedenen Probleme Kameras als Lösung ins Spiel bringen, diesen Bericht einmal gründlich lesen.

Wir werden viele Themen, die Sie, Frau Smoltczyk, in Ihrem Bericht angeführt haben, im Ausschuss weiter verfolgen. Ich gehe mal davon aus, dass wir das mit einem neuen Vorsitzenden tun.

Es ist auch wieder klargeworden, dass Datenschutz kein Thema ist, das nur einige Wenige betrifft. Im Gegenteil, wir können alle betroffen sein! Ein Beispiel – Frau Smoltczyk hat es auch erwähnt – ist der Wohnungsmarkt. Bei der Erfassung von Daten in Fragebögen von Vermietern sind Verstöße gegen Datenschutzgesetze eher die Regel als die Ausnahme. Das kann ja wohl echt nicht sein! Da glauben einige Vermieter, ihre Marktmacht würde ihnen alles erlauben. Ich bin deshalb froh, dass wir eine Institution haben, an die die Bürgerinnen und Bürger sich wenden können, die das jetzt auch wirksam sanktionieren kann.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal allen Bürgerinnen und Bürgern raten: Wenden Sie sich an die Datenschutzbeauftragte! Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihnen etwas Unrechtes passiert, wenn Sie glauben, dass von Ihnen zu Unrecht Informationen verlangt werden, dann können Sie dort hingehen und sich beschweren; dem wird dann abgeholfen.

Ich freue mich zu hören, dass die Anzahl der Eingaben bei Ihnen steigt, Frau Smoltczyk. Das ist ein Zeichen dafür, dass auch das Bewusstsein für das Thema größer wird. Da sind wir auf einem guten Weg, hingegen sind wir noch nicht ganz am Ziel. Ich glaube, wir brauchen eine Kultur, in der Datenschutz kein Spezialthema, sondern ein alltägliches Thema ist, weil es in allen Lebensbereichen unsere Freiheitsrechte berührt.

Liebe Frau Smoltczyk! Genau dafür haben Sie und Ihre Behörde im letzten Jahr wichtige Arbeit geleistet. Dafür auch noch mal im Namen meiner Fraktion ganz herzlichen Dank an Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Bleiben Sie gründlich, bleiben Sie unbequem, und suchen Sie, wann immer es geht, auch den Kontakt mit uns Abgeordneten! – Vielen Dank!