Ordnungsrecht sichert weder Schutz von Gewaltopfern noch störungsfreien Hochschulbetrieb

Am kommenden Montag steht erneut die Wiedereinführung des Ordnungsrechts an den Berliner Hochschulen auf der Tagesordnung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung. Zu dem von der schwarz-roten Koalition sowie zu dem von der Linksfraktion eingebrachten Änderungsantrag erklärt der Sprecher für Wissenschaft der Fraktion Die Linke, Tobias Schulze:

„Auch in der durch die Koalitionsfraktionen veränderten Form bleibt unklar, welchen Zweck die Einführung eines Ordnungsrechts gegen Studierende verfolgen soll. Das Ziel des Schutzes von Gewaltopfern wird angesichts langer Verfahrensfristen und unklarer Verfassungsrechtslage nicht erreicht. Nach Angaben des Senats konnten auf der Grundlage des Ordnungsrechts bundesweit seit den 70er Jahren lediglich zwei Studierende exmatrikuliert werden. Ob das Ordnungsrecht je rechtswirksam zur Anwendung kommt, ist vollkommen unklar.

Dass nach dem Antrag der Koalitionsfraktionen die Exmatrikulation ohne vorherige Androhung unmittelbar ausgesprochen werden kann, verstärkt den Charakter eines Disziplinar- oder gar Sonderstrafrechts gegen Studierende. Ein solches würde einer Verfassungsprüfung vermutlich nicht standhalten. Bildung und Berufsqualifikation sind erklärte Ziele bei der Resozialisierung von Straftäter*innen. Das Ordnungsrecht widerspricht diesem Grundsatz.

Das Ziel eines störungsfreien Hochschulbetriebs wird durch das Ordnungsrecht nicht erreicht. Im Gegenteil könnte die öffentlich geschürte Erwartungshaltung von Ordnungsmaßnahmen gegen straffällige Studierende den Hochschulfrieden seinerseits empfindlich stören.

Wir als Linksfraktion schlagen in unserem Antrag vor, den Schutz von Gewaltopfern wirksam durch die Anwendung des Hausrechts oder durch gerichtliche Annäherungs- bzw. Kontaktverbote durchzusetzen. Keine Vergewaltigungsopfer oder Opfer antisemitischer Gewalt sollte mit dem Täter in einem Seminar sitzen müssen. Rassismus, Diskrimierung und Antisemitismus sollten die Hochschulen auf der Basis des §5b BerlHG Hochschule der Vielfalt entgegentreten, der bundesweit als Vorbild gesehen wird.“

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