Humbug und Voodoo in der aktuellen Impfdebatte

Zur Diskussion über eine mögliche Impfpflicht für Beschäftigte in Alten- und Pflegeheime und zu einer vermeintlichen Wahlfreiheit des Impfstoffs

erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus, Dr. Wolfgang Albers:

Die Debatte über eine vermeintliche Impfpflicht für die Beschäftigten in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen ist reiner Humbug. Sie entbehrt aus medizinischer Sicht jeder Grundlage. Für keinen Impfstoff gibt es bisher den Nachweis, dass er auch die Übertragung des Erregers verhindert. Es ist lediglich nachgewiesen, dass durch eine Impfung schwere Krankheitsverläufe abgemildert, bzw. verhindert werden können. Die Impfung dient somit einzig dem Eigenschutz. Deshalb sollte man sich jetzt darauf konzentrieren, die besonders gefährdeten Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen schnellstmöglich zu impfen und den Zugang zu ihnen bis dahin über tägliche Schnelltests der Besucher und des Personals vor Dienstantritt zu sichern.

Angesichts des Infektionsgeschehens in unseren Alten- und Pflegeheimen bleibt es völlig unverständlich, warum auch bei der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 5. Januar 2021 eine verpflichtende Testung für das Personal in den Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie für Besucherinnen und Besucher nur »mehrmals pro Woche« und das auch nur in Regionen mit erhöhter Inzidenz angeordnet wurde. Eine solche Inkonsequenz hat fatale Auswirkungen und steht in krassen Widerspruch zu der Vehemenz, mit der weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens mit dem Schutz von besonders gefährdeten Personen begründet werden.

Ebenso unsinnig ist es, eine völlig überflüssige Voodoo-Diskussion über eine vermeintliche Wahlfreiheit bei der Auswahl des Impfstoffs vom Zaun zu brechen. Nach welchen Kriterien sollten die zu Impfenden ihren Impfstoff denn auswählen? Für alle momentan vorhandenen Impfstoffe gibt es begrenzte Erfahrungswerte und deshalb vorerst auch nur bedingte Zulassungen.

Eine Debatte über eine Wahlfreiheit von Impfstoffen impliziert, dass es im Hinblick auf die Verträglichkeit, die Wirkung und die möglichen Nebenwirkungen real zu beobachtende Unterschiede bei den einzelnen Präparaten gibt. Das ist bisher nicht der Fall. Die Auswahl des Impfstoffs muss grundsätzlich eine ärztliche Entscheidung bleiben. Insofern trägt eine solche, rein politisch motivierte Diskussion nur zur Verunsicherung bei und konterkariert damit das Bemühen, die Akzeptanz für die notwendigen Impfungen zu erhöhen.

Wichtig ist es jetzt, schnellstmöglich händelbare Impfstoffe in die Praxen der niedergelassenen Ärzte zu bringen, um diese in die Impfstrategie einzubinden. Das würde nicht nur die allgemeine Impfbereitschaft fördern, sondern auch das Impfgeschehen forcieren.

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