Infektionsgefahr lauert drinnen und nicht draußen
"Besonders auffällig in der Debatte um das Infektionsschutzgesetz war, dass sich von Anfang an vor allem auf die von der Bundeskanzlerin gewünschten Ausgangssperren konzentriert wurde, so als hänge der Erfolg der Pandemiebekämpfung vor allem davon ab. Ich befürchte, und deshalb haben wir uns in Berlin auch solange dagegen gewehrt, dass diese nicht nur wenig bringen, sondern sogar kontraproduktiv sein können." sagt Carsten Schatz.
77. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 22. April 2021
Zu Diversen Verordnungen zur Änderung der Covid-Verordnungen Priorität der Fraktion der CDU
Carsten Schatz (LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Kerker! Sie haben mich eben an Diederich Heßling erinnert, wie Sie hier standen und gezetert haben.
[Beifall von Regina Kittler (LINKE) –
Marc Vallendar (AfD): Lächerlich!]
– Ein bisschen Literaturkenntnis, dann wüssten Sie auch, wer das ist!
Auch wenn die Sieben-Tage-Inzidenzen für sich allein nicht entscheidend sind, so weisen sie doch in ihrer Entwicklung deutlich darauf hin, ob die Maßnahmen greifen oder nicht. – Nun schauen wir einmal nach Berlin! Vor den Osterferien beispielsweise lagen sie bei den 15- bis 19-Jährigen bei 200, bei den Fünf- bis Neunjährigen bei 228. Dieser Wert ging in den Ferien auf 154 bzw. 93 zurück. Heute, nachdem nun auch die neunten Klassen wieder in den Schulen sind, haben wir eine Sieben-Tage-Inzidenz von 277 bei den 15- bis 19-Jährigen und von 189 bei den Fünf- bis Neunjährigen.
Gleichzeitig erreichen uns Notrufe aus den Intensivstationen unserer Krankenhäuser, in denen die Belegung der Intensivbetten mit Covid-Patienten seit Tagen über 25 Prozent liegt – rote Ampel – und die Patientinnen und Patienten jünger werden. Der Wert liegt heute übrigens laut DIVI-Intensivregister – gerade nachgeschaut – bei 327 belegten Betten. Er war exakt vor einem Monat bei 178. Das ist ein deutlicher Sprung. Deshalb hatte sich Die Linke sehr deutlich dafür ausgesprochen, die Schulen mit der Berliner Notbremse auch nach den Ferien noch zwei bis drei Wochen im Distanzunterricht mit Notbetreuungsmöglichkeiten zu belassen, denn auch eine Testpflicht – die wir nachdrücklich unterstützen – verhindert offensichtlich die Verbreitung des Virus nicht.
Warum übrigens die Abiturientinnen und Abiturienten, die diese Woche ihr Abitur schreiben oder damit begonnen haben, von der Testpflicht ausgenommen sind, bleibt ein Rätsel. Für sie, die jetzt Prüfungen haben, wünschen wir viel Erfolg und auch das notwendige Quäntchen Glück unter diesen Bedingungen.
Schule betrifft in Berlin ca. 450 000 Schülerinnen und Schüler. Sie haben Eltern, Geschwister und Großeltern. Hinzu kommen die Beschäftigten in den Schulen. Auch die haben Kinder, Partnerinnen, Partner, Eltern und Großeltern. Somit, kann man sagen, ist etwa die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner direkt oder indirekt von Regelungen zum Schutz vor Corona in der Schule betroffen. Genau deshalb wäre für uns der Distanzunterricht mit Notbetreuung zum Ende der Ferien die richtige Entscheidung gewesen. Eine kurze Zeit harter Maßnahmen zu ertragen, ist allemal besser als halbseidene Maßnahmen über eine lange Zeit.
Die vom Bund jetzt mehr als willkürlich benannte Zahl 165 als Richtwert für Distanzunterricht wird die Infektionsverbreitung nicht stoppen, dafür sprechen die von mir vorhin genannten Zahlen. Andererseits zeigen uns die Forschungen von Prof. Kriegel von der TU Berlin: B 1.1.7 verschärft das Problem des Aufenthalts in geschlossenen Räumen, also auch im Klassenraum. Selbst bei Präsenz im Wechselmodell und regelmäßigem Lüften kann man nur zwei Stunden pro Tag in ein und demselben Raum verantworten, so Kriegel. – Daran müssen sich Schulen im Wechselmodell halten, und wir müssen dafür die Rahmenbedingungen ermöglichen.
Als Linke bleiben wir dabei: Schulen müssen in der Umsetzung von Bildung und Betreuung in den Zeiten der Coronakrise weitgehend autonome Entscheidungen treffen können, die an die Bedingungen vor Ort, also das aktuelle Infektionsgeschehen, das vorhandene Personal, die zur Verfügung stehenden Räume und die technischen Möglichkeiten angepasst sind. Der Senat hat Rechtssicherheit geschaffen, um den Schulen zu ermöglichen, dass nach coronabedingten Ausfällen und Einschränkungen auf Klassenarbeiten und Klausuren verzichtet werden und die Zeugnisbewertung zum Schuljahres- bzw. Semesterende auf Basis der sonstigen Bewertungen erfolgen kann. Davon, finden wir, müssen die Schulen weitestgehend Gebrauch machen. Es geht darum, den Leistungsdruck zu mindern.
Zweitens: Wir brauchen für die Schulen Möglichkeiten der Betätigung im Freien, unter anderem durch die Nutzung von Sportflächen und Spielplätzen für Grundschulen sowie die Einrichtung temporärer Spielstraßen oder ähnlicher Angebote im öffentlichen Raum. – Drittens: Für Projekte sollte Künstlerinnen, Künstler und freie Träger, Sportvereine, Theater, Museen, Galerien und Gedenkorte, sobald es die Infektionsschutzverordnung oder auch das jetzige Gesetz wieder hergeben, die Möglichkeit geboten werden, in und außerhalb von Schulen mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, außerschulische Lernorte zu erschließen sowie Erlebnisse zu schaffen und damit auch eine emotionale Krisenbewältigung zu ermöglichen. Unter anderem aus ihrer Mitte sollte auch verstärkt unterstützendes Personal gewonnen werden.
Letztlich brauchen die Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern widerspruchsfreie Verordnungen und sich daraus ergebende Regelungen, die alle auch so erreichen, dass die Umsetzung organisatorisch und zeitlich zumutbar erfolgen kann. Das kann dann auch den einen oder anderen Testfrust verhindern.
Die bundesweite Notbremse, so wird uns gesagt, sei notwendig, weil sich die Bundesländer nicht mehr auf gemeinsame Maßnahmen verständigen konnten, wie die nunmehr dritte Coronawelle eingedämmt werden kann. Zugegeben, die Bundesländer haben zu diesem Eindruck beigetragen. Man muss schon mit einer gehörigen Portion Realitätsverweigerung ausgestattet sein, wenn man wie der CDU-MP Hans aus dem Saarland angesichts zwar noch niedriger, aber eben steigender Infektionszahlen ein komplettes, wenn auch kleines Bundesland zur Modellregion erklärt und dort nicht nur die Außengastronomie, sondern auch Kinos, Fitnessstudios und andere Indoor-Gelegenheiten öffnet. – Zugegeben hat auch Berlin ein klein wenig zu diesem Eindruck beigetragen, weil trotz Hunderter-Inzidenz Geschäfte nicht geschlossen wurden und vor allem – über Schule habe ich gerade geredet. Dass wir darüber hinaus in anderen Bereichen vorangegangen sind – verbindliches Home-Office, verbindliche Testangebote –, ging dabei leider etwas unter. Was allerdings auch schnell übersehen wird, ist: Das, was die Bundesregierung jetzt vorlegt, erfüllt in vielfacher Hinsicht auch nicht die Erwartungen und Ansprüche.
Bürgermeister und Senator Klaus Lederer schrieb am 15. April im Tagesspiegel unter der Überschrift „Einheitliche Regeln sind dem Virus egal: Die Bundesnotbremse ist aus Berliner Sicht ein Rückschritt“ – und ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –:
Für Berlin bedeutet diese „Notbremse“ absurderweise eher Lockerung. Was der Bund deutschlandweit regeln will, ist in Berlin bereits weitgehende Verordnungslage, manches sogar in schärferer Form. Es gelten einschneidende private Kontaktbeschränkungen, weitreichende Masken- und Testpflichten, belastende Einschränkungen des Kita- und Schulbetriebes. Letztere aus meiner Sicht tatsächlich nicht genug, aber ich verstehe auch diejenigen, die auf die drastischen Folgen von Schulschließungen für die jungen Menschen hinweisen.
Modellprojekte, die Infektionsschutz und die Ermöglichung gesellschaftlichen Lebens etwa in Sport und Kultur erproben sollen, sind ausgesetzt, der Einzelhandel ist mit den hohen existierenden Hürden insbesondere für kleine Gewerbetreibende de facto dicht. Es gibt eine Testangebotspflicht in Betrieben und die verbindliche Vorgabe, nicht mehr als die Hälfte der Büroarbeitsplätze gleichzeitig zu besetzen.
– Zitat Ende. –
Was sagt jetzt das Infektionsschutzgesetz dazu, also die Notbremse? – In der Arbeit immerhin ein paar Verbesserungen beim Homeoffice und beim Testangebot, aber auch hier wieder Hintertürchen. Beim Homeoffice werden zwingende betriebliche Gründe als Ausflucht benutzt, und es ist auch nur ein Angebot zu machen – dies zwar verpflichtend –, aber wer wird es annehmen, wenn die Chefs durchblicken lassen, dass es für die eigene Zukunft vielleicht doch besser ist, ins Büro zu kommen? – Hier gehen wir in Berlin mit der Vorgabe einer verbindlichen Quote deutlich weiter.
Und beim Testen? – Die Arbeitgeber müssen zwar ein Testangebot machen, sie können das aber auch outsourcen. Das mag für kleine Arbeitgeber Sinn machen. Für größere Unternehmen wäre es aber sinnvoller, wenn sie diese Tests vor Ort im Unternehmen anbieten. Denn wer wird schon regelmäßig nach Feierabend oder vor Schichtbeginn noch zum Testzentrum gehen?
Vor allem aber hat man sich noch nicht an einen wirklichen Lockdown, in dem wir zumindest für einen kurzen Zeitraum auch die Produktion in nicht versorgungsrelevanten Bereichen herunterfahren, getraut, weil man dann natürlich auch über entsprechende Kompensation hätte sprechen und sich mit den Mächtigen in diesem Land hätte anlegen müssen. Das ist aber ohnehin ein blinder Fleck.
Wieder keine Unterstützung für Soloselbständige, wieder keine Regelsatzerhöhung für Hartz-IV-Empfangende, wieder keine Regelung zu Gewerbemietern! Die Bazooka blieb bei der Notbremse gleich einmal im Schrank.
Der Druck auf Kitas, aber auch auf Schulen ist doch deshalb so hoch, weil die Menschen sich eben nicht einfach zurückziehen können, sondern weiterarbeiten müssen, im Betrieb oder im Homeoffice, und da dann alles unter einen Hut bringen sollen.
Ich finde, die Bereitschaft fehlt, endlich die ja auch oft erwerbstätigen Eltern zu unterstützen, die mit der Sorge für und um ihre Kinder inzwischen weitgehend alleingelassen sind. Dazu schreibt Klaus Lederer, Zitat:
Diese dringend notwendige Unterstützung und soziale Abfederung der pandemiebedingten Einschränkungen ist übrigens etwas, wozu es den Ländern an gesetzgeberischer Kompetenz fehlt. Sonderurlaube, Lohnersatzleistungen und ähnliche Instrumente etwa sind im Bundesrecht geregelt. Die zusätzlichen zehn Kinderkranktage, die das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat, reichen Eltern im Zweifel nur bis Mai.
– Zitat Ende.
Besonders auffällig in der Debatte um das Infektionsschutzgesetz war, dass sich von Anfang an vor allem auf die von der Bundeskanzlerin gewünschten Ausgangssperren konzentriert wurde, so als hänge der Erfolg der Pandemiebekämpfung vor allem davon ab. Ich befürchte, und deshalb haben wir uns in Berlin auch solange dagegen gewehrt, dass diese nicht nur wenig bringen, sondern sogar kontraproduktiv sein können.
Wenn Karl Lauterbach sagt, nirgendwo sei die Eindämmung von B.1.1.7 ohne Ausgangssperre gelungen, dann mag das sein, aber mit ihr ist sie eben auch oft nicht gelungen, weder in den diversen Landkreisen in Bayern, in denen es solche Ausgangssperren teilweise schon seit November gibt, noch in Frankreich. Auch der Blick ins vergangene Jahr zeigt, dass wir mit vergleichsweise soften Einschränkungen nicht weniger Erfolg hatten als andere Länder mit wesentlich schärferen.
Ich bin der Aerosolforschung sehr dankbar für ihre deutlichen Worte. Die Infektionsgefahr lauert drinnen und nicht draußen, was nicht bedeutet, dass Menschen nicht auch draußen Kontakte begrenzen sollten, Abstand halten und auf das Umarmen und Küsschen geben vorläufig weiter verzichten müssen. Aber dann konzentrieren wir uns doch darauf, den Menschen diese Regeln nahezulegen und ihnen auch dafür ein Stück Freiheit nach dem langen Winter und dem bisher durchwachsenen Frühling zurückzugeben.
Das wäre aus meiner Sicht verantwortliche Politik, statt autoritärer Symbolik, die Menschen ohne Obdach völlig aus den Blick verliert.
Ich will an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Die Ausnahme für Obdachlose, wie wir sie hier in Berlin immer hatten, wenn wir Ausgangsbeschränkungen erlassen haben, fehlt in diesem Bundesgesetz. Das finde ich einen Skandal.
Aus all diesen Gründen hat Die Linke gestern im Bundestag dem Gesetz nicht zugestimmt und aus all diesen Gründen hätten wir es gern gehabt, dass Berlin den Vermittlungsausschuss anruft. Nicht, um das Gesetz zu Fall zu bringen, sondern um es wirkungsvoller und auch nachvollziehbarer zu machen. Aus diesem Grund unterstützen wir auch die Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen dieses Gesetz. Das unterscheidet uns von anderen hier im Saal.
[Beifall bei der LINKEN –
Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) –
Frank-Christian Hansel (AfD): Nicht von uns, Kollege!]
– Deutlich von Ihnen!
Die Pandemiebekämpfung der Bundesregierung zeichnet sich vor allem durch eines aus: fehlende strategische Weitsicht. Das Infektionsschutzgesetz ist nur ein weiterer Pflasterstein auf dem langen Weg des Versagens.
Manche sagen auch: Erst hatten sie Pech und dann kam auch noch Unvermögen dazu.
Pech war es vielleicht, dass uns in der gerade auslaufenden zweiten Welle Ende Februar die britische Mutation ereilte, die nicht nur ansteckender ist, sondern auch bei Jüngeren häufiger zu schweren Verläufen führt. Doch auch hier war schon einiges an Unvermögen dabei. Die Existenz der Mutante war bekannt, es gab aber kaum Maßnahmen, um ihre Einschleppung wenigstens zu verzögern. Es brauchte Tage, bis beispielsweise der Grenzverkehr nach Tschechien und Tirol eingeschränkt wurde, obwohl dort die Zahlen längst durch die Decke gingen. Offenbar war nichts dafür vorbereitet, obwohl man es seit Wochen ahnen konnte.
Über das Unvermögen, die Antigentests als Selbsttests zur Verfügung zu stellen, ist hier schon gesprochen worden in diesem Haus. Wir freuen uns, dass nun nach einem halben Jahr endlich ein Vorschlag umgesetzt wird, dass Menschen eine Schulung besuchen und dann als geschultes Personal andere Menschen testen oder Selbsttests anleiten können. Nur, wie lange hat das gedauert? Wo war da die Schnelltest-Taskforce bestehend aus Scheuer, Andi, dem Mauthelden, und Jens Spahn, den Spendensammler?
Jetzt kommt die CDU hier im Haus um die Ecke und fordert den Senat auf, Tests zum Selbstkostenpreis an die Berliner Betriebe abzugeben. War das nicht eine Aufgabe der Taskforce? Wo ist Ihr Antrag im Bundestag dazu?
Auch was die rasche Bereitstellung von Impfstoffen angeht, wurde bereits viel geredet, und nicht mal Trump hat sich darauf verlassen, dass die Unternehmen das schon irgendwie alleine regeln, sondern viel Geld bereitgestellt, um entsprechende Produktionskapazitäten aufzubauen.
Und nur, weil es jetzt im Moment besser läuft, heißt es doch noch nicht, dass alles gut ist. Deshalb finde ich es richtig, dass sich Deutschland auch um die Lieferung von Sputnik V bemühen sollte, damit er einsetzbar ist, wenn er von der EMA zugelassen wird. Aber es kann doch nicht wahr sein, dass jetzt jedes Bundesland einzeln anfängt, hier zu verhandeln und Abkommen zu schließen. Wo ist denn hier das so wichtige bundeseinheitliche Vorgehen? Herr Spahn, der selbst vor Wochen angekündigt hat, dies endlich tun zu wollen, soll endlich seinen Job machen. Und ja, solange der Spendensammler nicht aus dem Knick kommt, finde ich es auch richtig, wenn die Länder, die den Impfstoff dringend brauchen, Interesse anmelden. Berlin sollte das auch tun, Interesse bekunden. Vorbehalte dagegen zu stellen, halten wir als Linke für falsch, nur weil dieser Impfstoff in Russland entwickelt wurde.
Vielleicht schafft der Bundesgesundheitsminister es ja, die Interessenbekundungen der Länder zu bündeln und eine gemeinsame auf den Weg zu bringen. Der Hahnenkampf bei der Union ist ja jetzt ausgefochten, auch wenn die Berliner CDU auf der Verliererseite war.
Der skandalöseste Fall an mangelnder Weitsicht ist für mich aber, dass die Bundesregierung zusammen mit den westlichen Industrieländern weiterhin die temporäre Freigabe der Impfpatente blockiert. Wir haben hier im Haus im März dazu beschlossen, im Übrigen. Beantragt hatte die Freigabe nach dem TRIPS-Abkommen Indien. Indien verfügt über eine große Kapazität zur Impfstoffproduktion. Indien verfügt aber nicht über ausreichend Impfstoff. Gestern vermeldete Indien über 300 000 Neuinfektionen, an einem Tag! Aus Indien stammt eine weitere Mutation, über deren Infektiosität und mögliche Resistenz gegen die Impfstoffe wir momentan noch nicht viel wissen. Ich finde, diese Haltung der westlichen Industrieländer gefährdet uns alle. Ich finde, es ist hierzulande skandalös ruhig darum.
Abschließend zu weiteren Verordnungen, die uns hier vorliegen: Als Linksfraktion begrüßen wir, dass die Besuchsregelung in den Pflegeeinrichtungen jetzt erweitert wird, von einer Stunde pro Tag für eine Person auf zwei Stunden pro Tag pro Person drinnen und auf zwei Personen draußen. Das kann jedoch nur ein erster Schritt sein. Als Linksfraktion würden wir die Verantwortung für diese Regelung gern an die Träger geben, die vor Ort sicher die beste Entscheidung für ihr Personal und die Bewohnerinnen treffen können.
Richtig ist aus unserer Sicht, dass eine nachgewiesene vollständige Impfung nach 15 Tagen einem negativem Testergebnis gleichgestellt wird. Das eröffnet Perspektiven. Notwendig ist aber auch, dass Genesene nach Antikörpernachweis ebenso einbezogen werden.
Präsident Ralf Wieland:
Herr Abgeordneter! Kommen Sie bitte zum Schluss!
Carsten Schatz (LINKE):
Wir müssen jetzt auch darüber reden, wie die Regelungen aussehen sollen, wenn wir den Bereich der Notbremse hoffentlich bald verlassen, was draußen ermöglicht werden kann, wie Schule ohne Leistungsdruck kreativ und unter Einbindung der Schulkonferenz eigene Lösungen auf den Weg bringen kann, um gemeinsames Lernen und soziale Kontakte zu ermöglichen, wie wir die Testfrequenzen deutlich erhöhen, über den einen Bürgertest die Woche hinaus, denn Wirkung entfaltet ein gutes Testregime erst, wenn regelmäßig und in kleinen Abständen getestet wird, wie wir eine effektive und möglichst elektronisch gestützte, datenschutzkonforme Kontaktverfolgung sichern können, um Infektionsketten schnell zu durchbrechen, wie wir mehr und schneller impfen können, um endlich aus der Pandemie herauszukommen, und wie wir nachhaltig an der Widerstandsfähigkeit oder Resilienz unserer Stadt arbeiten, um kommende Krisen besser zu bestehen.
Über all diese Fragen müssen wir diskutieren, auch hier in diesem Haus. Absehbar bleibt es dabei: Wir alle sind angehalten: Halten wir Abstand zueinander, tragen wir medizinische Masken, halten wir uns an Hygieneregeln, nutzen wir die Corona-Warn-App, Lüften wir regelmäßig, wenn wir uns drinnen aufhalten, und vor allem, halten wir die Zahl unserer physischen Kontakte zu anderen Menschen klein und überschaubar. Bei Letzterem kann auch ein kleines Notizbuch oder die Corona-Warn-App helfen. – Ich danke Ihnen!