Islamischer Religionsunterricht

Dieser Antrag ist populistisch, will manipulieren und ist – einfach gesagt – überflüssig.

Rede als Video

Aus dem Vorab-Wortprotokoll

6. Sitzung, 16. Februar 2017

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 27

Islamischer Religionsunterricht – für Integration, gegen Radikalisierung

Antrag der AfD-Fraktion
Drucksache 18/0142

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der FDP
Drucksache 18/0142-1

 

Regina Kittler (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag ist offensichtlich der Versuch, den Beschluss des Stuttgarter Parteitages der AfD mit der Botschaft „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ umzusetzen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD –
Stefan Franz Kerker (AfD): Richtig so!]

Er ist populistisch, will manipulieren und ist – einfach gesagt – überflüssig.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN –
Stefan Franz Kerker (AfD): Breitscheidplatz!]

§ 13 Schulgesetz und die entsprechende AV regeln Punkt I bereits, und das wissen die Einreicher selbstverständlich auch. Sie zitieren ja auch teilweise aus diesen. Frau Bentele hat das jetzt schon ausführlich erklärt, das muss ich gar nicht wiederholen.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Hat Mutti
so angeordnet!]

– Können Sie sich mal ein bisschen benehmen?

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –
Stefan Franz Kerker (AfD): Ja, wir benehmen uns!]

Das Schulgesetz gilt für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die zum Unterricht zugelassen werden. Insofern ist auch der FDP-Änderungsantrag überflüssig. Er fordert das, was längst geregelt ist. Der AfD geht es natürlich nicht um alle, sondern nur um eine, die des Islam. Begründung findet das in ellenlangen Zitaten aus dem Koran. Das Gleiche hat der Kollege hier vorhin auch gemacht. Die Frage ist: Wieso beschränken Sie sich eigentlich darauf? – Ach so, ja, weil der Islam ja angeblich nicht zu Deutschland gehört! – Sie konstruieren eine Sonderstellung des Islam, die er nicht hat.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Sie haben es
sich selbst zuzuschreiben!]

Koranverse sollten genau wie Bibelverse oder andere Auszüge religiöser Schriften grundsätzlich immer von den Lehrenden kommentiert und im Kontext vermittelt bzw. erklärt werden. Wir reden hier über Texte, die über 3 000 Jahre alt sind. Sie wurden zu zum Teil martialischen Zeiten geschrieben – was man auch nachlesen kann – und das gilt eben auch für Bibel, Tora oder Koran.

[Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Aufgaben der Vermittlung religiöser Inhalte auf Basis von religiösen Quellen und deren Anwendung auf die Gegenwart bzw. die Bedeutung für das alltägliche Leben und Miteinander in Deutschland und in Berlin gehören zu den religionspädagogischen Grundaufgaben. Dass dies im Sinne des Rechtsstaates geschieht, ist, wie eingangs erläutert, durch Schulgesetz und AV gesichert. Ich könnte Ihre Begründung jetzt Stück für Stück auseinandernehmen, aber wir haben heute noch Wichtigeres zu tun, deshalb beschränke ich mich auf einige Punkte. So soll der Koran – und nur dieser – unter anderem auf Tötungs- und Kriegsaufrufe, religiöse Diskriminierung, Volksverhetzung und Rechtsdefizite bei der Behandlung von Frauen untersucht werden. Abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, dass genau nach diesen Kriterien die Untersuchung von Aussagen von AfD-Mitgliedern wie Gauland, Höcke und Storch

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD]

oder auch so mancher Vertreter der Berliner AfD alarmierende Ergebnisse erbringen würde, empfehle ich dem Verfasser des Antrags, sich auch mal mit der Bibelexegese zu beschäftigen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wir hatten die Aufklärung! Was reden Sie denn da? –
Zurufe von Marcel Luthe (FDP) und
Stefan Franz Kerker (AfD)]

Wie wäre es zum Beispiel mit dem Alten Testament, Buch Jesaja, Kapitel 13, Vers 16? Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:

Es sollen auch ihre Kinder vor ihren Augen zerschmettert werden, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen geschändet werden.

Grundgesetzkonform?

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Gläser? 

Regina Kittler (LINKE):

Nein, meine Zwischenfrage ist vorhin auch abgelehnt worden.

[Ronald Gläser (AfD): Herrr Saleh! Sie wissen
es doch besser!]

Oder wie wäre es denn hiermit? Ich zitiere:

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Aber in den Städten dieser Völker, die dir der HERR, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, sondern an ihnen den Bann vollstrecken lassen, nämlich an den Hetitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hiwitern und Jebusitern, wie dir der HERR, dein Gott, geboten hat.

5. Buch Mose, Kapitel 20, Verse 16 und 17. – Grundgesetzkonform?

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD –
Frank-Christian Hansel (AfD): Wir hatten
die Aufklärung! Völlig daneben!]

Ich höre mal hier auf, ich könnte das jetzt endlos fortsetzen mit Zitaten zur Unterordnung von Frauen unter Männer, zur Tötung Homosexueller usw. usf., und zwar sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Testament.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Richtig!]

Ich lasse das. Sollen die Abgeordneten der AfD das mal selber tun. Lesen bildet ja bekanntlich.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD –
Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Dass der Koran schon deshalb Teufelswerk ist, weil sich Attentäter auf ihn gerufen, da muss ich Ihnen leider sagen: Auch buddhistische Mönche in Myanmar sind – angeblich im Auftrag des Glaubens – zu Mördern geworden, übrigens an Muslimen.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Frau Abgeordnete! Sie müssen bitte zum Ende kommen. 

Regina Kittler (LINKE):

Der Ku-Klux-Klan beruft sich auf die Bibel. Und selbst US-Präsident Busch hat seine Kriegserklärung gegen den Irak 2003 unter anderem mit einer ihm persönlich von Gott gestellten Aufgabe begründet.

[Zuruf von Florian Kluckert (FDP)]

Letztlich haben alle Religionen das Potenzial, missbraucht und missinterpretiert zu werden.

[Holger Krestel (FDP): Sie haben einen blinkenden
Redeknopf, den Sie nicht beachten!]

Und beim Missinterpretieren kennt sich die AfD postfaktisch total aus. Ich würde sagen: Wir lehnen beide Anträge ab.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN –
Holger Krestel (FDP): Sie hat minutenlang
das Blinklicht ignoriert!]

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