Jahresbericht 2007 des Rechnungshofs von Berlin

Konsequenzen aus dem Jahresbericht 2007 des Rechnungshofs von Berlin

13. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin - Bericht zum Jahresbericht 2007 des Rechnungshofs von Berlin gemäß Artikel 95 der Verfassung von Berlin und § 97 der Landeshaushaltsordnung Rede des Abg. Stefan Liebich

Stefan Liebich (Linksfraktion):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion bei Herrn Dr. Harms, seinem Vizepräsidenten, den Direktoren und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit im Interesse des Landes ganz herzlich!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Sie geben uns, dem Parlament, aber auch dem Senat wichtige Hinweise für unsere Arbeit, Sie zeigen Missstände auf, und das ist insbesondere für Regierungsparteien nicht immer schön. Manchmal tut das auch richtig weh. Wir hier im Haus und der Senat haben die Verantwortung, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Das werden wir auch tun.

Herr Goetze! Das soll auch so bleiben. Wir wollen kein Verfahren einführen, nach dem der Rechnungshof selbst die Konsequenzen zieht. Das ist in unserem demokratischen System zu recht nicht vorgesehen. Die parlamentarischen Mehrheiten – wer auch immer sie bildet – werden die Entscheidungen treffen.

Zweitens, Herr Goetze: Den Hinweis, es sei ganz schlimm, dass die Koalitionsmehrheit einen Vorschlag, wonach der Rechnungshof irgendetwas prüfen möge, nicht folgt, finde ich übertrieben. Wir können dem Rechnungshof nicht verbieten, das zu prüfen, was er für richtig hält. Verbreiten Sie bitte nicht diesen Eindruck!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Außerdem ein kleiner Hinweis: Ich kann mich noch an die alten Rechnungshofberichte erinnern, die der Rechnungshofpräsident Gryszyk über den Diepgen-Senat geschrieben hat. Darin standen auch nicht nur Bienchen für die damalige Koalition.

Ein Wort an Herrn Jotzo: Sie haben einfach die Einsparsumme genannt, die der Rechnungshof für möglich hält, und sagten, alles, was nicht erfolgt sei, sei verpulvert worden. Diese These halte ich für gewagt. Keine Fraktion hier im Haus könnte unterschreiben, dass sie alle Vorschläge des Rechnungshofs umsetzen würde. Würde die CDU die Sportförderung kürzen? Würde Herr Lehmann den Sonderfahrdienst einstellen, wie es der Rechnungshof vorschlägt? Würden die Grünen die Ausstattung der Bibliotheken reduzieren? – Das würden Sie alle nicht tun. Deshalb gibt es aus gutem Grund ein demokratisches System, nämlich dass wir über die Vorschläge beraten und dann darüber entscheiden.

[Beifall bei der Linksfraktion –
Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Rechnungshof meint, bei der Umsetzung des SGB II – damit ist die rot-grüne Hartz-Reform gemeint – werde in Berlin rechtswidrig gehandelt, wodurch erhebliche Nachteile für den Landeshaushalt entstünden. Klar ist: Was dazu von der rot-roten Mehrheit entschieden wurde, war politisch gewollt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir fanden die Hartz-Gesetze falsch. Das Land Berlin hat den Hartz-Reformen nicht zugestimmt. Wir wollen keine Massenumzüge in Berlin.

Präsident Walter Momper:

Herr Kollege Liebich! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jotzo?

Stefan Liebich (Linksfraktion):

Das tue ich gerne!

Präsident Walter Momper:

Bitte, Herr Kollege Jotzo, Sie haben das Wort!

Björn Jotzo (FDP):

Vielen Dank, Herr Liebich! – Meinen Sie, dass die vom Landesrechnungshof gerügten Sachverhalte hier abschließend sind – insbesondere in ihrer Summe?

Präsident Walter Momper:

Bitte schön, Herr Liebich!


Stefan Liebich (Linksfraktion):

Dass sie abschließend sind?

Präsident Walter Momper:

Abschließend – dass das also alle sind! – So verstehe ich das.
[Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Stefan Liebich (Linksfraktion):

Nein, keineswegs! Bei intensiverem Suchen würde man selbstverständlich noch auf weitere Hinweise stoßen.
Aber das ist keine Antwort auf die eigentliche Frage. Ich frage Sie, die Kollegen und Kolleginnen von der FDP, einfach mal zurück: Vorhin hat Herr Lehmann gemeinsam mit Herrn Hoffmann große Krokodilstränen über kleine Fehler beim Sonderfahrdienst geweint. Der Rechnungshof schlägt vor, auf dieses System zu verzichten. Das kann er vorschlagen, denn woanders gibt es das nicht. Aber das wollen Sie doch nicht. Herr Lehmann! Sie können ruhig einmal sagen, dass Sie das nicht wollen. Das ist doch gut.

[Beifall bei der Linksfraktion –
Vereinzelter Beifall bei der SPD –
Heiterkeit]

Sie wollen das nicht, und deshalb werden wir auch nicht allen Vorschlägen des Rechnungshofs folgen. Deswegen ist auch nicht sinnvoll, einfach eine Summe zu nennen und festzustellen: Alles, was man so macht im Land Berlin – die Sammlung von Bioabfall, Bibliotheken, Telebus, Ausführungsvorschriften zum Wohnen –, ist verpulvert. – Damit müssen wir uns schon politisch auseinandersetzen.

Der Rechnungshof weist auch darauf hin, dass die niedrigen Investitionsausgaben des Landes Berlin als dauerhafte Strategie so nicht beibehalten werden können. Das ist ein wichtiger Hinweis, und da hat er auch recht. Er sagt nicht, dass es in der Vergangenheit falsch war, diese Entscheidung zu treffen, aber wir müssen uns fragen, ob es auf Dauer für die Wirtschaft in Berlin ein sinnvoller Weg ist. Ich finde auch den Verweis darauf richtig, dass die Sanierung von Schulen und Sportanlagen fortgesetzt werden muss.

Dann kommt es zu einem Fazit: Die Gesamtverschuldung des Landes Berlin bleibt besorgniserregend. Sie führt weiter zu einer hohen Zinsbelastung. Eine konsequente Fortsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen und die Umsetzung der mit der Finanzplanung – ich sage es hier noch einmal – des rot-roten Senats vorgesehenen Einnahme- und Ausgabeziele bleiben Mindestvoraussetzung, um eine Sanierung des Landeshaushalts zu ermöglichen. – Insofern ist der Landeshaushalt bei Rot-Rot offenkundig in guten Händen.

[Beifall bei der Linksfraktion –
Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Einen kleinen Ausflug macht der Rechnungshof auch zu der hier diskutierten Föderalismusreform. Er verweist auf die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters, dass die Föderalismusdebatte von hoher Bedeutung ist, und sagt, dass die Finanzminister der Auffassung sind, dass diese Föderalismusreform zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen beitragen muss. Nun frage ich die drei kleinen Föderalismusexperten, die kürzlich bei Herrn Oettinger waren, ob sie bei dem pompösen Frühstück überhaupt gemerkt haben, was ihnen angedreht werden soll:

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Ha!]

Es ging nämlich nicht um ein Geschenk, sondern es wurden Entscheidungen zulasten des Landes Berlin vorgeschlagen, und gerade damit werden nicht die Vorschläge des Rechnungshofs berücksichtigt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir werden die Vorschläge des Rechnungshofs in bewährter Weise und durchaus konsensorientierter als in manch anderen Ausschüssen im Haushaltskontrollausschuss beraten und dann die richtigen Entscheidungen treffen. – Ich bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]