Abstand nehmen von elektronischer Fußfessel

Ich finde dieses Instrument zur Verhinderung von Terroranschlägen nicht geeignet. Deswegen glaube ich nicht, dass wir so etwas brauchen.

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Aus dem Vorab-Wortprotokoll

7. Sitzung, 9. März 2017

lfd. Nr. 6:

Zweiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 18/0166

Erste Lesung

 

Niklas Schrader (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was bedeutet die elektronische Fußfessel für sogenannte Gefährder? –

[Zuruf von der AfD: Man weiß, wo sie sind!]

Sie bedeutet, viele Menschen, von denen wir nicht wissen, ob sie jemals eine Straftat begehen werden, müssen einen GPS-Sender an ihrem Körper tragen. Nach Ihrem Antrag wäre das aufgrund einer Prognose weit im Vorfeld von der Begehung von Straftaten möglich und zwar entweder – Her Dörstelmann hat es bereits beschrieben –, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass diese Person eine terroristische Tat begehen wird – okay, das wären zumindest Tatsachen – oder aber, wenn ein nicht näher definiertes – das ist jetzt ein Zitat aus Ihrem Text – „individuelles Verhalten eine konkrete Wahrscheinlichkeit“ begründet. Da frage ich mich schon, was soll dieses individuelle Verhalten sein? Dass jemand das Wort „Bombe“ googelt ? Wir hoch soll die Wahrscheinlichkeit sein? Das ist doch völlig spekulativ. Deswegen finde ich, diese Formulierung ist für so einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte nicht hinreichend bestimmt.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Im Grunde ist es ein Blick in die Glaskugel. Gerade der Fall Amri hat gezeigt: Es ist richtig schwer zu bewerten, ob jemand eine Gewalttat plant oder nicht.

[Harald Laatsch (AfD): Wollen Sie auf
den Knall warten?]

Dazu kommt noch: Nach dem, was wir bis jetzt wissen, wäre so etwas gegen Anis Amri gar nicht angeordnet worden, weil man ihn damals gar nicht als gefährlich eingestuft hat. Und selbst wenn: Man muss sich schon mal überlegen, was die Wirkung einer solchen Maßnahme ist. Was bringt das?

Präsident Ralf Wieland:

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage? 

Niklas Schrader (LINKE):

Nein, ich möchte keine Zwischenfrage.

[Karsten Woldeit (AfD): Nicht in der ersten Liga!]

Eine elektronische Fußfessel ist ja nichts weiter als ein Peilsender, der Alarm auslösen kann. Den kann man ablegen, aus dem Fenster werfen oder auch dranlassen und eine Straftat begehen. Glauben Sie wirklich, ein Attentäter wie Anis Amri hätte sich von so etwas abhalten lassen? Ich finde dieses Instrument zur Verhinderung von Terroranschlägen nicht geeignet. Deswegen glaube ich nicht, dass wir so etwas brauchen.

[Beifall bei der LINKEN]
[Vereinzelter Beifall bei der SPD,
den Grünen und der FDP]

Es gibt Alternativen. Wenn ein Gericht anerkennt, dass es Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Straftat gibt, dann können eine Observation, eine Telekommunikationsüberwachung und vieles mehr stattfinden. Da muss man natürlich dafür Sorge tragen, dass solche Maßnahmen auch effektiv durchgeführt werden. Das hat zum Beispiel Ihr Kollege Henkel nicht hingekriegt, Herr Dregger. Und auch hier hat der Fall Amri gezeigt: Es gibt genug Instrumente, um gegen Terrorverdächtige vorzugehen. Man muss sie dann eben auch anwenden.

[Beifall von Dr. Hans-Joachim Berg (AfD)]

Aber so ein Placebo wie die Fußfessel bringt wenig. Deswegen sollten wir davon Abstand nehmen. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]