Aufsichtsrat der Flufhafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB)

Harald Wolf

Ich stelle es immer wieder fest: Wenn die Fraktion der CDU in der Opposition ist, setzt in Sachen politischer Verantwortung Amnesie ein. Das war im Jahre 2002 nach dem Bankenskandal so – da wusste keiner mehr etwas davon; es saßen übrigens lauter Experten im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft –, und es ist jetzt in Sachen Flughafen so.

Rede als Video

Aus dem Vorab-Wortprotokoll

7. Sitzung, 9. März 2017

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 16

Aufsichtsrat der FBB qualifizieren – endlich externen Sachverstand stärken!

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 8. Februar 2017
Drucksache 18/0148

zum Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 18/0107

 

Harald Wolf (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle es immer wieder fest: Wenn die Fraktion der CDU in der Opposition ist, setzt in Sachen politischer Verantwortung Amnesie ein.

[Beifall bei der LINKEN]

Das war im Jahre 2002 nach dem Bankenskandal so – da wusste keiner mehr etwas davon; es saßen übrigens lauter Experten im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft –, und es ist jetzt in Sachen Flughafen so. 

Herr Evers! Nach diesem Redebeitrag hätte es, meine ich, die politische Redlichkeit erfordert festzustellen, dass für Ihre Partei der Kollege Henkel fünf Jahre im Aufsichtsrat saß. Und seine Aufgabe war nach meiner Kenntnis nicht, den Stuhl für Experten warmzuhalten, sondern die Aufgabe eines Aufsichtsrats wahrzunehmen. Deshalb trägt er die Verantwortung für das, was in den letzten fünf Jahren schiefgelaufen ist!

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Präsident Ralf Wieland:

Kollege Wolf! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Evers? 

Harald Wolf (LINKE):

Gerne!

[Udo Wolf (LINKE): Fragen kann er viel! –
Zuruf von der LINKEN: Wo ist Herr Henkel?]

Stefan Evers (CDU):

Zunächst einmal interessiert mich, ob Sie anzuerkennen in der Lage sind, dass man in einer Koalition auch Kompromisse einzugehen gezwungen ist, die einem nicht schmecken. Ich vermute, so etwas erleben Sie gar nicht unter Rot-Rot-Grün, und zum Zweiten, ob Sie – und das ist dann wieder eine Frage der politischen Redlichkeit – nicht auch der Meinung sind, dass man aus den Fehlern der vergangenen Jahre hätte lernen können, müssen und sollen.

Harald Wolf (LINKE):

Bei dem letzten Punkt stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu, aber ich kann nicht erkennen, dass der Kollege Henkel das getan hat.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Denn es wurden ja Fehler in der Vergangenheit gemacht. Und da ist mir nicht bekannt geworden, dass er irgendeine Initiative unternommen hat. Zum Zweitens weiß ich, dass man in Koalitionen auch Kompromisse eingehen muss. Ich weiß aber auch, wenn der Kollege Henkel gesagt hätte: Ich gehe nicht in den Aufsichtsrat. –, der Kollege Wowereit und der Kollege Müller keine Zwangsmittel zur Verfügung gehabt hätten, um ihn dazu zu verurteilen. Da gibt es keine Koalitionsraison. Da gibt es keinen Koalitionszwang. Das ist immer noch eine Entscheidung des Ressorts. Ich habe auch in den ganzen Jahren, in denen Sie in der Regierung waren, nicht erkennen können, dass Sie öffentlich gesagt hätten, dass da jetzt Experten rein müssen. Das hätten Sie ja wenigstens mal deutlich machen können. Diese Erkenntnis ist Ihnen offensichtlich jetzt erst gekommen, nachdem Sie mit alledem nichts mehr zu tun haben,

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

was übrigens nicht ganz stimmt, da nach meiner dunklen Erinnerung das dienstälteste Mitglied des Aufsichtsrats der CDU-Staatssekretär in der Bundesregierung Herr Bomba ist. Wo sind da die Experten?

Aber Sie glauben ja an das Allseligmachende, wenn man ganz viele Experten in den Aufsichtsrat schickt. Ich halte das für einen Irrglauben. Die Erfahrung spricht dagegen. Ich habe vorhin schon das Beispiel der Bankgesellschaft Berlin genannt. Da saß die crème de la crème der deutschen Wirtschaft. Was ist dabei herausgekommen? – Der größte Bankenskandal, den es bis dahin gegeben hat! Anschließend gab es noch größere; da saßen auch Experten aus der freien Wirtschaft drin. Ich sage: Situation der Deutschen Bank, Airberlin, und ich könnte die Liste noch weiter fortführen.

Nun sind auch Politiker keine Garantie dafür, dass es gut und vernünftig läuft. Wir müssen uns nur darüber unterhalten, was die Aufgabe eines Aufsichtsrates ist. Und ich sage: Wir brauchen Experten bei Planung und Bau. Da stelle ich die Frage: Was haben die Experten, die reihenweise auf diesem Flughafen herumspringen, bei Planung und Bau getan? Glauben Sie, irgendein Experte im Aufsichtsrat, irgendjemand von außerhalb, aus der Wirtschaft, hätte feststellen können, dass bei dem Umbau der Sprinkleranlage jetzt die Zuleitung zu klein ist? – Nein, das ist operatives Geschäft. Das hätten die Planer, das hätten die Bauleute im Prozess erkennen müssen. Das ist doch kein Thema, das im Aufsichtsrat diskutiert wird. Jetzt hören Sie auf mit dieser Quatschdiskussion,

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN]

sondern lassen Sie uns mit den ernsthaften Problemen dieses Flughafens beschäftigen.

Präsident Ralf Wieland:

Herr Kollege Wolf! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe?

Harald Wolf (LINKE):

Ich lasse die Zwischenfrage des Kollegen Luthe zu. 

Marcel Luthe (FDP):

Lieber Herr Wolf! Stimmen Sie mir zu, dass die Aufgabe eines Aufsichtsrats die Auswahl und Kontrolle der jeweiligen Führungspersönlichkeiten einer Gesellschaft ist, und er insofern tatsächlich nicht dafür verantwortlich ist, wenn technisch irgendetwas nicht funktioniert, aber er doch reagieren und kontrollieren muss, dass das Personal, das er dafür einsetzt, die Arbeit auch tatsächlich machen kann?

Harald Wolf (LINKE):

Ich stimme Ihnen insofern zu, als der Aufsichtsrat zuständig ist für die Besetzung der Vorstandspositionen. Der Aufsichtsrat ist nicht zuständig für die Besetzung der zweiten, dritten oder vierten Führungsebene. Das ist operative Verantwortung. Darüber, glaube ich, sind wir uns alle einig, und das ist Corporate Governance, das müsste man eigentlich wissen.

Worum geht es jetzt? Das, was wir verlangen und erwarten, ist, dass jetzt wirklich vor dem Hintergrund des Gutachtens, das ist in der Presse erwähnt worden ist, eine klare Bestandsaufnahme gemacht wird, dass wir berichtet bekommen, welche Probleme noch existieren, sowohl im Baugeschehen als auch möglicherweise in der Bauorganisation und im Bauablauf, und welche Maßnahmen ergriffen werden, um diese Mängel abzustellen. Das ist das Thema, über das wir diskutieren müssen, das angegangen werden muss und von dem wir erwarten, dass wir hierzu möglichst zeitnah Informationen bekommen. Wir werden sicherlich über den Beteiligungsausschuss und das Parlament insgesamt die entsprechenden Informationen einfordern und erwarten, dass dann auch Konsequenzen gezogen sind.

Ich will hier noch einen Punkt ansprechen. Sie haben es angesprochen: Jetzt den Kampf um Tegel zu führen, ist doch völlig absurd. Sie wissen genau, welche Probleme dabei existieren, welche rechtlichen Probleme dabei auftauchen, und dass es eine klare Verabredung gibt: Wir wollen die innerstädtischen Flughäfen schließen. Wir wollen, dass Hunderttausende im Berliner Nordosten vom Fluglärm entlastet werden, und wir wollen, dass der BER endlich fertiggestellt wird. Wenn der BER fertiggestellt wird, wird er auch die ausreichende Kapazität haben, um das Flugaufkommen in Berlin zu bewältigen. Das ist unsere Zielsetzung. Dazu stehen wir, und dazu erwarten wir demnächst klare Aussagen vonseiten der politisch Verantwortlichen sowohl von der Flughafengesellschaft als auch vonseiten des Senats.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN]

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