Bericht des Petitionsausschusses 2020

Kristian Ronneburg
Demokratie und BürgerbeteiligungKristian Ronneburg

79. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 20. Mai 2021

Zu "Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 2020"

Kristian Ronneburg (LINKE), Vorsitzender des Petitionsausschusses, Berichterstatter:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe gedacht, wir legen eine Pause ein, aber ich denke, das werden wir auch so hinbekommen.

Es ist mir auch in diesem Jahr eine große Ehre, Ihnen den Jahresbericht des Petitionsausschusses vorzustellen. Es ist auch das letzte Mal in dieser Wahlperiode, dass ich Ihnen diesen Bericht vorstelle. Gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Bemerkung: Ich möchte mich zuallererst für die gemeinsame vertrauensvolle Arbeit in den vergangenen fast fünf Jahren ausdrücklich bedanken.

Ich bedanke mich sehr bei Herrn Bosenius, Frau Albers und allen Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren, und viele bereits auch seit Jahrzehnten, im Petitionsausschuss arbeiten und damit Tag für Tag da sind für die Bürgerinnen und Bürger. Sie alle machen diese Arbeit mit Herzblut. Das kann man mit Fug und Recht behaupten. Ich finde es auch immer wieder beeindruckend, mit welcher Hartnäckigkeit, Genauigkeit und Leidenschaft sie nach Jahrzehnten dieser Arbeit nachgehen.

Das Gleiche gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, denn einige arbeiten auch schon sehr lange in diesem Ausschuss mit: Herr Kugler als mein geschätzter Vorgänger als Ausschussvorsitzender, Frau Kofbinger, Herr Freymark, Herr Schaddach. Und ich denke, es ist auch nachvollziehbar, wenn man Abgeordnete oder Abgeordneter ist, in diesem Ausschuss arbeiten zu wollen, denn man kann in vielen Fachgebieten und auch bei lokalen Anliegen wirklich etwas für die Menschen konkret erreichen.

Und wenn ich einen Wunsch frei habe, dann wünsche ich dem neuen Abgeordnetenhaus Mitglieder im Petitionsausschuss, die diese Sachorientierung leben, die Arbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern wirklich schätzen und ausleben. Das kann man im Ausschuss sehr gut machen. Ich hoffe nicht, dass er eines Tages zum Hort des Parteienstreits werden sollte. Der Petitionsausschuss ist ein Ort der sachlichen Zusammenarbeit, und das schätzen alle Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen.

Wir alle sind Kümmerer im besten Sinne, auch wenn wir nicht immer allen helfen können. Das gehört zu unserem Alltag leider auch dazu, und das ist oft schwer zu akzeptieren für die Menschen, die sich an uns wenden. Aber dennoch können Zahlen, auch wenn Zahlen nicht alles sind, sehr eindrücklich die Wirkungsweise und auch den Erfolg unseres Ausschusses untermauern. Wenn Sie die Broschüre noch einmal zur Hand nehmen, können Sie lesen, dass wir in etwa 27 Prozent der Fälle dem Anliegen ganz oder teilweise entsprechen konnten, und in weiteren 46 Prozent der Fälle konnten wir Auskünfte erteilen. Diese Auskünfte sind nicht einfach nur trivial, sondern – dazu komme ich später noch – die können den Menschen, die sich an uns wenden, oftmals sofort weiterhelfen. Jedenfalls ist es immer wieder ein tolles Gefühl, wenn wir Probleme lösen können. Es ist dann sehr erstaunlich, manchmal geht es mit einem Schreiben, und schon werden Verständnisprobleme gelöst. Nicht alle sind firm darin, mit Behörden, mit Ämtern umzugehen, und in manchen Bereichen dauert es sehr lange. Viele Kolleginnen und Kollegen können davon ein Lied singen, wie oft und wie lange wir nachbohren müssen. Das sind vor allem Fragestellungen im Bereich unserer Infrastruktur in der Stadt. Da müssen wir oftmals einen sehr langen Atem haben.

Ärgerlich, und das ist vor allem eine Sache des Ausschusses, ist es dann, wenn man feststellen muss, dass die zuständigen Stellen nicht ordentlich und zielorientiert miteinander reden. Davon gibt es leider immer noch zu viele Beispiele, und das muss sich ändern.

Kommen wir zurück zum Thema Kümmern, denn das ist eigentlich die politische Überschrift in dieser schwierigen Zeit. Die Pandemie ist auch an uns nicht spurlos vorbeigegangen und hat uns vor ganz grundsätzliche Herausforderungen gestellt. Das betrifft natürlich gleichermaßen die Kolleginnen und Kollegen in anderen Ausschüssen, das ist völlig klar, aber wir konnten nicht, wie üblich, jede Woche tagen und auch nicht so intensiv wie sonst Vor-Ort-Termine wahrnehmen. Damit war es uns quasi nicht möglich, vor Ort um Lösungen zu ringen, denn das hat sich schon sehr oft bewährt als ein sehr effektives Mittel, um voranzukommen.

Die Anforderungen sind durch die Pandemie gestiegen. Die hohe Zahl der eingereichten Petitionen ist eindeutig darauf zurückzuführen. Wir hatten eine Zunahme um fast 200 Petitionen gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2019 und damit eine Steigerung von ungefähr 13 Prozent. 2020 verzeichneten wir dann 1 653 Eingaben und 2 258 ergänzende Zuschriften. Nahezu täglich erreichten uns Hilferufe, und die hatten vor allem damit zu tun: Wie geht man konkret in der Lebenssituation mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie um? Als Beispiel: Wir mussten oftmals Unklarheiten oder Widersprüche erklären. Wir mussten oftmals auch Briefe erneut verschicken und Anliegen längerfristig verfolgen, weil sich natürlich auch Entscheidungen verändert haben: hier in diesem Hause wie auch im Senat. Das ist eine sehr dynamische Zeit, in der wir leben, und auch hier kann ein Ausschuss solche Hilfestellungen leisten und dazu beitragen, dass wir konkrete Probleme bei der Bewältigung der Pandemie in den Griff bekommen.

Ein ganz irdisches Problem, ein Problem, das wir alle noch gut kennen, war zu Beginn der drastischen Einschränkungen, dass viele Stellen für die Bürgerinnen und Bürger einfach nicht mehr erreichbar waren. Damit mussten wir uns ganz konkret auseinandersetzen und schauen, die notwendigen Informationen zeitnah einholen zu können. Das sind keine trivialen Fälle nach dem Motto: Es geht im Amt niemand dran –, sondern da geht es beispielsweise um die Auszahlung von Sozialleistungen, um dringende Vorgänge. Da war es sehr wichtig, dass wir Hilfestellung leisten konnten.

Ein weiteres Thema, das uns im Abgeordnetenhaus weiterhin beschäftigt, ist die Einschränkung von Bürgerrechten und Freiheitsrechten. Viele Menschen haben sich dazu bei uns gemeldet, und wir haben immer wieder deutlich gemacht, wie kontrovers, aber auch wie ernsthaft dieses Haus darüber debattiert.

2020 haben wir mehr als 300 Petitionen zu Coronathemen erhalten. Es waren vor allem Petitionen mit Bezug auf gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Folgen der Coronapandemie. Es handelt sich um Probleme, die uns in den letzten Monaten möglicherweise auch selbst getroffen haben – es ging um Einschränkungen von Besuchen in Pflegeheimen und Krankenhäusern, es ging um geschlossene Schulen und Kitas, und es ging zum Beispiel auch um Fragen der Zulässigkeit der Begleitung von werdenden Müttern bei der Geburt. Ein ganz wichtiges Thema war auch die Frage, wie Unternehmerinnen und Unternehmer unterstützt werden, wann sie die Soforthilfen bekommen.

Seit Beginn dieses Jahres haben wir bereits 150 Petitionen erhalten, die ebenfalls mit Corona im Zusammenhang stehen. Wir haben diesbezüglich also weiterhin sehr viel zu tun. Dazu sage ich noch einmal: Dass wir im Vergleich zu den Sitzungen so viele Vorgänge erledigen konnten, ist ein großer Verdienst der Kolleginnen und Kollegen, die für den Petitionsausschuss arbeiten, die uns Abgeordneten die Vorgänge zuarbeiten und Vorschläge machen, wie wir damit umgehen. Ohne sie wäre all das nicht möglich gewesen. Ohne sie wären Berlinerinnen und Berliner möglicherweise auf der Strecke geblieben. Das ist ein ganz toller Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und dafür möchte ich noch einmal ganz herzlich Danke sagen.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich Masseneingaben und Sammelpetitionen, die uns ebenfalls erreicht haben. Masseneingaben gab es in zwei Bereichen. Zum einen ging es um die S-Bahnausschreibung – ein Thema, das das Abgeordnetenhaus seit einiger Zeit beschäftigt –, zum anderen um die Gleichstellung im richterlichen Bereich und die Forderung nach einer angemessenen Besoldung der Beamtinnen und Beamten. Bei Sammelpetitionen ging es u. a. um Fragen wie Sonderzahlungen wegen Corona an Rettungskräfte der Hilfsorganisationen oder um die Entfernung eines Pop-up-Radweges auf der Blaschkoallee.

Die meisten Petitionen haben uns in den Bereichen Soziales, Verkehr und Gesundheit erreicht. Der Gesundheitsbereich ist sehr stark angestiegen; auch im Verkehrsbereich haben wir einen steten Aufwärtstrend, und zwar schon seit Jahren. Meine Prognose lautet, dass das auch weiterhin und noch lange anhalten wird, denn es wird auch im Petitionsausschuss deutlich: Die Berlinerinnen und Berliner ringen um gute Lösungen in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur. Auch künftig werden wir da noch sehr viel zu tun haben.

Zuletzt möchte ich noch zwei Dinge unterstreichen: Unsere Arbeit erfolgt ohne Ansehen der Person, ohne Ansehen des Inhaltes. Wir setzen uns vielmehr mit allen Themen gleichermaßen auseinander, ob sie uns politisch passen oder nicht. Dafür ist der Petitionsausschuss genau die richtige Adresse, denn hier wird nichtöffentlich getagt, Sachen werden verhandelt, und es wird um die besten Lösungen gerungen. Deswegen mein Appell an alle, die Probleme mit Behörden haben, die sich in unser Gemeinwesen mit Vorschlägen einbringen wollen oder auch Vorschläge zur Landesgesetzgebung haben: Der Petitionsausschuss im Abgeordnetenhaus ist die Stelle, an die Sie sich vertrauensvoll wenden können. Alle Kontaktdaten finden Sie auch online und natürlich in dem Bericht, der Ihnen jetzt vorliegt. Ich kann seine Lektüre nur sehr empfehlen, denn er gibt einen Überblick darüber, was Berlin bewegt.

Im Hinblick auf die nächste Legislaturperiode möchte ich betonen, wie wichtig es sein wird, dass der Petitionsausschuss und der oder die künftige Bürger- und Polizeibeauftragte gut zusammenarbeiten. Es muss sichergestellt werden, dass es bei der Qualität der Behandlung der Petitionen keine Abstriche gibt. Hier brauchen wir einen vernünftigen Arbeitsmodus und am Ende auch Klarheit darüber, an wen sich die Bürgerinnen und Bürger wann wenden. Bei diesem Prozess müssen alle mitgenommen werden. Das möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bereich auch künftig Verantwortung tragen werden, mit auf den Weg geben. Ziel sollte es sein, dass Zuständigkeiten klar sind, dass die Bürgerinnen und Bürger sich damit zurechtfinden, dass Petitionen wie heute auch weiterhin zügig bearbeitet werden können und dabei sichergestellt wird, dass die Abgeordneten und der Ausschuss weiterhin als Schnittstelle zwischen Bürger, Verwaltung und Politik fungieren können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

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