Berliner Institut für Gesundheitsforschung landet endlich bei der Charité

62. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 3. September 2020

Zu "Gesetz zur Integration des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung in die Charité – Universitätsmedizin Berlin (BIG-Integrationsgesetz)" (Priorität der Fraktion der SPD)

Tobias Schulze (LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Grasse! Die Uneinigkeit, die Sie uns gerade unterstellt haben, findet an dieser Stelle gerade nicht statt. Wir sind uns hier vollkommen einig, dass die Tatsache, dass das Berliner Institut für Gesundheitsforschung endlich bei der Charité landet, die logische Konsequenz aus den vergangenen Jahren ist, in denen es ein bisschen hin und her ging mit der Entwicklung dieses Instituts. Dass wir das Institut jetzt bei der Charité haben, ist genau richtig, um diesen Prozess – von der Klinik bis zur Anwendung in der Gesundheitsversorgung – gut hinzubekommen. Da werden Sie bei uns keine Uneinigkeit sehen. Da sind wir uns völlig einig. Das Gesetz ist ordentlich gemacht.

Zur zweiten Frage – Exzellenz –: Wir haben natürlich nichts gegen Exzellenz, vielmehr sind wir dafür, dass gute Wissenschaft, gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die entsprechenden Arbeitsbedingungen bekommen, die sie brauchen. Das wird mit dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung auch mittlerweile gewährleistet.

Ich erinnere noch mal daran – ich weiß nicht, wer von Ihnen die Bundesforschungsministerin Annette Schavan noch kennt –: Es war eines ihrer Projekte damals. Sie wollte unbedingt ein Translationsforschungsinstitut irgendwo in der Bundesrepublik ansiedeln, hat sich dann mit dem damaligen Wissenschaftssenator verbündet und dieses Institut auf die Charité aufgesattelt. Das war, wie wir heute wissen, keine ganz glückliche Konstruktion. Wir haben jetzt einen längeren Prozess der Neustrukturierung des Instituts hinter uns und sind froh, dass die Charité dabei die führende Rolle spielt und sich die Translation – und damit auch der Bund – auf den Weg begeben hat, sich dort unterzuordnen, damit die Wissenschaft den Vorrang hat und nicht der Leuchtturm. Die Qualität steht jetzt im Vordergrund und nicht mehr die Frage, ob der Bund hier ein Projekt hat, wo man gelegentlich mal Bänder durchschneiden kann. Das Zusammenwirken beider Einrichtungen ist vielmehr das Entscheidende.

Und ja, der Bund finanziert die Translationsforschung jetzt an der Charité mit 75 Millionen Euro. Das ist ein ordentliches Engagement, und dafür sind wir auch dankbar. Das Wichtigste ist allerdings, dass die Translationsforschung ohne den Riesentanker Charité überhaupt nicht möglich wäre; das muss man auch mal sagen. Der Bund hätte das BIG nicht einfach irgendwo auf die grüne Wiese stellen können, vielmehr brauchten sie damals so einen großen Unikliniktanker wie die Charité, die größte Uniklinik Europas, um die Translationsforschung, all die Übersetzungsleistungen in die Gesundheitsversorgung überhaupt erforschen zu können. Ich glaube, das ist jetzt hier auf einem guten Weg; das ist eine gute Struktur.

Die Kollegen vor mir haben schon erklärt, was Translation eigentlich ist, wie das funktioniert. Ich will daran erinnern, dass zum Beispiel Prof. Drosten einer der ersten Professoren an dem neuen BIG damals war und er jetzt in hervorragender Weise zeigt, wie klinische Forschung und Gesundheitsversorgung miteinander interagieren, wie das ineinander übergeht und er damit auch eine internationale Ausstrahlungskraft erreicht. Wenn wir auf diesem Weg weitergehen, dann, glaube ich, kann das BIG nach den Problemen, die es dort gegeben hat, noch zu einem guten Ende finden.

Ich will noch daran erinnern, dass wir den dritten Bereich Translationsforschung in der Charité jetzt natürlich auch personalmäßig absichern müssen. Es geht da ja auch Personal in die Charité über. Das wird jetzt ein ordentlicher Teil der Hochschulmedizin, worüber ich sehr froh bin, weil wir mit den unterschiedlichen Rechtskonstruktionen immer Probleme haben. Dass das jetzt Teil der Charité wird, ist eine gute Vereinbarung.

Ich will dem Senat, besonders dem Wissenschaftssenator und auch dem Staatssekretär dafür danken, dass sie diese doch lange währenden Verhandlungen mit dem Bund dazu geführt haben. Es war kein leichter Weg; es gab mehrfach auch andere Modelle, die für die Konstruktion des BIG auf der Tagesordnung standen. Dass das Land – die Charité – jetzt das Dach bildet und die Translationsforschung runtergegangen ist, ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt für den Erfolg, und dafür will ich dem Senat noch einmal danken. Die Verhandlungsleistungen mit dem BMBF waren an der Stelle sicherlich außerordentlich und nicht ganz einfach.

Wir haben hier insofern einen weiteren Baustein bei der Gesundheitsstadt-Strategie, der sehr wichtig ist.

Ich will noch eins hinzufügen: Ich habe gestern mit dem Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag über Forschung diskutiert, und ich glaube, wenn wir über Gesundheitsforschung in Berlin diskutieren, dann sollten wir die ärmeren Regionen dieser Welt nicht vergessen. Es wird derzeit viel über genbasierte individuelle Therapien gesprochen; das sind Dinge, die im reichen Europa und im reichen Nordamerika natürlich gut ankommen. Wir sehen aber gerade an Corona, das keine Grenzen kennt, dass wir, wenn wir hier forschen, auch an die Regionen der Welt denken müssen, wo es kein Gesundheitsversicherungssystem wie bei uns gibt, sondern wo die Menschen ganz einfache Dinge brauchen, um gesund zu werden, um gesund zu bleiben. Ich wünsche mir, dass das BIG auch dazu, zu Global Health und internationaler Gesundheitsforschung, seinen Beitrag leistet. – Herzlichen Dank!