Bilanz von Rot-Rot-Grün: Angepackt und geliefert

Anne Helm
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Entlastung von Familien, Bekämpfung von Armut, bezahlbares Wohnen, Kultur für alle und vieles mehr: Die Fraktionsvorsitzende Anne Helm bilanziert in ihrer Rede im Abgeordnetenhaus am 16. September 2021 die vergangene Wahlperiode mit der rot-rot-grünen Regierung.

84. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 16. September 2021

Zur Aktuellen Stunde Berlin vor der Wahl (auf Antrag aller Fraktionen)

Anne Helm (LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fünf Jahre liegen nun hinter uns, in denen das Mitte-Links-Bündnis aus Linken, Grünen und SPD in Berlin regiert. Zu einer Bilanz gehört auch, dass man sich noch mal vergegenwärtigt, wo man eigentlich gestartet ist.

2016 war das Ende der rot-schwarzen Koalition aus SPD und CDU, die man beruhigt als die Regierung der verpennten Aufbrüche bezeichnen kann. Damals wuchs Berlin rasant, aber öffentliche Verwaltung und soziale Infrastruktur waren meilenweit abgehängt. Es gab nicht genug Kitas, es gab nicht genug Schulen, nicht genug Personal im öffentlichen Dienst.

In der CDU-geführten Sozialverwaltung schien es unmöglich zu sein, menschenwürdige Lebensbedingungen für Geflüchtete zu schaffen – oder sie auch nur zu registrieren.

Damals schien das LAGeSo vollständig kollabiert zu sein, und ich habe damals wie etliche andere Berlinerinnen und Berliner ehrenamtlich den Familien geholfen, die tagelang mit ihren Kindern vor der Tür ausharren mussten. Das war die Situation, die wir übernommen haben.

Die damals auch schon längst überfälligen Wenden in der Verkehrspolitik, Umweltpolitik, Klima- und Energiepolitik fielen der Unfähigkeit oder sogar dem Unwillen der damaligen Koalition zum Opfer. Frank Henkel, damals Bürgermeister und Innensenator, der mit angeblich 100 Antworten für Berlin gestartet war, hatte am Ende keine einzige und hielt nicht mal sein Versprechen, die Beamtenbesoldung dem Niveau der anderen Bundesländer anzupassen. Es brauchte erst Rot-Rot-Grün, um das anzupacken und zu erledigen.

Präsident Ralf Wieland:

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Abgeordneten Wild zulassen.

Anne Helm (LINKE):

Nein, herzlichen Dank!

[Heiterkeit bei der LINKEN,
der SPD und den GRÜNEN]

Da müssen jetzt alle schmunzeln. – Als wir mit R2G übernommen haben, standen wir vor den Folgen einer jahrzehntelangen Sparen-bis-es-quietscht-Politik, und die waren: verrottete Infrastruktur und hoffnungslos unterbesetzte Verwaltungen. Wir haben endlich die notwendigen Investitionen getätigt, die Infrastruktur der wachsenden Stadt zukunftsfähig zu machen. Wir haben 10 000 neue Kitaplätze und 20 000 neue Schulplätze geschaffen. Wir haben Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, und wir haben mit der Schulbauoffensive endlich neue Schulen gebaut.

Wir haben das Stromnetz rekommunalisiert, und wir haben übrigens auch ein Versprechen gehalten, noch ein anderes Versprechen des erfolglosesten CDU-Innensenators aller Zeiten, das er vollmundig abgegeben hatte, nämlich endlich mehr Polizeibeamte und mehr Feuerwehrleute einzustellen.

Also auch in dem Bereich können wir festhalten: R2G hat es angepackt und hat geliefert.

Es ist zwar jetzt schon eine Weile her, und viele haben sich inzwischen daran gewöhnt, aber wir waren es auch, die den Preis für das Sozialticket so weit gesenkt haben, dass den Haushalten keine Zusatzkosten mehr dadurch entstehen. Wir haben die Bemessungsgrenze für die Kosten der Unterkunft erhöht, weil wir es nicht hinnehmen, dass sich die Menschen die Miete und das Ticket vom Mund absparen müssen. Und weil wir es nicht mehr hinnehmen, dass Kinder und Jugendliche gestresst und hungrig in den Schulen sitzen, haben wir Schülerticket und Schulessen komplett kostenlos gemacht.

Und weil wir es auch nicht mehr hinnehmen, dass Kinder zu haben das Armutsrisiko erhöht, haben wir für Kita und für die ersten beiden Hortjahrgangsstufen die Gebühren gestrichen, und wenn es nach uns Linken geht, machen wir das auch noch für die Stufen 3 und 4.

Wir haben Familien spürbar entlastet, sodass vielleicht der eine oder andere Kinobesuch mehr drin ist oder man den sehnlichsten Wunsch an den Weihnachtsmann doch noch zum Ende des Jahres erfüllen kann. Auch wenn der Kampf gegen Kinderarmut noch lange nicht gewonnen ist, kann man auch hier sagen: R2G hat es angepackt, und R2G hat geliefert.

Unsere Sozialsenatorin Elke Breitenbach hat sich wie keine zweite der Bekämpfung von Armut verschrieben. Durch Housing-First-Projekte können Menschen aus dem Elendskreislauf aussteigen, und bis 2030 will sie die Obdachlosigkeit vollständig besiegt haben.

Und während sie an diesen Dingen arbeitet, fordern Dregger und Pazderski Zwangsarbeit für Langzeitarbeitslose und für Geflüchtete.

Das ist pure Verachtung für die Ärmsten, und da gibt es natürlich von rechts Applaus.

Aber was erwartet man auch von einer CDU, die offenbar eher einen zugekoksten Finanzverbrecher wie Jordan Belfort als motivierendes Vorbild begreift? Das spricht wieder einmal Bände im Wahlkampf, wie ich finde. Wir hingegen bekämpfen die Armut und nicht die Armen.

Deshalb haben wir auch den Landesmindestlohn erhöht. Aber für armutsfeste Renten brauchen wir auch eine Bürgerversicherung für alle und eine sanktionsfreie Grundsicherung. Aber das wird nur mit einem Mitte-links-Bündnis auch im Bund und in Berlin gehen, denn die Herren rechts schüren lieber Ressentiments gegen Arbeitslose und Geflüchtete, statt für ein sicheres Leben für alle zu sorgen.

Lieber Raed! Mit diesen Leuten ist keine gerechte Sozialpolitik zu machen.

Und wenn Scholz jetzt verkündet, mit der FDP kann er sich am besten eine Rentenpolitik vorstellen, dann heißt das: Eine weitere Umverteilung von unten nach oben! – Und das ist das Gegenteil von dem, was er neben sein Gesicht auf den Plakaten hat drucken lassen, und das sollten alle wissen.

Aber neben vielem anderen haben wir auch die soziale und kulturelle Infrastruktur Berlins gestärkt. Anders als zuvor hat sich Klaus Lederer als Kultursenator vor allem um die Kultur in der Breite der Stadt gekümmert. Damit meine ich jetzt nicht nur freie Szene, sondern ich spreche auch von der Bereitstellung von Atelierräumen, der Sicherung von Stadtteilbibliotheken und der Erhöhung der Honorare in Musikschulen.

Kultur ist für uns geistige Nahrung, und das ist bei uns nicht erst Programm seit der Pandemie, als wir dafür gesorgt haben, dass die Buchhandlungen offengehalten werden, sondern auch der eintrittsfreie Museumssonntag folgt diesem Leitbild. R2G hat auch hier angepackt und geliefert.

Um jetzt noch mal aufzuräumen mit den ganzen Unwahrheiten, die hier wieder von der Opposition in diesem Haus propagiert worden sind: Wir haben nicht nur Schulen und Verwaltungsgebäude gebaut, sondern auch 70 000 Wohnungen. Das sind knapp 30 000 mehr als in der letzten Legislatur. Und viel wichtiger als das: Wir haben Wohnungen gebaut, die sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner auch leisten können.

Zum Milieuschutz und zum Vorkauf hat Raed Saleh schon eine ganze Menge gesagt. Diese Mammutaufgabe konnte nicht irgendwer angehen, und deswegen danke ich Katrin Lompscher für all das, was sie in ihrer Amtszeit geleistet hat, und ich danke Sebastian Scheel, der genau da angesetzt hat, wo Katrin aufgehört hat.

Mit dem Mietendeckel haben wir es gewagt, uns mit einer Spekulationsindustrie anzulegen, deren parlamentarische Vertretung auch hier im Hause sitzt. Wir haben gewagt, und wir sind vorerst gescheitert, weil das Verfassungsgericht die Verantwortung im Bund sieht.

Aber zum Feixen, meine Herren von der Immobilienlobby, ist es noch ein bisschen zu früh. Der Antrag an den Bundesrat für einen bundesweiten Mietendeckel ist eingebracht und wird morgen direkt nebenan beraten. So könnten wir bezahlbare Mieten nicht nur in Berlin, sondern in allen überspannten Lagen möglich machen. Allerdings wäre es dazu hilfreich, wenn nach dem „Heimat-Horst“ jemand im Ministerium sitzt, der vielleicht auch vor Ablauf seiner Amtszeit bemerkt, dass er dafür zuständig ist.

Aber auch für diesen Bereich können wir festhalten: Wir in Berlin haben es angepackt und haben geliefert. – Als Garantin für eine Fortsetzung dieser Politik in Berlin und einen Wandel dahin im Bund braucht es eine starke Linke, denn es gibt noch wahnsinnig viel zu tun. Wir müssen uns weiterhin mit denen anlegen, die unsere Infrastruktur und die gesamte Stadt nur als Beute betrachten.

Immer noch gehen Tausende Mieterinnen und Mieter auf die Straße für bezahlbares Wohnen – gerade dieses Wochenende wieder. Tausende Menschen setzen sich für Geflüchtete ein, Tausende kämpfen täglich für ein besseres Gesundheitssystem und für vernünftige Arbeitsbedingungen in der Pflege. Tausende setzen sich gegen Rassismus, Antisemitismus und gegen Queerfeindlichkeit ein. Tausende Kleingärtnerinnen und Kleingärtner schaffen sich selbst ein Stückchen Freiheit und uns allen ein besseres Klima.

Tausende setzen sich ein für weniger Abgasgestank und für sicherere Schulwege in der Stadt. All diesen Menschen und allen, für die Berlin ein Zufluchtsort ist oder einfach der Kiez, in dem sie gut leben wollen, können wir sagen: Wir sind an eurer, wir sind an Ihrer Seite, denn Ihnen gehört diese Stadt.

Meine Damen und Herren! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Zu Anfang der Legislaturperiode haben wir das Jahrzehnt der Investitionen ausgerufen, und ein Jahrzehnt hat bekanntermaßen mehr als fünf Jahre. In diesem Sinne sage ich: Herzlichen Dank und auf ein Neues!