Klimafreundliche Dienstreisen für Politik und Verwaltung

Kristian Ronneburg
VerkehrKristian Ronneburg

57. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 02. April 2020

Zu "Klimafreundliche Dienstreisen für die Berliner Politik und Verwaltung" (Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 18/2552

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der aktuellen Geschehnisse haben wir heute eine Tegel-Debatte geführt, und zwar nicht, weil wir sagen, dass Tegel geschlossen werden muss, sondern weil wir objektiv feststellen, dass der internationale Flug- und Reiseverkehr zusammengebrochen ist. Und dass wir nun in dieser Situation diese Debatte führen, ist bemerkenswert. Wir haben hier im Abgeordnetenhaus ja gerade von der rechten Seite her immer wieder Debatten rein nach einer Wachstumsideologie führen müssen: Wir müssen alles dafür machen, dass der Flugverkehr weiter wächst. – Jetzt haben wir ganz andere Realitäten.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

– Hören Sie doch erst mal zu! – Unabhängig davon, von Corona usw. und so fort, müssen wir uns darüber im Klaren sein: Es wird auch nach Corona Flugverkehr geben, und wir müssen vor allem dafür sorgen und die Weichen dafür stellen, dass es kein „Weiter so!“ geben kann – kein Wachstum auf Kosten des Klimaschutzes, der uns alle angeht. Wir müssen handeln, und deswegen ist dieser Antrag auch sehr richtig.

Wenn wir uns die bisherigen Erkenntnisse zu Berlin ansehen, stellen wir fest, dass die Anteile an den Klimabelastungen durch den Verkehr bei 53 Prozent für den Straßenverkehr und etwa 40 Prozent für den Luftverkehr liegen. Wenn wir uns das BEK – das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm – genauer anschauen, dann sehen wir die Zahlen: 2012 bis 2017 stieg der CO2-Aus-stoß des Verkehrssektors von 4,95 Millionen Tonnen auf 5,61 Millionen Tonnen – eine Steigerung innerhalb von fünf Jahren um 13,2 Prozent –, und wenn man dann auch noch die Rückflüge und Anschlussflüge einberechnen würde, dann wäre in der Tat der Flugverkehr auch der Bereich mit dem größten Anteil an Klimabelastungen im Verkehrssektor. Wir, das Abgeordnetenhaus, aber auch der Senat und die Bezirksämter, Behörden und landeseigenen Unternehmen müssen einen Beitrag dafür leisten, dass eben diese CO2-Emissionen verringert werden und mehr Verkehr auf die klimafreundliche Schiene verlagert wird. Wir müssen daher auch selbst als Vorbilder vorangehen, und deshalb haben wir diesen Antrag für klimafreundliche Dienstreisen eingebracht.

Wir wollen, dass künftig innerdeutsche Dienstreisen von Politik und Verwaltung grundsätzlich mit der Bahn zurückzulegen sind.

Die Frage der Preise werden wir uns in naher Zukunft ansehen. Bisher musste man ja davon ausgehen, dass das Reisen mit der Bahn teurer ist. Das muss es uns wert sein, auch wenn es sozusagen teurer wäre. Wenn die Landeshaushaltsordnung Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vorschreibt, was bei der Verausgabung von Steuermitteln völlig richtig ist, dann müssen aber doch gerade beim Klimaschutz und beim Flugverkehr diese Regelungen auf den Prüfstand gestellt werden. Da müssen wir die bisherige Logik vom Kopf auf die Füße stellen. Denn dieses Ausweichen auf die Bahn ist eine vernünftige Investition in die Zukunft und vermeidet auch, dass wir künftig noch viel höhere Kosten haben werden, wenn wir noch drastischere Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise ergreifen müssen.

Das Thema Bahnverkehr ist angesprochen worden, und es sei angemerkt – das muss man auch anerkennen –, dass die Mehrwertsteuersenkung auf Fahrpreise an die Kunden weitergegeben worden ist. Es gibt einen deutlichen Fahrgastzuwachs im Fernverkehr zu Beginn des Jahres. Das steht schon mal fest, und das ist auch ein gutes Zeichen für die Bahn. Als Fachpolitiker der Koalition können wir auch sehr froh sein – das wurde ja auch von den Kollegen bereits erwähnt –, dass die Finanzverwaltung da völlig an unserer Seite ist. Ich spare mir die Einzelheiten aus der Erklärung. Es ist ein Fortschritt, dass die Finanzverwaltung das hier öffentlich so kommuniziert, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung wegfällt. Jedoch – und das ist noch mal der springende Punkt – Vorgaben, nach denen die Inlandsdienstreisen nur noch mit der Bahn als Verkehrsmittel stattfinden sollen, existieren so weit nicht. Wir wollen eine einheitliche Praxis haben. Für den Dienstherren soll ganz klar geregelt werden: Dienstreisen grundsätzlich mit der Bahn! – Aus der Anfrage der Kollegen Kössler und Moritz wissen wir auch, welche Regelungen beispielsweise die einzelnen Senatsverwaltungen getroffen haben.

Die ganz klare Prämisse, das Vermeiden von Flugreisen, ist viel sinnvoller, weil so Emissionen direkt vermieden werden, statt nur nachträglich Kompensationen zu leisten. Auch diese Logik von Herrn Scholtysek – wir reisen mit Flugzeugen für den Klimaschutz! – ist völlig abstrus. Das ist auf jeden Fall keine rot-rot-grüne Politik. Das ist keine Klimaschutzpolitik.

Wir müssen auch mehr Alternativen prüfen. Das Thema, wie auch mit modernen Kommunikationsmitteln und anderen Formaten Dienstreisen vermieden werden können, ist ganz wichtig – jetzt auch durch Corona. Das trifft uns jetzt alle noch viel mehr und hat an Aktualität gewonnen. Wir werden auch in Zukunft auf längere Zeit gezwungen sein, auf diese Hilfsmittel zurückzugreifen, wenn wir in größeren Gruppen kommunizieren wollen. Für manche ist es ein Lernprozess, der jetzt auch sicherlich einiges abverlangen wird. Aber wir werden diese Formen noch viel stärker nutzen müssen, und es wird hoffentlich noch viele Innovationsschübe auch in der Verwaltung geben. Mit diesem Antrag werden wir vielleicht auch einen Beitrag dafür leisten, dass ähnliche Initiativen in anderen Bundesländern befördert werden. Ich freue mich, dass wir diesen Antrag eingebracht haben. – Vielen Dank! 

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Kristian Ronneburg