Petitionsausschuss hilft

Franziska Brychcy

79. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 20. Mai 2021

Zu "Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 2020"

Franziska Brychcy (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe alle!

Dass die Menschen in Berlin und wir alle während der aktuellen Coronapandemie vor großen Herausforderungen stehen, wird auch im Tätigkeits-bericht 2020 des Petitionsausschusses deutlich. Noch nie hatten wir so zugespitzte, teilweise auch genau entgegengesetzte Anliegen zu bearbeiten wie aktuell. So verlangten besorgte Eltern in Petitionen vehement, dass die Schulen aus Infektionsschutzgründen sofort komplett geschlossen werden müssen,und gleichzeitig gingen Petitionen anderer Eltern bei uns ein, die die sofortige Öffnung aller Bildungseinrichtungen aus sozialen Grün-den fordern. Und auch aktuell gibt es ja wieder rege Diskussionen um die Frage, was der richtige Weg bei den Schulöffnungen ist. Wir als Petitionsausschuss haben dann die Aufgabe zu informieren, zu vermitteln, auch unterschiedliche Erwägungen deutlich zu machen.

Auch die Dynamik der aktuellen Rechtsverordnungen ist bemerkenswert –das habe ich so auch noch nie erlebt. Wenn wir Petition und Antwortentwürfe beraten, stellen wir mitunter fest, dass sich noch am selben Tag die Verordnungs-und Rechtslage verändert. Trotzdem bemühen wir uns als Petitionsausschuss und Petitionsbüro, immer die aktuelle Rechtslage zu übermitteln, umbei den Men-schen auch um Verständnis für notwendige Abwägungs-entscheidungenzu werben. Alle brisanten Themen plop-pen natürlich auch bei uns in den eingehenden Petitionen auf –ob Schuldigitalisierung, Umfang von Notbetreuung in Kita und Hort oder Test- und Impfstrategie –, und die Petentinnen und Petenten haben immer ein Recht auf eine fundierte Antwort. Das ist unser Anspruch als Ausschuss und Petitionsbüro.

Dabei ist auch klar, dass wir uns beim Senat und der Verwaltung nicht beliebt machen und oft trotzdessen immer auch nützliche Anstöße erreicht werden können, die zu konkreten Erfolgen führen.

Beispiel1 –Tagespflege –: Bei drohenden Steuernachzahlungen für Tagespflegeelternwurde konkrete Unterstützung durch Stundung des Finanzamts und Rechtsberatung seitens des Senats angeboten. Durch Anerkennung und Vergütung der mittelbaren pädagogischen Arbeit konnte letztlich sogar durch den Senat eine langfristige Perspektive für die Tagespflege geschaffen werden.

Beispiel2 –Schulsozialarbeit –: Die Bouché-Grundschule beschäftigt uns schon seit der 17.Wahlperiode, kämpfte seit Jahren immer wieder um die Finanzierung der Schulstation. Hier hat der Jugendhilfeausschuss Treptow-Köpenick lange darüber diskutiert. Manchmal bewirken auch Vor-Ort-Termine wahre Wunder, denn die Finanzierung des Jugendhilfeausschusses wurde mehrmals verlängert, bis schließlich der Senat die Schulstation durch das Landesprogramm Schulsozialarbeit langfristig absichern konnte.

Beispiel3 –Aufenthaltsrecht aus Härtefallgründen –: Eine Mama und ihre drei Kinder aus Syrien, welche auf der Flucht und durch den Ehemann und Vater Gewalt erleben mussten, konnten aufgrund des Petitionsverfahrens nun in Berlin verbleiben. Die Familie kann jetzt in stabilen Verhältnissen leben. Die Mama ist berufstätig, und die Kinder können die Berliner Schule besuchen. Es sind zwar jedes Mal einzelne Fälle, in denen wir als Peti-tionsausschuss um die Anerkennung humanitäre Gründe beimAufenthaltsrecht ersuchen, aber jeder einzelne Fall, in dem geholfen werden kann, ist ein Lichtblick, ist ein Hoffnungsschimmer.

Hinter jeder Akte, die bei uns im Petitionsbüro eingeht, steckt ein Mensch, ein Schicksal, ein Anliegen. Wir im Petitionsausschuss, im Petitionsbüro tun unser Bestes, um zu helfen, soweit es möglich ist. Oft erlauben es die Rechtslage, der Haushalt und Verfahren, die immer schon so waren, nicht, dass eine Entscheidung im Sinne der Petentinnen und Petenten getroffen wird, aber manchmal eben doch. Und dafür und eben auch für jede Auskunft, für jede negative Antwort, für Transparenz, für ein Recht auf Information setzen wir uns ein. Dafür danke ich heute Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich auch dem gesamten Petitionsbüro, welches die kleinteilige Arbeit macht, und auch dem Senat, der immer wieder tut, was möglich ist, der Entscheidungsspielräume ausweitet, damit den Petentinnen und Petenten geholfen werden kann. – Vielen herzlichen Dank!

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