Solargesetz für Berlin

Michael Efler
Energie und KlimaMichael Efler

75. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 11. März 2021

Zu Solargesetz Berlin (Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

Dr. Michael Efler (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Märchenstunde mit unglaublich vielen falschen Fakten will ich jetzt mal wieder zur Sache kommen und nicht weiter Redezeit auf die AfD verschwenden. Die Koalition hat sich in dieser Wahlperiode eine ganze Menge vorgenommen und im Bereich Klimaschutz auch einiges erreicht. Ich erinnere an das Mobilitätsgesetz, an das BEK, an den Stadtwerkeausbau und viele andere Dinge. Wir haben aber aus meiner Sicht bisher noch nicht die ambitionierte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens, die wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, tatsächlich geschafft. Dazu müssen wir in dieser Wahlperiode noch mehrere große Projekte voranbringen. Heute können wir mit der Beratung des Solargesetzes einen großen Schritt in die richtige Richtung machen.

Solarenergie ist die Form der erneuerbaren Energie, die in einer Großstadt wie Berlin am besten nutzbar ist. Es ist eine dezentrale Form der Energieerzeugung, die nicht nur von großen Konzernen eingesetzt werden kann, sondern von vielen Bürgerinnen und Bürgern und Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern. Sie passt gut in eine zunehmend auf Strom basierende Energiewelt, sei es bei der Wärmeversorgung durch Wärmepumpen oder im Verkehrsbereich durch Elektromobilität. Sie entlastet das Stromnetz – das ist auch ein spannendes Thema, über das wir in den nächsten Monaten hier noch häufiger beraten werden –, insbesondere wenn Speicher verwendet werden, und – weil wir vorhin von Herrn Gräff einiges an Märchen zu den wirtschaftlichen Effekten gehört haben – durch dieses Gesetz wird definitiv ein großer Impuls für das Berliner Handwerk ausgelöst. Daher, glaube ich, werden wir hier eine Win-win-Situation mit diesem Gesetz haben.

Nun ist hier gefragt worden – auch von Herrn Gräff, der fast schon mit einem kleinen Sturm hier im Parlament gedroht hat –:

[Christian Gräff (CDU): So ist es!]

Warum überhaupt eine gesetzliche Pflicht? Zumindest im Bestand haben Sie das infrage gestellt. Ich frage seit Beginn dieser Legislaturperiode in Schriftlichen Anfragen immer wieder den Status bei der Solarenergienutzung ab. Es ist leider so, dass der Ausbau viel zu langsam vorangeht.

Wenn wir die Installationszahlen der letzten Jahre zum Maßstab nehmen, dann würde es mehrere 100 Jahre dauern, um das Solarpotenzial von einem Viertel der Stromversorgung zu erschließen.

Diese Zeit lässt uns die Klimakrise nicht. Wir haben diese Zeit nicht. Deswegen braucht es einen ordnungsrechtlichen Ansatz. Deswegen werden wir diesen Weg auch gehen.

Dieses Haus hat das auch schon einmal mit Mehrheit beschlossen. Denn das Abgeordnetenhaus hat im Januar 2020 beschlossen, dass bis zum Ende des zweiten Quartals 2020 durch den Senat ein entsprechendes Gesetz vorzulegen ist. Es hat jetzt etwas länger gedauert, aber dafür ist es auch ein wirklich gutes Gesetz geworden. Ich bedanke mich bei der Wirtschaftssenatorin ausdrücklich dafür.

Uns als Linksfraktion war es von Anfang an nicht nur wichtig, dass das Gesetz kommt, sondern auch, dass alle Gebäudearten erfasst werden – das ist erfolgt – und dass nicht nur – das war immer die Diskussion am Anfang – neu gebaute Gebäude Eingang finden, sondern dass auch Bestandsgebäude im Fall von Dachsanierungen unter die Pflicht fallen. Beides ist drin. Es freut mich sehr, dass wir dieses Potenzial jetzt weitgehend ausschöpfen können.

Für uns als Linksfraktion ist natürlich die Sozialverträglichkeit des Vorhabens sehr wichtig. Dazu habe ich ja von Herrn Gräff gerade einiges gehört. Jetzt hören Sie mal bitte gut zu! Es geht uns insbesondere um die Frage, was dies für Mieterinnen und Mieter bedeutet. Da gibt es gute Nachrichten.

Die Kosten für Solaranlagen sind in den allermeisten Fällen nicht auf die Miete umlegbar, sie sind es nicht im Fall der Netzeinspeisung, und sie sind es nicht im Fall von Mieterstrommodellen. Das ist ausdrücklich in der Gesetzesbegründung noch einmal ausgeführt worden. Das ist nur für den Fall möglich, dass der Solarstrom gemeinschaftlich im Haus verbraucht wird, z. B. für Fahrstühle oder für Treppenbeleuchtung, was aber nur ein sehr geringer Anteil der gesamten Kosten ist. Es ist nur eine anteilige Umlage, und eine solche Umlagefähigkeit wird sich in einem Centbereich bewegen können. Deswegen ist die Sozialverträglichkeit aus unserer Sicht gegeben. So geht sozialverträglicher Klimaschutz, Herr Gräff.

[Christian Gräff (CDU): Und der Hauseigentümer?]

– Der Hauseigentümer, Herr Gräff, steht als nächster Punkt bei mir auf dem Zettel. – Die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer müssen nicht in Panik geraten und sollten sich nicht von Herrn Gräff in die Irre führen lassen, denn die Kosten von PV-Anlagen sind im Lauf der Jahre stark gesunken. Es gibt Förderungen auf Bundes- und Landesebene. Deshalb lassen sich fast alle Solaranlagen innerhalb von 10 bis 15 Jahren refinanzieren.

Da, wo das nicht geht, Herr Gräff, greift die Härtefallregelung. Ich würde gerne mit Ihnen mal in einen fachlichen Diskurs einsteigen. Ich glaube, den würden Sie verlieren.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestalten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Taschner?

Dr. Michael Efler (LINKE):

Gerne!

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Dr. Taschner, Sie haben das Wort. – Bitte!

Dr. Stefan Taschner (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Efler, für die Möglichkeit, die Frage zu stellen! Noch einmal zu der Umlagefähigkeit von vorhin: Sie haben gesagt, dass es, wenn man Aufzüge benutzt, umgelegt werden kann. Aber ist es nicht so, dass heute auch schon diese Stromkosten auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden können und eigentlich der eigene Strom vom Dach billiger ist, weil keine Steuern und Netzentgelte anfallen? Wird es also nicht auch dann billiger für die Mieterinnen und Mieter?

Dr. Michael Efler (LINKE):

Was ich nur damit sagen wollte, ist, dass die Modernisierungsumlagen, die Mieterinnen und Mieter durchaus und zu Recht – weil wir die Praxis in Berlin und anderswo kennen – in Schrecken versetzt, in diesem Fall nicht das Thema ist, weil sie nur in einem ganz kleinen, eingegrenzten Fall Anwendung finden kann, nämlich beim sogenannten Hausstrom, und das führt im Ergebnis nur zu wenigen Cent Mieterhöhung. Das ist, glaube ich, ein Punkt, der uns miteinander verbindet und wo man sagen kann: Da haben wir gemeinsam eine gute Grundlage geschaffen.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Scholtysek?

Dr. Michael Efler (LINKE):

Nein! – Ich sagte ja, dass der Entwurf gut geworden ist. Das heißt aber nicht, dass wir keinen Änderungsbedarf sehen. Herr Stroedter hat für die SPD-Fraktion schon ein paar Punkte angesprochen. Ich möchte auch noch einmal ein paar Punkte ansprechen, über die wir noch einmal reden sollten. – Der erste Punkt ist eine Regelung, die mir wirklich große Bauchschmerzen bereitet, und zwar: Im Fall der Installation einer Solaranlage auf einem Nicht- Wohngebäude im Bestand soll es ausreichend sein, wenn die installierte Leistung gerade einmal 6 Kilowatt beträgt. 6 Kilowatt sind ungefähr 35 bis 50 Quadratmeter Dachbelegung. Wir reden hier über Dächer von großen Möbelhäusern, Supermärkten, Industrie- und Gewerbebetrieben oder vielleicht sogar von der O2-Arena. Und da soll dann so eine Minianlage ausreichend sein? Das finde ich hoch problematisch. Darüber sollten wir noch einmal reden. Ich habe wenig Verständnis dafür, dass ausgerechnet diejenigen mit den breiteren Schultern geschont werden sollen.

Und auch, dass die Solarpflicht erst ab dem 1. Janu­ar 2023 gelten soll, ist für mich noch nicht gesetzt. Damit würden wir ausgerechnet die ertragreichen Sommermonate im Jahr 2022 abhängen. Wir brauchen eine Übergangsphase – gar keine Frage – auch schon aus verfassungsrechtlichen Gründen, aber dass die ca. anderthalb Jahre sein soll, ist für mich noch nicht klar und ausgemacht. Ich fände es schade, wenn wir da Potenzial verschenken würden.

Der dritte Punkt, der für uns wichtig ist – ich glaube, da sind wir uns alle einig; das können wir schnell regeln –: Wir wollen ja alle, dass die Installation der Solaranlagen auch durch Dritte erfolgen kann, das sogenannte Contracting, z. B. durch die Berliner Stadtwerke. Das ist wichtig, denn in einem solchen Fall ist die Modernisierungsumlage ausgeschlossen. Das ist nicht mehr möglich, weil der Eigentümer der PV-Anlage dann nicht der Eigentümer des Gebäudes ist. Das steht in der Begründung, aber nicht im Gesetzestext. Ich finde, wir sollten das klipp und klar im Gesetz festhalten, damit wir hier rechtlich auf der sicheren Seite sind.

Ich fasse zusammen: Das Solargesetz dient dem Klimaschutz. Es kurbelt das regionale Handwerk an, Herr Gräff. Es ist sozialverträglich und wirtschaftlich darstellbar. Das Gesetz, dass wir noch verbessern müssen, setzt Maßstäbe für andere Bundesländer und auch für den Bund, wo die CDU mitregiert und alles tut, um Solarenergie auszubremsen. Wir gehen hier voran. – Vielen Dank!

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