"Wohnraumversorgung Berlin" ist wichtiges Steuerungsinstrument

Mieten- und WohnungspolitikStadtentwicklung

37. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 21. Februar 2019

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anstalt öffentlichen Rechts Wohnraumversorgung Berlin ist auf Basis des Wohnraumversorgungsgesetzes gegründet worden, dort im Artikel III. Und dieses Haus hat dieses Gesetz beschlossen, Herr Laatsch! Das Besondere an diesem Gesetz war ja, dass dem ein erfolgreiches Volksbegehren zugrunde liegt. Ihr etwas fragwürdiges Demokratieverständnis wir hier deutlich, wenn Sie in Ihrer Antragsbegründung lancieren, dass hier irgendwelche – ich zitiere mal –

"selbsternannten „Mieteraktivisten“ in Verhandlungen mit dem Senat im Jahr 2015 mit der WVB eine Institution erstritten haben, die sie nun selbst zur dauerhaften und durch den Steuerzahler finanzierten institutionalisierten Einflussnahme auf die Wohnungspolitik des Landes Berlin nutzen."

Sie drücken so Ihre Verachtung nicht nur für die direkte Demokratie aus, sondern auch für die parlamentarische, denn diese beiden Institutionen der Demokratie liegen diesem Gesetz zugrunde. Man kann ja alle Gesetze ändern, also auch Gesetze, die auf Volksbegehren oder Volksentscheiden beruhen. Das steht außer Frage. Wenn man aber solche Gesetze, die so eine hohe Legitimation haben, ändern will, dann muss dieses Haus mit besonderem Respekt und Sorgfalt herangehen, und das ist Ihnen offensichtlich völlig fremd, denn in Ihrem Antrag steht kein einziger Sachgrund, warum Sie dieses Gesetz und damit diese Anstalt öffentlichen Rechts abschaffen wollen.

Sie setzen sich nicht mit den Ergebnissen der Arbeit dieser Institution auseinander. Sie kritisieren weder die Evaluation der Kooperationsvereinbarung, die Halbjahres- und Jahresberichte zur wirtschaftlichen Tätigkeit der Wohnungsbaugesellschaften noch die Evaluation der Mieterratswahlen, die die Anstalt vorgenommen hat. Dazu sagen Sie nichts. Sie hätten ja sagen können, es ist alles schlecht, was die da machen, aber Sie sagen einfach nichts zur Arbeit der AöR, wollen sie einfach nur abschaffen.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christian Buchholz?

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Ja!

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Herr Buchholz, bitte, Sie haben das Wort!

Christian Buchholz (AfD):

Herr Nelken! Betrachten Sie Ihre Fraktion als eine, die mit Respekt und Sorgfalt an die Themen herangeht?

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Ich sage mal, auf jeden Fall bemühen wir uns sehr darum, und was die AfD in diesem konkreten Fall geleistet hat, ist nun genau das Gegenteil.

Wie gesagt, zu den Sachgründen haben Sie nichts angeführt. Sie haben überhaupt nichts zu der Arbeit der Anstalt gesagt, sondern Sie sagen im Prinzip im typischen AfD-Tonfall: zu teuer, Versorgungseinrichtung nutzlos. – Aber warum? – Nichts, kein Wort! Und dann – das ist der besondere Witz, meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen – wollen Sie diese nutzlose Arbeit noch in die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verlegen. Die AöR ist eine nicht rechtsfähige nachgeordnete Einrichtung dieser Senatsverwaltung. Was dies soll, worin die Logik Ihres Antrags besteht, erschließt sich überhaupt nicht.

Um mal zu der AöR selber zurückzukommen – und das hat mein Vorredner von der CDU auch ein bisschen in Abrede gestellt –: Die AöR soll dem Land Berlin bei den wohnungspolitischen Steuerungen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften dienen. Ich glaube, und zwar im Gegensatz zu Herrn Gräff, dass dies eine wichtige Aufgabe ist, die früher in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht hinreichend geleistet worden ist.

Das war ja der Gegenstand, warum es überhaupt innerhalb des Volksbegehrens zu diesem Punkt kam – weil man mit der wohnungs- und sozialpolitischen Steuerung der kommunalen Wohnungswirtschaft in Berlin nicht wirklich zufrieden sein konnte.

Ich glaube, das ist eine ganz zentrale Aufgabe der Zukunft, eine wohnungswirtschaftlich und sozialpolitisch qualifizierte Steuerung dieser Wohnungsunternehmen hinzubekommen. Davon wird unerhört viel für die Wohnungspolitik, und zwar nicht nur in diesen Unternehmen, sondern in der gesamten Stadt abhängen. Also insofern glaube ich, dass diese kommunalen Wohnungsunternehmen der AfD sowieso nur ein Dorn im Auge sind, da kann man gleich die Steuerung weghauen. Sie haben ja nur eine Antwort: Eigentumswohnungen, dann lösen wir unser soziales Wohnungsproblem. Alle, die ihre Miete nicht zahlen können, sollen Eigentumswohnungen kaufen.

Die Abschaffung des wohnungspolitischen Steuerungsinstruments widerspricht jeder sinnvollen wohnungspolitischen Strategie. Ich muss ehrlich sagen, Herr Laatsch, Sie hauen uns hier so einen reinen Denunziationszettel hin, schreiben da „Antrag“, sogar „Gesetzesantrag“ rauf, das ist wirklich eine Zumutung. Ich glaube, darüber sollte man nicht reden. Sie können sicher sein, dass wir uns mit dem Antrag im Ausschuss nicht weiter auseinandersetzen werden. – Ich danke!

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