Sachliche und konstruktive Debatte über Öffnungsschritte führen

Gesundheit

79. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 20. Mai 2021

Zu Änderung der Siebten Verordnung zur Änderung der Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Priorität der Fraktion der FDP)

Dr. Wolfgang Albers (LINKE):

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Herr Zeelen! Amtsmüdigkeit hilft ja nicht, wir müssen weitermachen. Wir hätten gar keine Alternative in dieser Stadt.

Die FDP fordert in ihrem dringlichen Antrag zunächst einmal einige Änderungen in der zweiten SARS-Schutzmaßnahmenverordnung ein, wirft dabei aber in der Tat einige grundsätzliche Fragen auf, über die wir ernsthaft diskutieren sollten. Wir spüren alle, dass die Unzufriedenheit der Menschen zunimmt und dass mit einer hohen Erwartungshaltung verbunden die Ungeduld mit dem politischen Agieren täglich wächst. Die Menschen in unserer Stadt haben genug von den Appellen an ihre Vernunft, und ihnen braucht auch niemand mehr in Oberlehrermanier die AHA-Regeln zu definieren.

Sie sind bereits vielfach in Vorleistung gegangen und haben sich zumeist an Vorgaben und Regeln gehalten, auch wenn diese ihnen nicht immer einsichtig waren und plausibel erschienen und auch, wenn diese Regeln und Vorgaben mit zum Teil erheblichen Opfern verbunden waren, bis hin zur unmittelbaren Bedrohung ihrer materiellen Existenz durch das faktische Verbot, den eigenen Beruf auszuüben oder das eigene Geschäft zu betreiben. Das ist alles schon gesagt worden, und nicht nur ein Mal. Die Menschen sind dessen müde, und sie haben auch die Auguren satt, die ihnen bei jeder Gelegenheit immer wieder im Sinne schwarzer Pädagogik neue Bedrohungsszenarien zeichnen.

Wir sollten ihre Verdrossenheit deshalb nicht auch noch dadurch befördern, dass wir uns hier gegenseitig die Ernsthaftigkeit unseres Bemühens absprechen. Wir sollten auch der Versuchung widerstehen, die Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen und deren Zeitplan parteipolitisch auszuschlachten. Vielmehr sind wir den Menschen nach 15 Monaten Ausnahmezustand eine sachliche und konstruktive Debatte über tatsächlich mögliche Öffnungsschritte schuldig.

Wir werden diesen Antrag nun in die Ausschüsse überweisen, aber wir werden ihn da nicht zeitnah diskutieren können. Dennoch sollten wir einen solchen Antrag ganz unaufgeregt zum Anlass nehmen, sehr wohl auch mit der notwendigen Selbstkritik unser exekutives Handeln noch einmal zu überprüfen und uns zu fragen, ob wir mit den Erfahrungen der vergangenen Monate und im Wissen, um die nun zunehmend vorhandenen Möglichkeiten, eine verantwortungsvolle Öffnungsstrategie tatsächlich an Inzidenz­werte klammern müssen und nicht noch weiter forcieren können.

Ein wenig geschieht – darüber reden wir heute –, aber ich denke, da könnten wir sehr wohl mutiger sei, ohne dabei leichtsinnig zu werden.

Wir haben in der aktiven Bekämpfung Fortschritte erzielt, auch in der medizinischen Behandlung, und sollten diese Fortschritte nun nicht durch politisches Nachhinken konterkarieren, sondern in unserem politischen Handeln auch sichtbar machen. Diese Fortschritte sind für die Menschen bereits spürbar, und das sollte sich auch im Umgang mit den Verordnungen widerspiegeln. Die Praxen impfen nun endlich, hoffentlich bald mit den notwendigen Mengen, und die Betriebsärzte beginnen ebenfalls damit. Endlich debattieren wir auch darüber, die Impfstoffe dorthin zu bringen, wo die Ansteckungsgefahren besonders hoch sind. Endlich ist auch die Debatte aufgemacht – –  Ich begreife das bis heute nicht, warum eigentlich Kinder nicht geimpft werden. Natürlich kann man die impfen, die werden gegen alles Mögliche geimpft, warum nicht auch gegen Covid-19? Lassen Sie uns also rechtzeitig die logistischen Voraussetzungen dafür in der Stadt schaffen, z. B. durch die Bereitstellung von Impfbussen, die die Schulen anfahren. All das bringt uns in die Normalität zurück, und darauf sollten wir uns allesamt in der politischen Debatte konstruktiv konzentrieren.

Wie setzen wir die Mittel und die Instrumente, die wir nun haben, besser ein, und wie schaffen wir es, mit diesen Erfolgen dem Alltag der Menschen auch spürbar seine Normalität zurückzugeben? Diese Normalität den Menschen in der Stadt schnellstmöglich zurückzugeben, sind wir ihnen schuldig. Da geht es nicht um Wahlkampf, sondern es geht darum, ein Leben zu gestalten, dass jenseits der Pandemie wieder ein lebenswertes Leben auch in dieser Stadt wird. – Vielen Dank!

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