Berlin als Zentrum moderner Sexualwissenschaft wiederbeleben!

Zum internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie

Der rechtspolitische Sprecher Dr. Klaus Lederer erklärt anlässlich des heutigen Internationalen Tages gegen Homophobie und Transphobie:

Berlin hat mit seinen Initiativen zur rechtlichen Gleichstellung und zur Akzeptanz sexueller Vielfalt eine Spitzenstellung erreicht – in progressiver Politik gegen Diskriminierung und für Respekt gegenüber verschiedenen Formen zu leben und zu lieben. Dennoch sind Homo- und Transfeindlichkeit auch in unserer Stadt noch Alltagserscheinung. Lesben, Schwule und Transmenschen werden beleidigt, bedroht, attackiert – im öffentlichen Raum, auf Schulhöfen, im Berufsleben. Hier gibt es nach wie vor viel zu tun.

Die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, die SPD- und die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus machen heute auf ein weiteres Thema aufmerksam, das bislang unbearbeitet ist: die Rehabilitierung und Entschädigung von nach 1945 aufgrund von § 175 StGB a.F. verurteilten Schwulen. Mit einem Fachsymposium gehen wir auf Erinnerungen ein, machen den Handlungsbedarf deutlich und loten die rechtlichen Möglichkeiten aus. Berlin wird mit einem Antrag im Bundesrat einen erneuten Vorstoß für dieses zentrale Anliegen der Wiedergutmachung unternehmen.

Es geht aber auch um kollektive Wiedergutmachung, um den gesellschaftlichen Schaden, der durch die jahrzehntelange Verfolgung und Bestrafung von Homosexuellen entstanden ist. Am 10. Mai 1933 brannten auf dem heutigen Bebelplatz die Werke von, nach den Worten der Nazis, »entartetenG Autoren. Darunter auch die Bücher Magnus Hirschfelds, des Berliner Vorkämpfers der modernen homosexuellen Emanzipationsbewegung. Hirschfeld wurde ins Exil getrieben, sein »Institut für Sexualwissenschaft« wurde vernichtet.

Bis heute ist es nicht gelungen, an diesen »abgerissenen« Traditionsfaden anzuknüpfen. Die weltoffene und liberale Metropole Berlin, die Wissenschaftsstadt Berlin, sollte die ersten Schritte unternehmen, um diese Tradition wieder aufleben zu lassen und sich erneut zu einem Zentrum der emanzipatorischen Sexualwissenschaften zu entwickeln. Berlin braucht (wieder) ein »Magnus-Hirschfeld«-Institut für Sexualforschung.