Weder ein gemeinsames Ziel noch einen Plan für Berlin

Anlässlich des zweijährigen Bestehens der CDU-SPD-Koalition erklärt der Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus von Berlin, Tobias Schulze:

Zwei Jahre nach ihrer Amtsübernahme wird immer deutlicher, was schon anlässlich des Starts der CDU-SPD-Koalition zu befürchten war: Schwarz-Rot ist nicht mehr als eine Beutegemeinschaft. Diese Koalition verfügt weder über keine verbindende Vorstellung für Berlin und erst recht nicht über einen Plan wie diese zu erreichen ist. Selbst bei der vom Regierenden Bürgermeister als wichtigsten Projekt bezeichneten Verwaltungsreform verlaufen die Konfliktlinien nicht zwischen Regierung und Opposition, sondern quer durch die Koalition. Das Einzige, was diese Koalition in ihrem Inneren zusammenhält, ist das Streben nach dem Erhalt der Regierungsmacht.

Von den Versprechen, mit denen CDU und SPD die Wahl gewonnen haben, ist im Alltag der Berlinerinnen und Berliner nichts angekommen. Das 29-Euro-Ticket ist Geschichte, der 14-Tage-Ziel in den Bürgerämtern in weite Ferne gerückt. Statt umzusetzen, wird sich um die Ausbildungsplatzumlage ebenso medienwirksam gestritten wie um die Integration der Tochterfirmen von Charité und Vivantes in die Mutterkonzerne. Berlin ist nach zwei Jahren Schwarz-Rot weder bezahlbarer, noch schneller, noch sicherer geworden. 

Schwarz-Rot ist ein wohnungspolitischer Totalausfall. Ein Ende der Mietenexplosion in Berlin ist nicht absehbar. Der Kuschelkurs mit Vonovia, Signa, Adler und Co. im Wohnungsbündnis ist gescheitert. Die Neubauzahlen bleiben weit hinter dem Versprochenen zurück. Die Umsetzungsprozess des Volksentscheids „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, von der SPD vollmundig versprochen, ist vollständig zum Erliegen gekommen. Die Mietenfrage ist die soziale Frage dieser Zeit und Schwarz-Rot hat keine einzige Antwort darauf.

CDU und SPD sparen die Zukunft der Stadt kaputt. Bereits bei den Koalitionsverhandlungen im Jahr 2023 war klar, dass die finanziellen Spielräume eng sind. Umso wichtiger wäre es, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Dennoch verzichtet der Senat auf die Erhöhung der Grunderwerbssteuer, ebenso wie auf die Aufnahme konjunkturbedingter Kredite. Bis heute verzögert er die Feststellung der Notlage um Kosten für die Versorgung Geflüchteter über Kredite finanzieren zu können. Offen bleibt auch, mit welchen alternativen Finanzierungsformen wichtige Investitionen erfolgen sollen. Stattdessen zwingt Schwarz-Rot Theater, Hochschulen, Sozialträger, öffentliche Unternehmen und Bezirke zu einem extrem kurzfristigen Kahlschlag bei ihren Angeboten. Berlin wird nur ärmer, aber nicht sexyer unter Schwarz-Rot.

Auch sonst geht in dieser Koalition wenig zusammen. So fördert die Bildungssenatorin einseitig die Gymnasien auf Kosten der anderen Schulformen, während ihr Staatssekretär den vermeintlich linksgrünen Sumpf unter Zuwendungsempfängern trockenlegen und die Landeszentrale für politische Bildung an die kurze Leine nehmen möchte. Nicht nur der Radwegeausbau kam zum Erliegen, auch der Ausbau der Tram und Beschleunigungsmaßnahmen für den ÖPNV gehen kaum noch voran. Dafür leistet sich die Koalition weiterhin den günstigsten Anwohnerparkausweis bundesweit.

Für die verbleibenden 17 Monate dieser Koalition erwarten wir Streit und Profilierungsversuche von CDU und SPD und einen weitgehenden Stillstand der Regierungsarbeit. Der Doppelhaushalt 26/27 mit weiteren dramatischen Kürzungen wird im Hinterzimmer vorbereitet, ohne mit den Betroffenen Klartext zu reden und in den Dialog mit der Stadt zu gehen.

Wir als soziale Opposition werden diese Zeit nutzen, um gemeinsam mit der Zivilgesellschaft weiter Ideen und Projekte für eine radikal soziale Stadtpolitik vorzubereiten. Gerade in den Zeiten der Entsolidarisierung und des Rechtsrucks muss Berlin zeigen, dass eine andere Politik möglich ist.“