Beschluss zum Thema Nachverdichtung

Katalin Gennburg, Niklas Schenker

Beschluss der Fraktion DIE LINKE. im Abgeordnetenhaus von Berlin vom 10. Mai 2022

Die Linksfraktion sieht die dringende Notwendigkeit, die Zielzahlen des StEP-Wohnen und damit verbundene Zielzahlen für die Nachverdichtung bestehender Quartiere fundiert zu diskutieren und städtebauliche Konzepte zu entwickeln, die die tatsächlichen Bedarfe anerkennen und einer ernsthaften Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgabe einer geordneten Stadtentwicklung Ausdruck verleihen. Dabei sind folgende Punkte für uns elementar:

  1. Respekt vor gewachsenen städtebaulichen Strukturen und den langfristigen Folgen städtebaulicher Entwicklungen: Konzepte aus der Entstehungszeit der Kieze und Wohnanlagen sind zu bewahren und wo nötig so weiterzuentwickeln, dass gute und gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse befördert werden. Bestehende und durch die Nachverdichtung wachsende Bedarfe an sozialen und sonstigen Infrastrukturen sind so zu berücksichtigen, dass für jetzige und zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner ein Mehrwert entsteht.
  2. Anerkennung des Klimawandels und daraus resultierender Bedarfe für die Stadtentwicklung: Frei- und Grünflächen sind soziale Begegnungsräume und bieten Erholung vom stressigen und arbeitsintensiven Alltag vieler Berlinerinnen und Berliner, die kein Haus mit eigenem Garten oder regelmäßigen Urlaub haben. Sie haben darüber hinaus bereits jetzt und zukünftig noch viel mehr eine wichtige Funktion für das Mikroklima in den Kiezen. Sie sind weder Luxus noch Brache, sondern wertvolle Ressource für die städtische Anpassung an den Klimawandel und als solche in Zeiten der Klimanotlage zu qualifizieren.
  3. Die Einbeziehung der Bewohnerinnen und Bewohner als Mehrwert für die Planung: Es sollte nachdenklich stimmen, wenn Nachverdichtungsvorhaben landeseigener Unternehmen zunehmend unter Polizeischutz vorbereitet werden müssen. Die Beteiligung der Nachbarschaft ist mit Beginn der Planung einer Nachverdichtung sicher zu stellen, ist transparent und ergebnisoffen zu gestalten. Dies dient nicht nur der Schaffung von Akzeptanz, sondern auch der Qualifizierung von Vorhaben im oben genannten Sinne.
  4. Der soziale Versorgungsauftrag der LWU ist für uns nicht verhandelbar. Dazu gehört, dass die LWU bei Nachverdichtungsprojekten ein stärkeres Interesse dafür entwickeln müssen, an den jeweiligen Orten mit den Anwohner*innen auf Augenhöhe über die Planziele und die Sinnhaftigkeit von Projekten zu diskutieren. "Beteiligung" sollte sich nicht mehr auf Marginalien der Außenraumgestaltung beschränken, sondern auch das "Ob" beinhalten. Mieter(bei)räte in den bestehenden Quartieren sind hier als wichtige Mittler*innen einzubeziehen. Die Wohnraumversorgung Berlin AöR sollte das Prozesscontrolling für Nachverdichtungsvorhaben absichern und eine echte Beteiligung der Anwohner*innen und die Abwägung städtebaulicher Kriterien bei Bauvorhaben begleiten.

In diesem Sinne gilt es, bestehende Instrumente des Planungsrechtes zu erfassen, weiterzuentwickeln und ihre Anwendung in Land und Bezirken zu befördern. Möglichkeiten sehen wir unter anderem:

  1. Bei der Weiterentwicklung bestehender Rechtsgrundlagen, zum Beispiel der Verpflichtung für einen qualifizierten Freiflächenplan in der Bauordnung oder einer neuen Fassung des Wohnungsbaubeschleunigungsgesetzes, oder der Überarbeitung des Flächennutzungsplans.
  2. Bei der verstärkten Nutzung von Innenentwicklungskonzepten, Bebauungsplänen, Bereichsentwicklungsplänen und daran anschließend der Nutzung von Baugeboten, Vorkaufsrechten, sektoralen Bebauungsplänen usw.
  3. In der Qualifizierung der Leitlinien zur Partizipation beim kommunalen Wohnungsbau entlang der Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in der räumlichen Planung, der Festschreibung von städtebaulichen Qualitätsanforderungen in der KoopV oder einer Zustimmungspflicht der Wohnraumversorgung Berlin für Projekte ab einer bestimmten Größenordnung
  4. Der Unterstützung der Bezirke durch die Landesebene, zum Beispiel beim Aufbau von Personal oder rechtlicher Unterstützung, zum Beispiel bei einer restriktiven Auslegung zur Nicht-Einfügung von §-34-Vorhaben, insofern eine Bebauung mit ihren Grünflächen gestört wird.

Die weitere Aushöhlung von Planungsprozessen, wie sie zum Beispiel mit dem Baulandmobilisierungsgesetz im § 31 Abs. 3 BauGB ermöglicht wurde, lehnen wir ab.

Als Linksfraktion setzen wir uns parlamentarisch im oben genannten Sinne ein und bleiben dazu im engen Austausch mit der Partei, ihren Parteigliederungen wie der LAG Städtebau und Wohnungspolitik und unseren Verordneten auf Ebene der Bezirke.