8. März wird neuer Feiertag in Berlin, 8. Mai einmalig 2020

"Der 8. März ist schon deshalb ein besonderer Tag, weil er nicht nur für ein bestimmtes Ereignis oder für eine bestimmte historische Phase steht, sondern weil er als internationaler Frauentag Kampf- und Feiertag in einem ist", sagt Katina Schubert.

35. Sitzung, 13. Dezember 2018

Katina Schubert (LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Berlinerinnen und Berliner, denn sie bekommen endlich einen neuen Feiertag. Neun Feiertage hat Berlin bislang, 13 haben die Bayern und Bayerinnen. Die Berlinerinnen und Berliner müssen also vier Tage länger arbeiten, um auf ihren Jahresverdienst zu kommen, als die Menschen in Bayern, und das auch noch zu einem niedrigeren Jahresverdienst.

Höchste Zeit also, dass wir als R2G dieser Form von Lohndrückerei auf den Pelz rücken.

Zweifellos gibt es eine Menge Ereignisse und wichtige Tage, die es wert sind, sie zum Feiertag zu machen. Deshalb haben wir lange miteinander und mit vielen Menschen in der Stadt diskutiert, welcher Tag geeignet ist. Es kamen viele Hinweise, sachdienliche Hinweise, manche auch eher interessengeleitet, wie die, dass es immer ein langes Wochenende sein muss. Das ist auch schön, aber nicht das, was wir wollten.

Der 8. März ist schon deshalb ein besonderer Tag, weil er nicht nur für ein bestimmtes Ereignis oder für eine bestimmte historische Phase steht, sondern weil er als internationaler Frauentag Kampf- und Feiertag in einem ist. Weil er die viele unsichtbare und meist unbezahlte Arbeit, die Frauen in den meisten Gesellschaften dieser Welt leisten, in den Blick nimmt. Weil er die strukturelle Diskriminierung von Frauen, weil er patriarchale Machtverhältnisse angreift, weil er für internationale Solidarität der Frauen gegen Gewalt und Unterdrückung steht.

Begonnen hat der Frauentag mit dem Kampf um das Frauenwahlrecht, der vor hundert Jahren zumindest hier erfolgreich war. In den vergangenen Jahren waren Hunderttausende Frauen in ganz Europa und der Welt unterwegs, um für ihre Rechte und gegen Gewalt und Unterdrückung zu demonstrieren und zu streiten, auch und gerade in Berlin.

Dieser Tage haben wir wieder vor Augen geführt bekommen, warum der 8. März nach wie vor so wichtig ist. Im Bundestag streitet die Union im Verein mit der AfD gegen die Streichung des § 219a.

Der Bundesrat wird morgen über einen entsprechenden Antrag Berlins und anderer progressiver Länder diskutieren, und ich fürchte, dass die Konservativen ihn in den Ausschüssen versenken. Die Konservativen und Rechtspopulisten wollen den Frauen noch im Jahr 2018 ernsthaft das Recht bestreiten, selbst über ihren Körper, ihre Sexualität und den Umgang mit ungewollten Schwangerschaften zu bestimmen, indem sie Ärztinnen und Ärzte unter Strafe stellen, die auf die Möglichkeit hinweisen, dass sie Abbrüche vornehmen. Das ist nicht nur vorgestrig, das ist zutiefst diskriminierend.

Der 8. März ist ein guter Feiertag. Er lässt den Frauen den Raum zu entscheiden, ob sie an dem Tag feiern, demonstrieren, streiken oder etwas ganz anderes machen.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Abgeordneten Wild?

Katina Schubert (LINKE):

Nein! – Die Männer sollen sich nicht einbilden, es sei damit getan, Blümchen zu verschenken und zu beteuern, dass sie auch mal das Frühstück machen. Nein! Dieser Tag gehört den Frauen. Männer, nutzt den Tag, um ihnen den Rücken freizuhalten!

Genauso wichtig ist es uns, dass der 8. Mai 2020, der 75. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, Feiertag in Berlin wird. Hier begann die Barbarei der Nazis, der Völkermord an den Jüdinnen und Juden, den Roma und Sinti, die Versklavung von Hunderttausenden von Osteuropäerinnen und Osteuropäern, die Verfolgung von Sozialistinnen und Sozialisten, Kommunistinnen und Kommunisten, Christinnen und Christen, die Euthanasie an kranken Menschen. Hier wurde der 2. Weltkrieg beschlossen und begonnen. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus wieder salonfähig zu sein scheinen, in denen Rechtspopulisten versuchen, die öffentliche Meinung zu beherrschen, in denen geflüchtete Menschen mehr als Bedrohung denn als Schutzsuchende gesehen und diffamiert werden, gerade jetzt ist das Zeichen wichtig, dass wir, Berlin, die Hauptstadt dieses Landes den Alliierten von damals dankbar sind für die Befreiung, und dass wir alles dafür tun werden, dass sich das Grauen der Nazis nie wiederholt, nicht im damaligen und nicht in neuem Gewand, dass Berlin für Frieden, für Solidarität, für Weltoffenheit und Toleranz steht.

Ich war ziemlich jung, als der 40. Jahrestag des Tags der Befreiung begangen wurde. Damals war in Westdeutschland noch umstritten, ob der 8. Mai eigentlich ein Tag der Befreiung war.  Und damit hat der Bundespräsident Richard von Weizsäcker kluge Sätze gesagt; ich hätte nie gedacht, dass ich mal einen CDU-ler zitiere – mit ihrem Einverständnis. Er hat gesagt:

Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Hass zu schüren. Die Bitte an die jungen Menschen lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder gegen Türken, gegen Alternative oder gegen Konservative, gegen Schwarz oder gegen Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander! Lassen Sie uns auch als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben!

Ehren wir die Freiheit! Arbeiten wir für den Frieden! Halten wir uns an das Recht! Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit! Schauen wir am heutigen 8. Mai so gut wir es können der Wahrheit ins Auge!

Ein Konservativer – er hat recht! – Danke!