Vergabemindestlohn wird auf 13 Euro erhöht

ArbeitWirtschaftKatina Schubert

"Wir haben über 5 Milliarden Euro Umsatz durch die öffentliche Hand in diesem Land, und wenn wir das Prinzip durchhalten – gute öffentliche Aufträge nur für gute Arbeit –, dann wird das für viele Beschäftigte zu deutlichen Verbesserungen gegenüber jetzt führen." sagt Katina Schubert zur Erhöhung des Vergabemindestlohns.

15. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 08.09.2022

Priorität der Fraktion Die Linke "Erstes Gesetz zur Änderung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes"
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke Drucksache 19/0479

Katina Schubert (LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich vertrete hier meinen erkrankten Kollegen Damiano Valgolio und wünsche ihm erst mal alles Gute und, dass ihm schnell besser wird.

Es ist heute erst die erste Lesung. Wenn wir dann auch die zweite Lesung und die dritte Lesung hinter uns haben, wird es ein guter Tag sein für Berlin und vor allen Dingen für Tausende von Beschäftigten, die von dieser Vergabegesetznovellierung profitieren werden. Wir haben über 5 Milliarden Euro Umsatz durch die öffentliche Hand in diesem Land, und wenn wir das Prinzip durchhalten – gute öffentliche Aufträge nur für gute Arbeit –, dann wird das für viele Beschäftigte zu deutlichen Verbesserungen gegenüber jetzt führen. Das ist der Auftrag dieser Koalition, und das ist das, was wir wollen.
Das ist umso richtiger angesichts der dramatischen Situation, vor der viele Menschen jetzt stehen angesichts der Inflation, angesichts der Krisen, die sich übereinandersta-peln. Darüber haben wir heute Morgen schon ausführlich gesprochen. Gerade jetzt ist es wichtig, dass es auskömmliche Löhne gibt, Löhne, von denen Menschen auch leben können.

Wie immer wird es, wenn es um die Novellierung des Vergabegesetzes geht, Gegenwind geben, und es wird immer wieder heißen, es ist zu teuer, es ist zu viel Bürokratie. Tatsächlich hat aber die öffentliche Hand eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, auskömmliche Löhne zu garantieren. Und tatsächlich hat das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz eine Schutzfunktion auch für Unternehmen, nämlich für die, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anständig bezahlen, die Tarifverträge einhalten und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Das Vergabegesetz schützt sie nämlich gegenüber denjenigen Unternehmen, die Lohndumping betreiben, mit Billigstangeboten werben, die dann nicht erfüllt werden können, und die einzig und allein auf betriebswirtschaftliche Optimierung und Profit setzen.
Mit der Anhebung des Vergabemindestlohns auf 13 Euro ziehen wir mit dem Landesmindestlohn gleich, der schon seit Juli auf der Höhe von 13 Euro ist, und vor allem mit Brandenburg. Wir sind eine Region, wollen es auch sein. Insofern ist es gut und richtig, dass wir auch in Sachen guter Arbeit und damit verbunden auskömmlicher Löhne eng zusammenarbeiten und eine Dumpingkonkurrenz vermeiden.

Um das auch gleich zu sagen: Mit 13 Euro die Stunde verdient man keine Reichtümer. Niemand hier in diesem Saal wird für 13 Euro arbeiten, und wer dann 13 Euro fünf Tage die Woche, acht Stunden am Tag arbeitet, kommt im Monat dann vielleicht auf 2 200 Euro brutto. Da kann man sich in etwa ausrechnen, was da netto bleibt und was das dann auch heißt, wenn man zum Beispiel noch eine Familie oder zu pflegende Angehörige zu versorgen hat oder anderes. Wir reden hier nicht über Reichtümer. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt diesen Schritt gehen.
Der Vergabe- und der Landesmindestlohn müssen deswegen auch weiter einer Dynamik unterworfen werden und je nachdem, wie sich diese Krisen entwickeln, wird uns das auch vor weitere Herausforderungen stellen. Unser Ziel ist: Jede und jeder soll von der eigenen Arbeit leben können und dabei auch Freude und Erfüllung finden in dieser Arbeit und sich nicht ausgebeutet fühlen. Da bin ich ganz bei Marx. Aber es sind auch andere dafür. Die müssen keine Marxistinnen und Marxisten sein.

Und letztendlich ist es auch gut, dass in unserem Vergabegesetz in Kürze die Tarifklausel in Kraft gesetzt wird. Jedenfalls hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zugesagt, dass das jetzt in Kürze kommt. Das ist auch dringend notwendig. Denn auch hier gilt: Die Tariftreue-Klausel des Vergabegesetzes schützt die anständigen Unternehmen gegen Schmutzkonkurrenz, gegen Lohndumpingkonkurrenz, gegen Billig-billig-billig-Konkurrenz. – Das ist notwendig, um die Tarifbindung zu erhöhen, die sowieso in Berlin, in Ostdeutschland dramatisch niedrig ist. Das schützt Unternehmen und Beschäftigte, und das ist sinnvoll für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Da muss die öffentliche Hand in der Vorhand sein. Da muss sie ein Vorbild und ein gutes Beispiel sein, und in diesem Sinne werbe ich sehr für unser neues Vergabegesetz. – Danke schön!