Stellungnahme zur Volksinitiative „Unsere Schulen“

34. Sitzung, 29. November 2018

Steffen Zillich (LINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns vorgenommen, in zehn Jahren ausreichend Schulplätze zu schaffen für die wachsende Stadt, die steigende Schülerinnen- und Schülerzahl, den erheblichen Sanierungsstau zu beheben und die Schulträger mit ausreichend Mitteln für den baulichen Unterhalt auszustatten, dass kein neuer Sanierungsstau entstehen kann. Allen, die das vorgeschlagen haben – und Überlegungen gab es ja zahlreiche vor der Wahl, sich diesem Thema widmen zu müssen, weil die Problematik auf dem Tisch liegt – war klar, dass man ein solches Vorhaben nicht einfach auf die bestehenden Strukturen übertragen und dann erwarten kann, es wird erfüllt.  Den Nachweis, wie das gehen soll, ist auch die CDU jetzt hier schuldig geblieben. Uns war klar, dass wir dafür neue, zusätzliche Strukturen schaffen müssen und dass man ein solches Vorhaben auch nicht einfach aus dem laufenden Haushalt finanzieren kann. Auch da müssten Sie mal sagen, wie Sie das machen wollen.

Wir brauchen zusätzliche finanzielle Kapazitäten, zusätzliche Planungskapazitäten und zusätzliche Baukapazitäten, um diese riesige Aufgabe stemmen zu wollen.

Deshalb haben wir uns in der Koalitionsvereinbarung auf ein Modell öffentlich-öffentlicher Partnerschaft verständigt, indem ein Teil der Baumaßnahmen an Schulen durch die landeseigene HOWOGE-Tochter finanziert und durchgeführt wird.

Angesichts dieses Vorhabens befürchtete nun die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“, die Koalition hätte vor, unsere Schulen zu privatisieren, und sammelte Unterschriften für eine Volksinitiative. Dieses Vorhaben war mit knapp 30 000 Unterschriften erfolgreich. Dafür gebührt der Initiative Dank und den Unterstützern und Unterstützerinnen vor allen Dingen aber Respekt und Anerkennung. Sie haben dadurch das Recht erworben, dass dieses Haus ihr Anliegen diskutiert, die Initiative in den zuständigen Ausschüssen anhört und das Plenum darüber befindet. Genau an diesem Punkt sind wir jetzt. Die Anhörung im Bildungs- und im Hauptausschuss hat umfangreich stattgefunden. Sie wurde anhand eines Wortprotokolls ausgewertet. Ihnen liegt die Stellungnahme aus den Ausschussberatungen vor.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass zwar die Initiative mit diesem Verfahren nicht zufrieden war, wie dieses Haus auch bei anderen Volksinitiativen verfahren ist, dass aber der Verfassungsgerichtshof dieses Verfahren gestern klar bestätigt hat, indem er die Klagen dagegen im einstweiligen Verfahren abgewiesen hat.

Die Volksinitiative verdient Respekt für ihr demokratisches Engagement, und auch aus linker Sicht ist es kein schlechter gesellschaftlicher Befund, dass ein Privatisierungsvorwurf so viel Resonanz findet. Gleichwohl können wir der Initiative in der Sache nicht zustimmen.

Was wird im Einzelnen vorgebracht? – Es wird vorgebracht, Schulen würden in die Verfügung privaten Gewinninteresses überführt. Das ist nicht der Fall. Es gibt kein einziges privates Gewinninteresse in der HOWOGE-Konstruktion. Ein solches Interesse spielt in diesem Konstrukt keine Rolle.

Es wird vorgebracht, es handele sich hier um einen klassischen Fall von öffentlich-privater Partnerschaft. Auch das ist nicht der Fall. Wir bewältigen dieses Thema in der öffentlichen Familie und schließen genau die Nachteile von PPP aus.

Es wird vorgetragen, die HOWOGE könnte verkauft werden. Ja, das stimmt. Das hat im Moment zwar niemand vor – wer doch, der möge sich bekennen –, und es gibt in der Tat keine Versicherung gegen politischen Unsinn. Wenn denn der politische Wille besteht, kann die HOWOGE verkauft werden. Aber man muss dazusagen: Mit dem gleichen politischen Willen und den gleichen Hürden, kann auch jede einzelne unsanierte Schule verkauft werden. Also das ist kein zusätzliches Risiko. Wir fügen auch hinzu: Wir treten gerne in Gespräche mit den demokratischen Parteien in diesem Hause ein, um den Verkauf von Landesunternehmen unter den Vorbehalt einer Volksabstimmung zu stellen, also eine Privatisierungsbremse einzuführen.

Es wird vorgetragen, die HOWOGE könnte selbst vielleicht ihren Schulbauteil oder einzelne Erbbaurechte verkaufen. Nein, das kann sie nicht. Sie kann es nicht ohne Beteiligung des Abgeordnetenhauses und ohne die politische Zustimmung. Das schließt jetzt schon die Landeshaushaltsordnung aus. Mit der LHO-Änderung, die wir später besprechen, wird das auch zusätzlich ausgeschlossen, und wir haben im Haushaltsgesetz ausgeschlossen, dass Schulgrundstücke an nicht landeseigene Dritte überführt werden.

Finanzprodukte können die Banken handeln. Wie soll das gehen? Was soll sich ändern, wenn ein Annuitätendarlehen von irgendeiner kreditierenden Bank verkauft wird? Ändern sich dadurch die Verpflichtungen des Landes, des Kreditnehmers, der HOWOGE? – Nein, sie ändern sich nicht. Erst in dem Moment, wo die Verpflichtungen nicht bedient werden! Wir haben nicht vor, diese Verpflichtungen nicht zu bedienen.

Transparenz und Steuerung sind ein wichtiges Thema, aber durch ein umfangreiches Paket von öffentlichen Verträgen, von parlamentarischer Kontrolle der Bauabläufe und der Baukostenentwicklung, von schulscharfen Berichten, Einsichtsrechten von Abgeordneten, die gewährleistet sind – eine Transparenzgesetz ist noch in der Pipeline, jedenfalls nach dem Willen der Koalitionsvereinbarung – haben wir auch hier ein umfangreiches Netz gezogen, dass die Steuerung und die Kontrolle nicht beeinträchtigt werden.

Insofern kann man zusammenfassend sagen: Die mit dem Vorwurf der Privatisierung gemeinten Gefahren – Verlust an öffentlichem Einfluss, Risiken werden vergesellschaftet, Gewinne werden privatisiert, die Erfüllung öffentlicher Aufgaben wird unter den Vorbehalt privaten Gewinns gestellt, die öffentliche Handlungs- und Steuerungsfähigkeit wird geschwächt – sind mit dieser Schulbauinitiative nicht verbunden. Nein! Stattdessen mobilisieren wir für diese riesige Aufgabe der Berliner Schulbauoffensive zusätzliche Planungs-, Bau- und Finanzierungskapazitäten unserer Landesunternehmen.

Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung zuzustimmen bzw. dem Änderungsantrag. Indem wir die Beschlussempfehlung aufnehmen und zusätzlich auch die Resolution unter dem nächsten Tagesordnungspunkt behandeln, wird der politische Rahmen der Schulbauoffensive detailliert dargestellt. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.