Humanitäres Willkommen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

FlüchtlingspolitikKatina Schubert

9. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 24.03.2022

Zu "Humanitäres Willkommen für Kriegsflüchtlinge als gesamtstaatliche Aufgabe – nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die souveräne Ukraine" (Priorität der Fraktion Die Linke)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Fraktion der FDP Drucksache 19/0241

Katina Schubert (LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir jetzt einen Antrag aller demokratischen Fraktionen zu einem Willkommen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben, ist gut und ein Wert an sich. Dafür vielen Dank im Namen meiner Fraktion! Das ist ein gutes Zeichen in Richtung der Menschen, die jetzt zu uns kommen und Schutz und Aufnahme suchen.

In der momentanen Lage ist Berlin der wichtigste Anlaufpunkt für Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind. Deswegen ist das, was im Moment die Berliner Zivilgesellschaft, die vielen Freiwilligen, die Hilfsorganisationen, die Wohlfahrtsorganisationen, alle Senatsverwaltungen, das LAF, das LEA, die Polizei, die Feuerwehr, die BVG, die Deutsche Bahn und die Bezirksämter auf die Beine gestellt haben, aller Ehren wert. Ich kann nur sagen: Vielen Dank an alle Beschäftigten, an alle Freiwilligen! Das, was Sie hier gerade aufführen, ist ganz großes Kino.

In wenigen Tagen sind in den Bezirksämtern, in den Sozialämtern über 14 000 Anträge bearbeitet worden, und es läuft – natürlich unter schwierigen Bedingungen. Das zeigt aber, dass Berlin es kann und funktioniert, wenn es hart auf hart kommt. Das ganze Berlinbashing können wir nur gemeinsam zurückweisen – vielleicht in Richtung von Frau Agnes Strack-Zimmermann, die von „Berliner Gemütlichkeit“ spricht und ähnliche Äußerungen tätigt. Nein, das ist nicht der Fall. Berlin macht es sich nicht gemütlich, sondern Berlin strengt sich nach besten Wissen und Gewissen an.

Umso wichtiger ist es, dass jetzt auch der Bund mitmacht, dass der Bund, der sagt: Das werden die schon machen –, aus seiner Gemütlichkeit kommt. Nein, so einfach geht das nicht.

Am Anfang war es so: Da schickte der Bund einen Bus. Dann standen die Busse da rum, und die geflüchteten Menschen wussten gar nicht, was sie mit den Bussen machen sollten. Dann hieß es: Dann fahrt doch nach Gießen oder Mönchengladbach. – Da fragten die sich: Was sollen wir in Gießen oder Gladbach? Da gibt es keinen Anknüpfungspunkt, und wir wissen nicht, wohin. Was soll das sein? – Deswegen ist es gut, dass das jetzt organisiert wird. Es ist gut, dass es ein Management gibt. Es ist gut, dass wir den Königsteiner Schlüssel eingesetzt haben. Denn wir alle wissen: Wer einen Anknüpfungspunkt, wer Familie in Berlin hat, der oder die kann hier bleiben. Wer das nicht hat, wird nach Königsteiner Schlüssel weiterverteilt, um auch dort ein gutes Ankommen zu gewährleisten. Damit wir hier nicht wieder in die Lage kommen, in der wir 2015 und 2016 waren, wo Menschen vor den Ämtern im Schlamm standen und keine Versorgung hatten. Das ist im Moment gewährleistet, und das ist gut so.

Dieser brutale Angriffskrieg von Putin, dieser völkerrechtswidrige Krieg hat mittlerweile viele Millionen Menschen auf die Flucht geschickt. Viele sind noch im Westen der Ukraine. Wir können nicht sicher sein, dass nicht auch sie noch das Land verlassen müssen. Auch deswegen ist es gut, dass Berlin sagt: Wir nehmen alle auf. Wir geben allen Schutz, die aus der Ukraine geflohen sind, egal welche Hautfarbe und Staatsangehörigkeit sie haben.

Ich wünsche mir vom Bund auch klare Regeln, dass People of Colour keine Diskriminierungen erfahren, auch nicht im aufenthaltsrechtlichen Status, und dass wir für alle hier eine Perspektive schaffen.

Ich glaube, über das, was wir gemeinsam in den Antrag geschrieben haben, hinaus, ist es auch wichtig, dass wir uns noch einmal angucken, in welchem Regelungskreis sich die geflüchteten Menschen bewegen. Im Moment ist es so: Sie werden nach § 24 Aufenthaltsgesetz anerkannt und müssen ins Asylbewerberleistungsgesetz. Eigentlich ist das systemwidrig. Denn wer die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz kriegt, soll auch gleich die Arbeitserlaubnis bekommen können. Das heißt, schon von der Logik her wäre es viel richtiger, sie direkt ins SGB II zu schicken. Denn wenn sie die Aufenthaltserlaubnis haben und dann auf den Arbeitsmarkt dürfen, dann müssen sie sowieso in irgendeiner Form zum Arbeitsamt. Es sei denn, sie haben schon einen Job. Integrationspolitisch, partizipationspolitisch und arbeitsmarkpolitisch wäre es richtig, sie sofort ins SGB II zu übernehmen – davon abgesehen, dass dann der Bund auch mit in der Verantwortung wäre und sich an den Kosten beteiligen müsste. Es kann nicht sein, dass der Bund uns mit diesen Kosten alleinlässt.

Meine letzte Anmerkung, weil mir die Redezeit davonläuft: Wenn es so weit kommt, dass noch mehr Menschen aus guten Gründen kommen, brauchen wir die Solidarität aller Staaten in der Europäischen Union. Es kann nicht vom Zufall abhängen, wo es ukrainische Communitys gibt, die bereit sind, ganz viele Menschen anzubinden und aufzunehmen, sondern wir müssen auf der europäischen Ebene eine solidarische Lösung finden, damit alle eine Chance haben.

Es gibt auch Städte, da werden Zeltstädte auf irgendwelchen Schotterplätzen aufgebaut. Das ist in Berlin nicht der Fall, und es ist auch gut, dass es nicht so ist. Aber dabei muss es auch bleiben. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine, egal welcher Hautfarbe sie sind, sind hier willkommen. Dabei sollte es bleiben, und dafür setzen wir alle Anstrengungen ein. – Danke schön!