Ines Schmidt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Quelle: rbb-online.de

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

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Mit unserem Antrag wollen wir Akzente setzen und die Unternehmen des Landes dazu verpflichten, mit einem genauen Zahlenwerk der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern entgegenzuwirken, erläutert Ines Schmidt.

46. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 12. September 2019

Gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei Landesbeteiligungen ausweisen

Ines Schmidt (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Frau Auricht! Sie haben heute schon öfter bewiesen, dass Sie nicht wissen, was die Gesetzmäßigkeiten dieses Hauses sind. Aber ich denke, Sie können Herrn Hansel fragen und bekommen garantiert die Liste der landeseigenen Unternehmen. – Kinder! Das ist ja katastrophal, das Wissen! Und das Schlimmste ist, dass Sie hier noch reden dürfen!

[Heiterkeit bei Torsten Schneider (SPD) –
Gunnar Lindemann (AfD): Wir sind doch
 nicht in der SED! –
Marc Vallendar (AfD): Wenn wir noch
die DDR hätten, wäre das verboten, nicht?]

Aber ich denke, da sind ganz viele Frauen in Berlin, die sich das auch noch anhören.

[Jeannette Auricht (AfD): Gott sei Dank!]

Wir haben am 4. März darüber geredet; es ist heute das zweite Mal, Frau Auricht. Für Sie auch eine Katastrophe! Heute erkläre ich es gerne noch mal – hören Sie schön zu, weil es wichtig ist, dass Frauen und Männer in allen Führungsebenen bis zur untersten Leitungsebene in absoluten Zahlen dargestellt werden.

Ich habe da noch ein schönes anschauliches Beispiel anhand von Eingruppierungen von Frauen und Männern nach der Ausbildung: Die Frauen machen meistens die kaufmännische Ausbildung und die Männer meistens die technische Ausbildung.

[Weitere Zurufe von Jeannette Auricht (AfD)]

– Hören Sie zu, Frau Auricht! Quatschen Sie doch nicht immer dazwischen, sonst wissen Sie doch nächstes Mal wieder nicht, wovon Sie reden. Das ist doch eine Katastrophe, ehrlich!

Bei der technischen Ausbildung, Mechatroniker bis IT-Informatiker, ist nach der Ausbildung die Eingruppierung 7 an der Tagesordnung, und bei der kaufmännischen Ausbildung z. B. zur Bürokauffrau ist die Entgeltgruppe 5 an der Tagesordnung. Das heißt, Frau und Mann werden schon ungleich behandelt, obwohl sie mit einer Bestenauslese eingestellt wurden. Die Frauen werden schon ungleich behandelt, wenn sie ins Berufsleben einsteigen – deswegen brauchen wir aktuelle Zahlen.

Frau Auricht! Wenn die Berichtspflicht kommt, da kommt rein: soundso viele Ausbildungsplätze und davon soundso viele Frauen.

[Ronald Gläser (AfD): Dann brauchen wir
 das ja nicht zu erheben!]

Da wissen Sie überhaupt nicht: Wie sind die eingruppiert? Wie sind die unterwegs? Und vor allen Dingen, in welcher Ausbildungsrichtung sind sie unterwegs? Deswegen brauchen wir aktuelle Zahlen.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wild?

Ines Schmidt (LINKE):

Nein. Nein, danke!

[Gunnar Lindemann (AfD): Na klar!]

– Er soll seine Frau Auricht fragen; die kann bestimmt gute Antworten geben.

Wenn hier unser Antrag greift, dann wird das im jährlichen Bericht nach § 19 LGG eine Rolle spielen. Wir können gegensteuern und entsprechende Maßnahmen einleiten, wie wir es im Dezember 2018 beschlossen haben. Die Durchsetzung der Reservierungsquote war etwas Großartiges; alle waren damit einverstanden. Lassen Sie uns das in Zukunft angehen. Wir werden was verändern.

Absolute Zahlen über Frauen und Männer müssen überall eine Rolle spielen, egal ob in Aufsichtsratsunterlagen – da gibt es immer noch Personalstatistiken, in denen überhaupt keine Frauen vorkommen –, in Geschäftsberichten oder in Statistiken. Ich würde es sogar noch ausweiten, ich würde sagen, rückwirkend drei bis fünf Jahre den aktuellen Stand und eventuell mit Maßnahmen hinterlegt, wie der aktuelle Stand verändert werden kann. Um nur klar zu machen, wie wichtig Zahlen sind: Frauen müssen sichtbar sein. Was nicht sichtbar gemacht ist, ist überhaupt nicht vorhanden.

Jetzt wird vielleicht die eine oder der andere sagen, wir haben doch das Entgelttransparenzgesetz, was seit über einem Jahr in Kraft ist. Aber bis heute sind mir nur elf Fälle bekannt, die von diesem Gesetz Gebrauch gemacht haben, und das waren alles Männer. Die Wunschvorstellung, dass Tausende von Frauen sich erkundigen, wie im Vergleich das Entgelt einer Kollegin oder eines Kollegen aussieht, ist nicht eingetreten. Ein Fehler ist dabei: Unternehmen mit unter 200 Beschäftigten müssen überhaupt keine Auskunft erteilen. Beschäftigte in Unternehmen mit unter 500 Beschäftigten müssen die Auskunft direkt von ihrem Vorgesetzten erbitten, und damit ist wieder eine Überwindung verbunden, denn die Frauen, die fragen, müssen danach in demselben Büro weiterarbeiten. Und die Hürde, gleiches Geld zu bekommen wie der Kollege mit der gleichen Tätigkeit, ist sehr hoch, denn dies muss eingeklagt werden. Also: Gestartet als Tiger und gelandet als Bettvorleger!

Also, müssen wir hier mit unserem Antrag Akzente setzen und unsere Unternehmen dazu verpflichten, mit einem genauen Zahlenwerk der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern entgegenzuwirken. Denn ich und unsere Koalition, wir werden nicht zulassen, dass wir mit dem 26. von 28. Plätzen in der EU das Schlusslicht bei dem Lohnunterschied von Frauen und Männern sind – und das mit unwesentlicher Veränderung seit elf Jahren. Mit diesem Antrag haben wir den Equal-Pay-Day um keinen Tag verschoben, nicht mal einen Zentimeter. Wir haben auch nicht dafür gesorgt, dass Frauen und Männer das gleiche Geld verdienen. Wir haben mit diesem Antrag eigentlich nur Transparenz gefordert, um Ungleichbehandlung sichtbar zu machen. Ganz ehrlich, unter uns: Ich finde es fast eine Schande, dass wir im Jahr 2019 für so eine Selbstverständlichkeit noch Zeit verschwenden. – Vielen Dank!