Senat lässt Schwangerschaftsberatung im Regen stehen
Nach wie vor erfüllt Berlin nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestschlüssel an Beratungsfachkräften gemäß dem Schwangerschaftskonfliktgesetz. Zwar haben CDU und SPD die Kürzungen im Bereich der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen in 2023 zurückgenommen und den Mittelansatz um circa drei Millionen Euro jährlich erhöht. Aber die vereinbarten zusätzlichen neuen Angebote in der Stadt wurden bisher nicht aufgebaut und es bleibt unklar, wann diese Beratungsstellen in Betrieb genommen werden können. Damit kommt der Großteil der Mittel nicht bei den Frauen und Familien in schwierigen Lebenslagen an.
Zudem soll eines der wenigen neuen Beratungsangebote nun auch noch durch den umstrittenen Träger Donum Vitae erfolgen, der als einziger ein komplettes Vollzeitäquivalent für die Beratung zur Pränataldiagnostik erhalten soll. Donum Vitae spricht sich gegen die vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und für die Beibehaltung des umstrittenen § 219 a aus, der es Ärztinnen und Ärzten verbietet, öffentlich über Abtreibungen zu informieren. Gegen den Träger Donum Vitae werden im Bundesgebiet immer wieder öffentlich Vorwürfe von schwangeren Frauen erhoben, dass die Beratungen nicht ergebnisoffen seien sowie als bevormundend wahrgenommen werden würden.
Dazu die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Ines Schmidt:
„Ich sehe das sehr kritisch, dass mit Donum Vitae nun ein Träger finanzielle Förderung durch das Land Berlin erhält, der nicht nur der katholischen Kirche nahesteht, die Schwangerschaftsabbrüche ablehnt, sondern gegen den auch immer wieder Beschwerden vorgebracht werden, dass die Beratungen nicht ergebnisoffen wären. Dessen Selbstverständnis, sich als Anwalt der Mutter und auch des Kindes zusehen, lassen mich daran zweifeln, dass hier die schwangere Frau und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Das letzte, was Frauen in einer solchen Konfliktsituation brauchen ist, dass moralischer Druck auf sie ausgeübt wird. Deshalb wollen wir, dass sich Schwangere freiwillig und ohne die Pflicht eines Beratungsscheines beraten lassen können. Schwangerschaftsabbrüche haben nichts im Strafgesetzbuch zu suchen!“
Hierzu erklärt Tobias Schulze, Vorsitzender der Linksfraktion:
„Berlin kommt weiterhin seiner gesetzlichen Pflichtaufgabe der Schwangerschaftsberatung nicht ausreichend nach. Hier sind 10 Vollzeitstellen zu wenig eingerichtet. Bedenken wir die Situation, Schwangere müssen sich vor einem Abbruch in Beratungsstellen beraten lassen, sie sind oft in Zeitnot und brauchen schnell Termine. Die Finanzierungsgrundlage für die Beratungsstellen ist nicht geklärt. Da hinken wir anderen Bundesländern hinterher, obwohl in Berlin besonders viele Frauen einen Abbruch durchführen lassen.
Es fehlt an transparenten und nachprüfbaren Kriterien der Finanzierung der Beratungsstellen. Es braucht auch ein einheitliches Controlling und eine bedarfsgerechte Steuerung der Beratungs-angebote über die gesamte Stadt. Zuwendungsbescheiden werden erst ein Jahr später erteilt und ermöglichen zudem auf Grund der kurzen Dauer keine Personalplanung. Dieses Vorgehen drückt weder Wertschätzung für die Träger aus noch lassen sich damit die wertvollen Fachkräfte binden.
Ich fordere die Gesundheitssenatorin auf, das Gespräch mit den Trägern zu suchen und die Auszahlung der vom Parlament beschlossenen Aufwüchse zu veranlassen. Diese dürfen nicht zur Auflösung der Pauschen Minderausgaben 2024 herangezogen werden. Das Land Berlin hat eine gesundheitliche Versorgungspflicht, im Sinne der Frauen und Familien.“
Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ines Schmidt und Tobias Schulze (LINKE) zum Thema:
https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19394.pdf