Welttoilettentag: doppelte PISSkriminierung beenden!
Anlässlich des Welttoilettentags am 19. November lohnt sich ein Blick auf den aktuellen Stand der öffentlichen Toiletten in Berlin. Eine Anfrage von Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Tourismus der Linksfraktion zeigt: Knapp ein Drittel des Toilettenangebotes der 278 durch die Wall GmbH betriebenen Anlagen sind ausschließlich Stehpinkler*innen vorbehalten.
Damit haben diese nicht nur ein Drittel mehr Toiletten zur Verfügung, sondern nutzen diese auch noch komplett kostenlos! Zwei Drittel des Angebots öffentlicher Toiletten stehen dem gegenüber allen Nutzer*innen, ob mit oder ohne Penis zur Verfügung - davon sind außerdem zirka zwei Drittel Bezahlklos.
Die Anfrage ergab zudem eine Diskrepanz zwischen den ehemaligen Ost- und Westbezirken in puncto Verteilung und Verfügbarkeit kostenloser Toilettenstandorte. Es wirft Fragen auf, warum es beispielsweise in Charlottenburg-Wilmersdorf oder Reinickendorf deutlich mehr kostenlose öffentliche Toiletten gibt, als in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg.
Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz erklärt in der Anfrage außerdem, es solle überprüft werden, inwieweit der Abbau der Münzfächer Fehlnutzungen und Vandalismus vorbeuge. Zudem würde diese Maßnahme dafür sorgen, dass die Toiletten für alle Berliner*innen zugänglich blieben.
Dazu erklärt Katalin Gennburg:
„Meine Anfrage deckt auf: Es besteht noch immer eine doppelte PISSkriminierung – nämlich einerseits in Hinblick auf die Geschlechterdiskriminierung aber andererseits auch mit Blick auf die Verteilung der Toilettenstandorte im ehemals geteilten Stadtgebiet sowie durch die Preispolitik in öffentlichen und in privaten Toiletten.
Denn: Trotz des Pilotprojekts der Umweltverwaltung zur zeitweisen Testphase für kostenlose Toiletten an einigen Standorten, macht die Geschlechterdiskriminierung vor der Porzellanschüssel noch längst keinen Halt.
Im Gegenteil sind ein Drittel der öffentlichen Pinkelmöglichkeiten in Berlin nur für Menschen mit Penis zugänglich – und zwar kostenlos!
Das ist zutiefst ungerecht und diese Ungerechtigkeit kann sofort beendet werden! Indem einfach alle Toiletten im öffentlichen Raum kostenlos angeboten werden, wäre das ganz einfach machbar! Sydney, Paris und Hannover machen es vor – Toiletten im öffentlichen Raum sind Teil des öffentlichen Versorgungsauftrags und gehören zur öffentlichen Infrastruktur und sollten kostenlos sein und ohne Bezahlschranke.
Seit Jahren gibt es dafür Druck von Initiativen wie dem Bündnis #peeforfree, Seniorenvertretungen und auch von mir als Abgeordneter. Seit dem Sommer 2022 gibt es immerhin auch ein Pilotprojekt zur kostenlosen Nutzung öffentlicher Toiletten.
Da der Senat mir mitteilte, leider keine Kenntnis über die Preisstrukturen der privaten Anbieter*innen zu haben, bleibt indes unbeantwortet, inwieweit außerdem die unterschiedlichen Preisangebote der privaten Betreiber*innen ein Ost-West Gefälle bei den kostenpflichtigen Toiletten zementieren.
Als LINKE kritisieren wir außerdem die von der Umweltverwaltung geplante Kartenzahlung als Standard für die Nutzung öffentlicher Toiletten. Ich finde es völlig inakzeptabel und politisch falsch den Ausschluss vieler Nutzer*innengruppen wie Senior*innen und Jugendliche als “breite Zugänglichkeit” und Inklusion verkaufen zu wollen. Der Begriff der “Schutzgebühr” muss genauso fallen, wie die Schutzgebühr selbst. Als LINKE fordern wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft anlässlich des Welttoilettentages: Umsonst Pinkeln für alle statt ohne Karte ordnungswidrig!”
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Dateien
- Anfrage 19-13705: Doppelte PISS-Kriminierung in Ost- und West-Berlin?
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