Keine Entlassung des Hauses Hohenzollern aus seiner historischen Verantwortung – öffentliches Kulturerbe sichern!
76. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 25. März 2021
Keine Entlassung des Hauses Hohenzollern aus seiner historischen Verantwortung – öffentliches Kulturerbe sichern! (Priorität der Fraktion Die Linke)
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Annahme einer Entschließung Drucksache 18/3491
Regina Kittler (LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Entschließungsantrag wollen wir als politisch Verantwortliche für das Land Berlin klarstellen, dass wir nicht verschenken werden, was der Gesellschaft gehört.
Führende Vertreter und Vertreterinnen des sogenannten Hauses Hohenzollern, allen voran der damalige Kronprinz Wilhelm von Preußen, haben nach übereinstimmender Einschätzung von Historikern und Historikerinnen zum Ende der Weimarer Republik beigetragen und der Machtergreifung und dem Machterhalt des Nationalsozialismus erheblich Vorschub geleistet.
Das Gleiche gilt auch, das dürfte wohl nicht bestritten werden, für die Ehefrau des Kronprinzen, Cecilie oder auch für seine Schwester Viktoria Luise. So übernahm die Kronprinzessin Cecilie von Preußen die Schirmherrschaft über den Bund Königin Luise, deren gestellte Aufgaben unter anderem in der Pflege – Zitat – „des Heldentum des Weltkriegs“ und in der – Zitat – „Rassenpflege und Eugenik“ lagen und der lange vor 1933 Jüdinnen und andere „Fremdstämmige“ – auch das war ein Zitat – von der Mitgliedschaft ausschloss um, Zitat: „die Reinheit der Rasse“ zu gewährleisten, beschrieben rückblickend vom Reichspressewart Franziska von Gaertner 1934.
Der damit verbundenen historischen Verantwortung müssen sich die Nachfahren des Hauses Hohenzollern stellen. Sie haben deshalb weder ein Anrecht auf Rückgabe von Gemälden und Kunstschätzen noch auf Entschädigung für diese oder für Immobilien.
Abgesehen davon, dass sie ihre Schätze und ihre Schlösser über Jahrhunderte mittels autoritärer Herrschaft und durch Frondienste ihrer Untertanen erschaffen ließen, haben sie vom deutschen Kolonialismus und letztlich auch von der sogenannten Arisierung, also Enteignung jüdischer Firmen profitiert, letzteres insbesondere Viktoria Luise und ihr Mann, die sich hier bereicherten. Zur Herkunft der Schätzung ist deshalb wohl noch einiges aufzuarbeiten.
In Berliner Sammlungen und Museen befinden sich viele Kunstschätze aus dem ehemaligen Besitz der Hohenzollern, die durch die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der von mir umrissenen Vorgeschichte enteignet und später an die DDR zurückgegeben wurden oder bereits in den zwanziger Jahren durch Kauf in Landesbesitz kamen. Hinzu kommen viele Leihgaben aus dem Besitz der Hohenzollern. Es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, sich durch die Drohung der Hohenzollern erpressen zu lassen, ihre in ihrem Eigentum befindlichen Exponate aus unseren Einrichtungen abzuziehen. Wenn es keine gerichtliche oder außergerichtliche Einigung gäbe – das haben sie ja angedroht –, dann wollen sie das tun. Dann kann ich hierzu nur sagen: Leihverträge dürfen keine Druckmittel sein. Es sei hier auch angemerkt, dass die Länder und der Staat als Leihnehmer als Ausgleich über Jahrzehnte die Kosten für die Versicherung und die Restauration der Kunstschätze übernommen und den Hohenzollern Vergünstigungen beim Vererben gewährt haben. Sollten die Hohenzollern also ihre Leihgaben, was bei Dauerleihgaben übrigens nicht so einfach ist, aus unseren Museen abziehen wollen, wenn ihnen keine Entschädigung zugesprochen wird, dann darf sich das Land Berlin dadurch nicht erpressen lassen.
Dann wird es Aufgabe der Sammlungen und Museen sein, die Leerstellen zu kennzeichnen und zu kommentieren.
Wir sehen keine Grundlage für Entschädigungsansprüche. Wir wollen eine Offenlegung der Forderungen derer von Preußen, und dass das von den Hohenzollern angestrengte Gerichtsverfahren zügig zu Ende geführt wird. Wir fordern den Senat zudem auf, auf umfassende Transparenz über die Vergleichsgespräche zu dringen und sämtliche Forderungen der Familie zu Kulturgut in Berliner Museen zu veröffentlichen.
Zum Schluss sei mir noch gestattet, auf Folgendes einzugehen: Die Hohenzollern haben in beispiellosem Umfang versucht, beispielsweise über ihren Medienanwalt Hennig, der über 80 Unterlassungsklagen einreichte, die Wissenschaftsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung von Politikerinnen und Politikern zu beschränken und eine kritische Berichterstattung in den Medien darüber zu unterbinden. – Auch dem stellen wir uns entschieden entgegen. Ich nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, dass das Oberlandesgericht Hamburg gestern zu einem Ergebnis kam, dass der in Edinburgh lehrende Wissenschaftler und Adelsexperte Stephan Malinowski weiter berichten, Fakten veröffentlichen und Position beziehen darf. Deshalb, kann ich nur sagen, beziehen auch wir hier im Haus Position.