Schutz von beweglichen Kulturgütern bereits geregelt

76. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 25. März 2021

Zu "Wider den Kulturverfall – der Staat ist zum Kulturgüterschutz verpflichtet: Ein Kulturgutschutz-Gesetz für Berlin (KuguG Berlin)" (Priorität der AfD-Fraktion)

Regina Kittler (LINKE):

Immerhin herrscht Heiterkeit im Saal. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Überschrift haben wir ja schon den ersten Knaller: „Wider den Kulturverfall“. – Und das in Berlin. Da frage ich Sie: Wo waren Sie eigentlich in den letzten vier Jahren? Ich habe hier keinen Kulturverfall feststellen können.

Dass Sie Wahrnehmungsstörungen haben, wissen wir allmählich.

Dann kommen wir mal zu dem Gesetzentwurf. Der Grundgedanke soll wohl sein, einen mit dem Denkmalschutz vergleichbaren Erhaltungsschutz für bewegliche Kulturgüter zu normieren.

Vizepräsidentin Cornelia Seibeld:

Frau Abgeordnete! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Regina Kittler (LINKE):

Das verkennt aber, dass für den Schutz von Denkmälern und beweglichen Kulturgütern verschiedene Ausgangslagen bestehen. Während der Denkmalschutz überwiegend feste Stätten betrifft, die dem alltäglichen Gebrauch ausgesetzt sind, befinden sich bewegliche Kulturgüter ja bereits in Einrichtungen, die eigens zum Zweck des Erhalts, der Pflege und der Ausstellung der betreffenden Kulturgüter errichtet wurden. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ist also, anders als im Denkmalschutz, im Bereich der beweglichen Kulturgüter gar nicht gegeben, da hier bereits diverse Normen und Selbstverpflichtungen existieren, die die von diesem Gesetzesentwurf thematisierten Aspekte regeln. Das sind insbesondere Einrichtungen-Stiftungsgesetze, also wie zum Beispiel das Museumsstiftungsgesetz oder das Archivgesetz, sowie etwa auch Berufsverbandsrichtlinien zum Umgang mit beweglichen Kulturgütern, wie beispielsweise vom Deutschen Museumsbund und Ähnlichen.

Zu den einzelnen Regelungsaspekten Folgendes: Der Anwendungsbereich im Hinblick auf die betroffenen Kulturguteinrichtungen ist ja selektiv. Er ist in § 1 Abs. 2 beschrieben und deckt aber nur einen Ausschnitt der Berliner Landschaft kulturgutbewahrender Einrichtungen ab. Laut § 1 Abs. 2 soll ja der Gesetzesentwurf lediglich auf öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Landes Berlin Anwendung finden, sofern nichts anderes geregelt ist. Jetzt müssen wir uns einmal genau angucken, wen das betrifft. – Das sind neben den vier Museumsstiftungen lediglich einige Gedenkstättenstiftungen, die Stiftung ZLB und das Landesarchiv – und Schluss. Nicht umfasst werden demnach Bundeseinrichtungen, wie die Staatlichen Museen zu Berlin, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie Zuwendungsempfänger/-innen des Landes Berlin.

Also im Hinblick darauf, dass nach dem Entwurf diverse Einzelkostenpunkte für kulturguterhaltende und -sichern­de Maßnahmen durch das Land Berlin übernommen werden sollen, stellt sich die Frage, ob hierdurch eine Benachteiligung der sonstigen Zuwendungsempfänger und -empfängerinnen bezweckt wird. Frage ich.

Eine generelle Kostenübernahmenorm, die hier in § 4 Abs. 2 normiert wird, dass das Land Berlin die finanzielle Basis für kulturgutbewahrende Einrichtungen in Berlin zur Inventarisierung, Erforschung, Konservierung, Sicherung usw. sichern soll, wie auch immer diese finanzielle Basis für sämtliche in Berlin befindlichen kulturgutbewahrenden Einrichtungen aussehen soll, dafür bleiben Sie irgendwie die Erklärung schuldig, das bleibt hier völlig offen in Ihrem Antrag. Und auch in der Begründung findet sich hierzu lediglich die Anmerkung, dass diese über die SKP und den Hauptstadtkulturvertrag gemeinsam mit dem Bund gesichert werden würden.

In § 2 Abs. 3 kommen Sie zu einer Definition des Kulturgutschutzes und auch hier umfasst das nur einen Teil dessen, was gemeinhin unter Kulturgutschutz verstanden wird. Unserer Meinung nach besteht hier überhaupt kein Normierungsbedarf, weil ein Großteil der Regelungen bereits anderweitig getroffen ist oder umgesetzt wird.

§ 5 normiert die Einsetzung eines Landesbeauftragten für Kulturgutschutz – ob es auch eine Frau sein dürfte, wäre zu fragen –, wie ja im Übrigen im Entwurfstext immer nur von Männern die Rede ist. Wir haben es ja vorhin auch in der Rede schon genauso gehört. Die dort benannten Aufgaben werden aber bereits vom Aufgabenbereich Kulturgutschutz der Senatskulturverwaltung in Zuständigkeit der bundesrechtlichen KGSG-Umsetzung ausgeübt.

In § 6 Abs. 1 beschreiben Sie dann kulturgutbewahrende Einrichtungen. Die hier genannten Einrichtungspflichten sind bereits per Definition Aufgabe für kulturgutbewahrende Einrichtungen. Was hat ein Museum nämlich eigentlich für Aufgaben? – Ein Museum ist per Definition dazu verpflichtet, eine Sammlung zu beschaffen, zu bewahren, zu erforschen, bekanntzumachen und auszustellen. Selbstverpflichtungen und Standards sind hier insbesondere die Empfehlungen und Leitfäden von ICOM sowie dem Deutschen Museumsbund, auf den bin ich vorhin schon eingegangen, die sehr klar darlegen, dass Sammlungen inventarisiert, konservatorisch betreut, sicher verwahrt usw. werden müssen.

Auch zu Notfallplanungen gibt es selbstverständlich mit allen Einrichtungen Absprachen, auch mit der Feuerwehr, mit der Polizei, mit dem Wachschutz selbstverständlich und so weiter. Ich könnte jetzt hier jeden einzelnen Paragrafen noch weiter auseinandernehmen. Das will ich Ihnen jetzt ersparen.

Zusammenfassend möchte ich feststellen: Ein Kulturgutschutzgesetz des Landes Berlin, wie es offenbar den Erwartungen der AfD-Fraktion entspricht, ist erstens nicht notwendig, da der Erhalt und die Sicherung von beweglichen Kulturgütern bereits anderweitig geregelt und gelebte Museumspraxis ist.

Zweitens würde ein solches Gesetz unrealistisch hohe Anforderungen an die betroffenen Einrichtungen und Stellen hervorrufen. Es stünde auch – das können wir gern im Ausschuss noch mal besprechen – der gelebten Offenheit von Kultureinrichtungen entgegen. Als Letztes würde das Land Berlin vor immense Mehrkosten gestellt werden, die nicht zu begründen sind. – Danke!

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