Novellierung des Rundfunkbegriffs als Chance begreifen

23. Sitzung, 8. März 2018

Anne Helm (LINKE):

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schlömer! Sie benennen hier ein tatsächlich existierendes Problem. Die aktuellen Lizenzregelungen sind nicht mehr zeitgemäß und ignorieren die Digitalisierung und inzwischen längst im Netz etablierte Formate. Um mehr als 500 Personen regelmäßig zu erreichen, braucht man heute keine kostenintensive Infrastruktur mehr. Sender können wir inzwischen alle sein. Es gibt sehr diverse und sehr spezialisierte Angebote, und alle finden ihre Nischen und auch ihr Publikum. Das ist ja auch das Wunderbare, das wir am Netz so sehr lieben. Auf der anderen Seite gibt es auch neue extreme Reichweiten und umsatzstarke Formate – Sie haben ein paar genannt –, die wir uns noch vor einigen Jahren nicht hätten vorstellen können. All dem muss eine Novellierung Rechnung tragen. Ich bin durchaus auch der Meinung, dass die 500-Personen-Regelung da ein bisschen antiquiert ist.

Aber wie die Kollegen Halsch und Goiny auch schon gesagt haben, sind Sie nicht der Erste, dem dieser Missstand aufgefallen ist. Wir haben die zuständigen Landesmedienanstalten, die diesen Missstand schon angezeigt und ganz unterschiedliche Vorschläge dazu unterbreitet haben, wie man damit umgehen könnte. Sie haben auch für sich unterschiedliche Handhabungen der aktuellen Vertragslage gefunden. Deswegen finde ich teilweise auch diese Panikreaktion etwas unangemessen. Ja, da muss definitiv nachgebessert werden, aber auch die Landesmedienanstalten haben schon gute Beiträge zu dieser Debatte geleistet.

Sie haben es schon gesagt. Auf Youtube ist diese Debatte teilweise sehr emotionalisiert und noch mal aus einer ganz anderen Perspektive geführt worden, die durchaus interessant ist, aber manchmal auch mit so einer Draufsicht auf das Medienrecht verbunden ist, die mit dem Gegenstand nur teilweise zu tun hat, aber durchaus eine interessante Ergänzung sein kann.

Die Länder haben auch schon angefangen, sich darüber zu unterhalten, und sind miteinander in die Debatte eingetreten, wie sie das zukunftsweisend lösen wollen. Vielleicht irre ich mich, aber wenn ich es richtig überblicke, ist die Haltung, die Sie hier haben, oder das, was Sie vorschlagen, ja auch die Haltung von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen. Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, da bin ich mir noch nicht so ganz sicher.

Ich bin der Meinung, dass mit der Novellierung des Rundfunkbegriffs auch eine ganz große Chance verbunden ist. Herr Schlömer! Sie haben ein paar Themen und Fragestellungen genannt, die damit zusammenhängen, aber in Ihrem Antrag überhaupt nicht vorkommen. Es ist notwendig, sie an dieser Stelle zu debattieren, und das bringt auch große Chancen mit sich. Da können wir uns durchaus auch noch wesentlich weitergehende Liberalisierungen vorstellen. Deswegen bin ich auch ein wenig überrascht, wie bescheiden Ihr Antrag letzten Endes ausgefallen ist, denn auf Ihren Social-Media-Kanälen hatten Sie ihn ja als einen großen Befreiungsschlag angekündigt. Demgegenüber fand ich dann schon, dass der jetzige Vorschlag ein bisschen bescheiden ist.

Abgesehen davon wollen wir auf jeden Fall in der Zukunft auf technologieneutrale Lösungen setzen, damit wir dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen und damit wir nicht in absehbarer Zeit wieder vor der Situation stehen, dass wir langwierige Novellierungsprozesse und Einigungsprozesse zwischen den Ländern brauchen. Das wollen wir möglichst vermeiden.

Aber ich finde es durchaus richtig, Herr Schlömer, dass Sie diese Debatte hier anstoßen, weil ich glaube, dass wir als Parlament schon selbstbewusst sagen können, dass wir an dieser Entscheidungsfindung teilnehmen wollen. Deswegen freue ich mich auch darauf, diesen Antrag im Ausschuss zu behandeln, und bin auch der Meinung, dass wir uns dazu gern noch einmal Expertinnen und Experten anhören können. Ich freue mich darauf. – Vielen Dank!