Grundstücke für Wohnungsbaugenossenschaften

33. Sitzung, 15. November 2018

Dr. Michail Nelken (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Kollegen von der FDP! Die FDP, die Partei der freien Marktwirtschaft, setzt sich für die Interessen der Genossen von Wohnungsbaugenossenschaften ein – und das ist gut so! Damit wir uns daran gewöhnen und sich die FDP auch selbst daran gewöhnt, stellen Sie sozusagen Anträge in Kette.

Ich war etwas verwirrt bei dem Antrag, insofern ich dachte, das sei die zweite Lesung eines Antrags, den Sie hier schon im Juni diskutiert haben. Der hieß damals: Damit das Bauen vorankommt – Gebt den Wohnungsbaugenossenschaften endlich städtische Grundstücke! – Der ist in diesem Haus noch gar nicht beschlossen.

Nun haben wir den nächsten Antrag auf der Tagesordnung, Herr Förster, und der heißt: Damit das Bauen vorankommt – identisch! –: Unterstützung der Wohnungsbaugenossenschaften bei der Grundstücksvergabe! – Da habe ich mir gedacht: Was meinen die Kollegen von der FDP damit? Sollen wir die Wohnungsbaugenossenschaften jetzt bei der Grundstücksvergabe unterstützen? Welche Grundstücke haben die zu vergeben? Als ich den Text dann gelesen habe, dachte ich: Oh, nein! Die wollen was anderes! Sie wollen uns daran erinnern, dass sie damals schon einen Antrag gestellt habe. Nun wiederholen Sie den, obwohl er noch nicht beschlossen ist, und geben zwei Maßgaben vor. Also setzen wir uns mal damit auseinander, denn ich finde es sehr gut, dass sich die FDP nun für die Wohnungsbaugenossenschaften einsetzt.

Beim Lesen des Antrags habe ich jedoch gedacht: Ist das jetzt ein Missverständnis? – Da steht nämlich, dass die FDP der Meinung sei, die Grundstücke sollten zum einen geeignet sein und zum anderen zum Verkehrswert abgegeben werden. Wenn die FDP über den Verkehrswert redet, ergeben sich natürlich Fragen: Was meint die FDP damit? – Gewöhnlicherweise sagt die FDP immer: Der Verkehrswert ist der Preis, zu dem die Grundstücke normalerweise auf dem Markt gehandelt werden. Das ist die Auffassung der FDP zum Verkehrswert. Der Punkt ist: Zu diesem Wert können wir den Genossenschaften keine Grundstücke verkaufen, da sie den Preis schlicht nicht bezahlen können. Also dachte ich mir: Da hat die FDP doch noch einige Schwierigkeiten, denn da müsste sie sich von ihrer Haltung lösen. Sicherlich ist die Kollegin Meister davor, dass Landesvermögen unter Wert abgegeben wird.

Bei den Genossenschaften muss man sich etwas einfallen lassen, wie es gelingt, dass sie städtische Grundstücke zu einem Preis erwerben können, der nicht den üblichen Verkehrswert darstellt, zu dem sie tatsächlich preiswerten Wohnraum errichten können. Darüber muss man einfach diskutieren, und ich bin gespannt darauf, welche Diskussionsbeiträge und Vorschläge die FDP vorbringen will.

Ich habe schon darüber nachgedacht – da wir überall so wenig Grundstücke haben –, ob die FDP vielleicht auf die Idee kommt, dass wir Grundstücke auf dem freien Markt erwerben und sie dann verbilligt oder in Erbpacht an die Genossenschaften abgeben. Mal sehen, was die FDP von diesem Gedanken hält.

Ich bin sehr auf Ihre Antworten gespannt, ob Sie uns dabei eventuell unterstützen würden.

Die Frage bleibt, liebe FDP, jenseits der Lehre von der freien – und meinetwegen sozialen – Marktwirtschaft: Was können wir für die Genossenschaften tatsächlich tun? Außer, dass wir Grundstücke zum Verkehrswert verkaufen sollen, ist Ihnen noch eingefallen, dass wir das Baulandmodell nicht anwenden sollen. Das Baulandmodell gibt es bei vorhabenbezogenen B-Plänen. Mit vorhabenbezogenen B-Plänen sind die Genossenschaften in aller Regel überfordert, denn sie können nicht auch noch Baurecht durch städtebauliche Planungsinstrumente schaffen, um danach erst das Baurecht für den Baukörper zu schaffen. Klar, so wird es nicht gehen! Es hat meines Erachtens aber noch niemand gefordert, dass die Genossenschaften die Grundstücksentwicklung übernehmen sollen. Ich glaube: Bei den Forderungen, die Sie hier aufmachen, müssen Sie noch etwas üben und klären, was die eigentlichen Probleme der Genossenschaften bei der Grundstücks- und Bauentwicklung sind. Die positive Haltung aber, die Sie zu den Genossenschaften haben, begrüße ich. Das reicht aber nicht aus. Der letzte Satz in der Begründung Ihres Antrags lautet, dass wir eine positive Haltung zu den Genossenschaften in der Stadt brauchen. Die positive Haltung haben wir alle, über alle Fraktionen hinweg. Auch die CDU hat sich heute dazu bekannt. Die Frage ist, ob wir genügend Sachverstand haben, um die bauwirtschaftlichen Besonderheiten, die die Genossenschaften an den Tag legen, um dauerhaft preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, um die ihnen entsprechenden Grundstücke unter den entsprechenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Da sage ich: Die FDP hat sich ein Stück bewegt. Nur Mut, machen Sie weiter in dieser Richtung! Mit der freien Marktwirtschaft wird es allerdings so nicht funktionieren. – Danke!

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