Kitabroschüre zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt

26. Sitzung, 17. Mai 2018

Carsten Schatz (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Erlaubnis:

"Mit dieser Handreichung wollen wir dazu beitragen, Sie als Fachkräfte der frühen Bildung umfassend sachlich zu informieren und Ihnen Empfehlungen für ein inklusives pädagogisches Handeln im Umgang mit Geschlechtervielfalt und Familienvielfalt an die Hand zu geben. Dabei ist uns wichtig, diese Themen immer im weiten Horizont der Menschenrechte – und hier insbesondere der Kinderrechte – zu vermitteln. Inklusion, Teilhabe (…) und Barrierenabbau haben viel mit der Vielfalt der Geschlechter und der Familienformen zu tun. Wir möchten Sie dabei unterstützen, sich als pädagogische Fachkraft, als Team, als Einrichtung der frühkindlichen Bildung im Rahmen der Inklusionspädagogik mit Themen wie geschlechtlicher und sexueller Vielfalt zu beschäftigen."

Das schreiben Stephanie Nordt und Thomas Kugler von der Bildungsinitiative Queerformat in ihrem Vorwort zur hier besprochenen Broschüre.

Wir lernen also erstens: Die Broschüre richtet sich an Fachkräfte der frühen Bildung und nicht an die Berliner Kita-Kinder, denen bei aller frühkindlichen Bildung das Durcharbeiten einer 140-seitigen Broschüre sicher schwer fiele.

Sie soll zweitens helfen, Fragen zu beantworten, Fragen, die Kinder stellen, die in der bunten und weltoffenen Stadt Berlin aufwachsen. In der Tat, Herr Simon, Kinder beschäftigen sich nicht mit dem Thema Transsexualität. Aber Kinder haben Fragen, wenn sie transsexuelle Menschen auf der Straße sehen und mit dieser Realität konfrontiert werden. Sie bekommen nämlich mit, dass ein Kind plötzlich bei zwei Vätern aufwächst, ein anderes nur mit einer Mutter oder dem Vater, und dass ein anderer Vater plötzlich eine Mutter ist.

Wenn Sie alle drei hier auf der rechten Seite, bevor Sie Ihre merkwürdigen Anträge geschrieben haben, einmal die Broschüre durchgeblättert hätten, hätten Sie auch den Beitrag von Fee von Radetzky, der stellvertretenden Leiterin der Kita am Teltower Damm – Steglitz-Zehlendorf übrigens – gesehen, die beschreibt, wie im Kita-Alltag mit dem „schlimmen“ Medienkoffer gearbeitet wurde. Sie hätten die rührenden Zeichnungen der Kinder zu einem der Lieblingsbücher aus dem Koffer – „Der Hase mit der roten Nase“ – gesehen, ein Buch, das sich übrigens mit dem Anderssein beschäftigt. Ihnen hätte ich bis vor Kurzem noch zugetraut, dass Sie ein bisschen ins Nachdenken gekommen wären. Der teuren Fraktion hier rechtsaußen bedeutet das sicher nichts. Wer die Gesellschaft spalten will, wer dazu Angst verbreiten will und muss, weil sonst das eigene Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert, wird „Ideologie“ rufen und „Gender-Gaga“ und „Frühsexualisierung“, der wird Geld von russischen Tycoonen annehmen, solche Faltblätter drucken, Lügen verbreiten, Hass, Homo- und Transfeindlichkeit in die Gesellschaft tragen.

Wenn Sie damit nichts zu tun haben wollen, dann helfen Sie im Sinne von Magnus Hirschfeld, dessen 150. Geburtstag wir dieser Tage begangen haben, mit, die Botschaft zu verbreiten, die übrigens Mrs. Doubtfire am Ende des gleichnamigen Films an die kleine Kathy, die um Rat fragte. Mit Ihrer Erlaubnis – ich zitiere:

"Es gibt viele Arten von Familien, Kathy."

– Die werden dann aufgezählt. – Und es endet:

"Doch wenn es Liebe gibt, ist das etwas, das verbindet, und du wirst für immer eine Familie in deinem Herzen tragen."

– Ich danke Ihnen!