Quelle: rbb-online.de

Hilfe für Obdachlose - egal woher sie kommen

Stefanie Fuchs
ArmutSozialpolitikStefanie Fuchs

"Eine soziale Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen in Not unterschieds- und bedingungslos geholfen wird, ohne Ansehen des Passes oder der Herkunft.", sagt Stefanie Fuchs.

52. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 16. Januar 2020

Zu "Keine Unterscheidung nach Herkunft, Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus bei den niedrigschwelligen Beratungs- und Hilfsangeboten der Wohnungslosenhilfe" (Priorität der Fraktion Die Linke)

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1651

Stefanie Fuchs (LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Rot-Rot-Grün, und hier im Besonderen die Senatorin Elke Breitenbach, haben das Thema Obdachlosigkeit zu einem der wichtigsten sozialpolitischen Themen dieser Stadt gemacht – dafür möchte ich mich bedanken! Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen, um mich bei den aktiven Menschen zu bedanken, die ehren- und hauptamtlich in der Obdachlosenhilfe tätig sind. Sie sind das soziale Gesicht dieser Stadt.

Ich möchte außerdem hier und heute einmal mehr nicht nur darum bitten, sondern ohne Wenn und Aber einfordern, dieses Thema mit Respekt und Anstand vor allem gegenüber den obdachlosen Menschen hier zu diskutieren.

Mit dem heutigen Antrag wollen wir den Blick auf eine Gruppe von wohnungslosen Menschen lenken, die per Gesetz von regelhaften Sozialleistungen ausgeschlossen sind, beziehungsweise nur einen sehr eingeschränkten Zugang zur sogenannten Regelversorgung haben, und zwar auf Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, insbesondere EU-Bürgerinnen und EU-Bürger aus den südosteuropäischen Staaten, und Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Wir reden hier vor allem über Menschen, die ihr Recht auf Freizügigkeit in der EU wahrnehmen, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in unsere Stadt kommen und dann Opfer übelster Arbeitsausbeutung werden. Ich glaube, die Mall of Berlin – oder Mall of Shame, wie sie auch genannt wird – gleich hier in der Nähe, am Leipziger Platz, sagt uns allen etwas und ist ein Beispiel, das auch mal durch die Presse aufgegriffen wurde – viele dieser Menschen landen allerding ohne jegliche Öffentlichkeit auf der Straße.

In den letzten Jahren kam eine verstärkte Diskussion darüber auf, diesen Menschen selbst den Zugang zu den niedrigschwelligsten Angeboten der Obdachlosenhilfe – wie Sozialarbeit, medizinische Unterstützung, Versorgung mit einem warmen Essen, zum Beispiel bei der Stadtmission – oder niedrigschwellige Beratung über mögliche Perspektiven und die Kältehilfe zu verwehren. So erreicht uns zum Beispiel aus Hamburg die Information, dass obdachlosen Menschen aus Osteuropa der Zugang zum sogenannten Winterprogramm – was in Berlin die Kältehilfe ist – verwehrt wurde. Stattdessen stellte man sie vor die Wahl: Rückfahrkarte nach Polen oder Übernachten auf der Straße.

Auch in Berlin wurden Forderungen laut, die gerade von mir genannten Menschen einfach „abzuräumen“ und auszuweisen. Diese Forderungen wurden nicht nur von mir, sondern auch von anderen Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition scharf zurückgewiesen. Um zum Beispiel den Vorsitzenden des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales, Hakan Taş, mit seiner Erlaubnis, sowie derjenigen der Präsidentin, zu zitieren: Soziale Notlagen löst man nicht mit dem Ordnungs- und Aufenthaltsrecht.

Diese Koalition steht viel mehr für eine soziale Politik, die Beratung und Hilfe für wohnungslose Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das wollen wir mit diesem Antrag noch mal deutlich ausdrücken. Eine soziale Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen in Not unterschieds- und bedingungslos geholfen wird, ohne Ansehen des Passes oder der Herkunft. Dass dies schon passiert, soweit es der uns vorgegebene und oftmals leider viel zu enge gesetzliche Rahmen zulässt, hat die Senatsverwaltung im Ausschuss, in dem der Antrag fachlich behandelt wurde, noch einmal klargestellt. Dennoch möchten wir mit diesem Antrag ein deutliches Zeichen in die Stadt senden, dass die soziale Stadt das Ziel unseres politischen Handelns ist und wir weiter mit aller Kraft an diesem Ziel arbeiten werden.

In zwei Wochen findet die Nacht der Solidarität in Berlin statt, und ich möchte hier die Gelegenheit nutzen und den über 3 000 Ehrenamtlichen, die sich zu dieser Nacht angemeldet haben, danken. – Danke, dass Sie bereit sind, uns in dieser Nacht zu unterstützen!

Ich möchte mich bei allen hauptamtlichen Mitarbeitern der Senatsverwaltung und der Freiwilligenagentur bedanken, dass sie diese Nacht der Solidarität möglich machen! – Vielen Dank!

Kontakt