Hundesteuer für Menschen in Rente und HartzIV-Bezug wird abgeschafft

Justiz und RechtspolitikSozialpolitikSebastian Schlüsselburg

"Mit unserem Gesetz entlasten wir Transferleistungsempfängerinnen und -empfänger und Rentnerinnen und Rentner, wir leisten einen kleinen Beitrag zum Tierschutz, und wir sorgen dafür, dass auch die Einsamkeit im Alter in der Großstadt hoffentlich ein kleines bisschen abnehmen wird." sagt Sebastian Schlüsselburg.

83. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 2. September 2021

Zu Gesetz zur Änderung des Hundesteuergesetzes (Priorität der Fraktion Die Linke)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 18/4026

Sebastian Schlüsselburg (LINKE):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Das Beste kommt zum Schluss! Mit unserem Gesetz entlasten wir Transferleistungsempfängerinnen und -empfänger und Rentnerinnen und Rentner, wir leisten einen kleinen Beitrag zum Tierschutz, und wir sorgen dafür, dass auch die Einsamkeit im Alter in der Großstadt hoffentlich ein kleines bisschen abnehmen wird.

2019 kam Uwe Z. in mein Wahlkreisbüro. Er hatte – bevor er nach Deutschland zurückkam – im Reedereibereich in China gearbeitet, hat dort zwei streunende Hunde aufgenommen und sich liebevoll um sie gekümmert, sie aufgepäppelt und medizinisch versorgt. Als die Beschäftigung in China nicht weiterging und er nach Deutschland zurückgekommen ist – was übrigens auch nicht ganz einfach war, war die Hunde mitnehmen zu können. Da muss man einige Bestimmungen internationaler Art erfüllen, um die überhaupt einführen zu dürfen. Das hat er alles gemeistert –, ist er leider in den Transferleistungsbezug gefallen. Das zuständige Finanzamt Lichtenberg hat ihm in der Transfersituation mit Ausübung des Ermessens für längere Zeit jährlich von der Hundesteuer befreit und dann war auf einmal Schluss. Er kam zu mir und hat mich gefragt, welche Möglichkeiten wir haben, um hier wieder zu einer Befreiungsmöglichkeit zu kommen.

Da habe ich mir die Thematik genauer angeschaut, habe eine Schriftliche Anfrage gestellt, habe festgestellt, dass sich die Befreiungen auf Antrag und auf Ermessen radikal reduziert haben und das insbesondere Menschen mit kleinem Geldbeutel oder die von Transferleistungen leben müssen, davon betroffen sind. Und diese Menschen – das möchte ich auch mit Blick auf die CDU und die Ausschussberatungen sagen – sparen lieber am eigenen Essen, als den Tierarztbesuch ihres Hundes nicht zu gewährleisten. Wenn im Ausschuss – und Sie können ja heute noch mal etwas dazu sagen – von der CDU unterstellt würde, dass man gegen unseren vorgeschlagenen Gesetzentwurf ist, weil es dazu führen würde, dass bei Hunden, die bei armen Menschen leben, das Tierwohl gefährdet ist, ist das eine Beleidigung dieser Menschen. Dann haben Sie überhaupt keine Kenntnis davon, wie solche Menschen ihre Tiere lieben, dass sie nämlich lieber am eigenen Essen sparen, als das Tierwohl zu gefährden.

Wir schlagen hier jetzt vor, dass wir die Transferleistungsempfänger für einen Hund von der Aufwandsteuer befreien. Wir schlagen weiterhin vor – und da bin ich dem Kollegen Kohlmeier sehr dankbar, der das nämlich in unserem Beratungsverfahren auch vorgeschlagen hat –, dass es eben auch für alle Rentnerinnen und Rentner gilt, und – das ist der Tierschutzgedanke, den ich eingangs erwähnte – wir verfünffachen die Zeit der Steuerbefreiung für Hunde, die aus dem Tierheim geholt werden. Das ist gerade jetzt sehr wichtig, denn Sie alle kennen die Berichte von unserem überfüllten Tierheim in Lichtenberg – aufgrund der Hunde, die abgegeben wurden, nachdem sie in der Coronazeit angeschafft wurden und wo die Leute dann mit der Situation doch überfordert waren. Deswegen, liebe Berlinerinnen und Berliner: Wenn Sie einem Hund ein warmes, ein schönes, ein liebendes Zuhause geben wollen, dann gehen Sie nicht zu irgendwelchen zwielichtigen Vermehrern, sondern dann gehen Sie in das Tierheim nach Lichtenberg! Da warten viele Hunde darauf, dass Sie zu Ihnen kommen, und der Hund oder die Hündin ist dann auch für die nächsten fünf Jahre steuerfrei.

Wir sind übrigens auch nicht das einzige Bundesland, das das so macht. Ich habe mal geguckt, was die anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen so machen, weil es ja auch Kritik gab: Das könne man jetzt gar nicht machen, oder man müsse doch die Hundesteuer irgendwie komplett abschaffen. – Es werden ja auch noch in den Redebeiträgen ein paar Argumente kommen. Also in Hamburg werden auch Transferleistungsempfänger und -empfän­ge­rinnen von der Hundesteuer ausgenommen, und in Bremen sogar Hunde, die auf Binnenschifffahrtsschiffen leben oder die bei Schaustellern arbeiten. Also es gibt mehrere Gründe und Anknüpfungspunkte, warum man bei einer Aufwandsteuer tatsächlich die Steuerbefreiung an einen bestimmten Status knüpfen kann. Das ist also kein taugliches Argument, falls es gleich kommen sollte, gegen unseren Gesetzentwurf.

Die FDP ist ja ganz radikal, sie möchte die Hundesteuer ganz abschaffen. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass Sie – da sind Sie ja ehrlich – mit Aufwandsteuern insgesamt ein Problem haben. Wenn man sich die anderen Aufwandsteuern ansieht, so ist da noch die Kfz-Steuer und die Pferdesteuer, und insofern sind Sie da konsequent, weil Sie möchten, dass man mit seinem 2,5-Tonner-SUV seine vielleicht 70 oder 80 Kilo Körpergewicht schön zum Pferdestall fahren kann und dann am besten auch keine Kfz-Steuer und keine Pferdesteuer bezahlen muss. Mir fehlt aber, wenn Sie diesen Vorschlag machen – und das ist der letzte Punkt –, dann doch der seriöse Gegenfinanzierungsvorschlag. Wir machen das maßvoll – auch mit Blick auf den Landeshaushalt –, aber wenn Sie die Hundesteuer einfach komplett abschaffen wollen, müssen Sie mir schon mal sagen, wo Sie die 12 Millionen Euro an Steuereinnahmen dann herholen wollen. – Danke!