Zweckentfremdungsverbot schärfen

Katalin Gennburg
Mieten- und WohnungspolitikStadtentwicklungKatalin Gennburg

80. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, 3. Juni 2021

Zu "Drittes Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes" (Priorität der Fraktion der SPD)

Katalin Gennburg (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Wir reden heute über die Zweckentfremdungsverbotsgesetznovelle. Was könnte es Schöneres geben? Eines meiner Lieblingsgesetze! Die Novelle 2018 – darüber wurde jetzt schon Auskunft gegeben – ist das, worauf wir jetzt aufsetzen, und damals – ich will daran erinnern – war das ein wirklicher Kraftakt im Ringen um harte ordnungspolitische Maßnahmen gegen Zweckentfremdung. Was gehört zur Zweckentfremdung? Eben nicht nur die kommerzielle Kurzzeitvermietung, über die immer ganz viel geredet wird, sondern vor allem der spekulative Leerstand, der ein wirklich drängendes Problem ist, und das Problem der spekulativen Abrisse.

Die kommerzielle Kurzzeitvermietung, über die wir uns viel zu sehr ärgern müssen – und das ist jetzt eine gute Botschaft vorab –, wäre eigentlich deutlich einfacher zu regeln, wenn man das Ganze mal datenpolitisch durchregulieren würde und Airbnb für illegale Angebote haftbar machen würde – mit Datenpakten, Digitalpakten oder dergleichen. Hier bräuchte man mal ein ordentliches Digitalgesetz. Das geht mal direkt an die oberste Leitungsebene dieser Regierung. Das wäre wirklich wichtig, denn wir rennen hier diesen Digitalanbietern hinterher, dass es wirklich keiner mehr aushält.

Man muss sich klarmachen, dass wir 2018 eine neue Gesetzessystematik eingeführt haben – mit einer Öffnungsklausel. Damals wurden auch sogenannte Schwellenwerte eingeführt. Das sind eben die Registriernummern und die Tageregelungen. Die FDP konnte damals gar nicht genug Tageregelungen haben. Die wollte am liebsten das ganze Jahr zur freien Vermietung freigeben. Wir haben damals dafür gesorgt, dass es nur bei den Zweitwohnungen diese Tagesregelung gibt, und es gilt jetzt, sich ernsthaft darüber auseinanderzusetzen, ob diese Tageregelung nicht komplett weg soll.

Ich will daran erinnern: Vor 2002 – wer es nicht weiß – gab es ein sehr strenges und striktes Verbotsgesetz, damals schon auch mit Regelungen zur Fremdenbeherbergung, aber das war deutlich strenger und strikter und hat immer den Einzelfall berücksichtigt. Das ist eine wichtige Messlatte.

Bei dieser Novelle liegen jetzt relativ viele unterschiedliche Positionen auf dem Tisch. Wir haben einerseits die Bezirke mit Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, je nachdem, parteipolitisch sortiert, dann haben wir die Bezirksämter mit den Zweckentfremdungsstellen, je nachdem, wie sehr die betroffen sind, je nachdem, wie sie ausgestattet sind, und je nachdem, wie viel Ahnung sie haben. Also es ist sozusagen ein bunter Gemüsekorb, und dann haben wir auf dem Ladenkitty die klare Botschaft unter R2G: Wir wollen die Verschärfung laut Koalitionsvertrag und wollen da jetzt auch noch mal nachsteuern. – Airbnb wiederum will die Ausnahmen, will Rendite garantieren und lobbyiert seit Jahren nicht nur in Berlin. Es waren ja auch Mitglieder dieser Regierung nicht nur mal in Los Angeles, glaube ich, auf Einladung, sondern eben auch in Brüssel. Und Brüssel ist eine wichtige Sache, darauf komme ich gleich noch zu sprechen.

Klar ist: Wir müssen auf jeden Fall handeln. Das wurde jetzt von den Vorrednern schon gesagt. Das DIW hat dazu ganz klar gesagt – ich zitiere –: Durch Airbnb-Vermietung steigen in Berlin die Mieten. – Das habe ich übrigens schon vor drei Jahren gesagt. Damals war ich noch etwas allein mit meiner Position. Ich bin froh, dass sich das jetzt als Erkenntnis hier durchgesetzt hat. Das heißt, wir haben ganz klar einen Handlungsdruck, und wir müssen im Einzelnen – und das sind jetzt die wichtigen Punkte – den Treuhänder stärken, damit Leerstand beschlagnahmt werden kann, denn das ist ein Thema, über das wir viel zu wenig reden. Wir haben diese sogenannten Geisterhäuser, und da müssen wir ran. Wir müssen die Treuhänder stärken.

Wir müssen die Regelungen für Zweitwohnungen so verändern, dass das Geschäft mit der Ferienwohnungsvermietung von sogenannten Zweitwohnungen, die eigentlich mehr eine Geldanlage sind als tatsächlich zweiter Wohnsitz, sehr stark reglementieren, damit das Modell: „Ich kaufe mir eine Zweitwohnung und refinanzieren sie durch Ferienwohnungen“ unterbunden wird. Wir brauchen die Diensteanbieterpflicht, das heißt, die Haftbarmachung der Konzerne als Auskunftsschuldner, damit das Niederlassungspingpong endet. Ich will das deutlich sagen: Aus meiner Sicht geht es tatsächlich darum, dass wir mehr Ressourcen und Personal für die Zweckentfremdungsstellen herbekommen. Das geht natürlich an Herrn Kollatz und die Haushälter und Haushälterinnen hier im Raum. Aber ich will auch sagen, dass wir über die Datenverwertung hinter dem Modell Airbnb und der Onlinevermietung sprechen müssen, denn Airbnb verwandelt die ganze Stadt in eine verwertbare Datenlandschaft und kommerzialisiert so den Stadtraum. Das muss aufhören, und deswegen brauchen wir starke datenpolitische Eingriffe an dieser Stelle. Denn eines ist doch klar: Es kann nicht sein, dass unsere Mitarbeiterinnen in den Ordnungsämtern vor verschlossenen Türen stehen und darüber rätseln müssen, ob es sich um eine Ferienwohnung handelt oder nicht, und auf der anderen Seite Padovicz mit seinen leerstehenden Häusern die Bezirksämter mit seinen Anwältearmadas überzieht und dafür sorgt, dass sie weiterhin leer stehen. Hier gibt es ein ganz klares Missverhältnis. Da müssen wir ran, und in diesem Sinne werden wir das Gesetz novellieren. – Vielen Dank!

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